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Geldersheim
Eck: Anker-Zentren sind "Quantensprung" für Flüchtlinge
Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck und Saarlands Innenminister Klaus Bouillon halten Anker-Einrichtungen für ein Erfolgsmodell. Sie räumen aber auch Probleme ein.
Besuch in der unterfränkischen Anker-Einrichtung: Für Innenstaatssekretär Gerhard Eck (links) und Saarlands Innenminister Klaus Bouillon hat die Einrichtung 'bundesweiten Vorbildcharakter'.
Foto: Anand Anders | Besuch in der unterfränkischen Anker-Einrichtung: Für Innenstaatssekretär Gerhard Eck (links) und Saarlands Innenminister Klaus Bouillon hat die Einrichtung "bundesweiten Vorbildcharakter".
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:57 Uhr

Eine Anregung wird Saarlands Innenminister Klaus Bouillon (CDU) von seinem Besuch in der Anker-Einrichtung Unterfranken in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt) mitnehmen: die psychologische Betreuung von Geflüchteten. "Das haben wir nicht." Das als Soultalk bundesweit bekannte und von den Erlöserschwestern in Würzburg finanzierte Projekt, bei dem geschulte Geflüchtete psychosoziale Beratung für neu angekommene Geflüchtete in Muttersprache anbieten, ist bislang einzigartig in Deutschland. Nun könnte es Schule machen. Bouillon: "Ich halte es für sinnvoll."

Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) hatte den saarländischen Innenminister am Montag durch die unterfränkische Anker-Einrichtung auf dem Gelände der ehemaligen US-Kaserne Conn Barracks geführt. Bayern und das Saarland waren im August vergangenen Jahres als bundesweite Vorreiter des Anker-Konzeptes an den Start gegangen – Bayern mit sieben Anker-Einrichtungen, das Saarland mit einem Anker-Zentrum in Lebach. Gut ein Jahr nach dem offiziellen Start ziehen beide Innenpolitiker eine positive Bilanz: "Das Anker-Konzept hat sich bestens in der Praxis bewährt. Unsere Einrichtungen haben bundesweiten Vorbildcharakter." Durch die Bündelung aller wichtigen Behörden in den Anker-Einrichtungen sind laut Eck insbesondere die Asylverfahren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) verkürzt worden. So entscheide das Bamf mittlerweile in rund zwei Monaten über einen Asylantrag, während in anderen Erstaufnahmeeinrichtungen die Asylsuchenden gut drei Monate auf eine Entscheidung warten müssten. 

"50 Prozent der Abschiebungen im Saarland scheitern"
Klaus Bouillon, saarländischer Innenminister

Was aber nach wie vor nicht klappt, sowohl im Saarland als auch in Bayern, das sind die Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern. "50 Prozent der Abschiebungen im Saarland scheitern", gibt Bouillon unumwunden zu. Entweder, weil die Ausreisepflichtigen am Tag der Abschiebung nicht in der Einrichtung auffindbar sind, oder weil es sich um Dublin-Fälle handelt und das für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige EU-Land hohe Hürden für die Rückführung aufbaut. "Das ist ein noch größeres Problem", sagt Bouillon, auch mit Blick auf die fehlende Solidarität anderer EU-Länder bei der Aufnahme von Flüchtlingen. "Wenn wir das nicht ändern, habe ich Sorge, dass wir das politische Klima hier nicht in den Griff bekommen."

Die Verpflichtung für Asylbewerber in einer Ankereinrichtung zu wohnen, ist gesetzlich geregelt. Können abgelehnte Asylbewerber nicht abgeschoben werden, verbleiben sie in der Anker-Einrichtung, gegebenenfalls bis zu 24 Monate. Das kritisieren Wohlfahrtsverbände. Bei einer Expertenanhörung vergangene Woche im bayerischen Landtag hatten diese vor einer zu langen Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen in den Anker-Einrichtungen gewarnt und eine unzureichende Beratung der Migranten kritisiert. Vor allem für Kinder sei die Unterbringung völlig ungeeignet, sie lebten dort in einer "angstbesetzten Umgebung", hieß es.

"Bei uns in Deutschland sind geflüchtete Menschen sicher und gut untergebracht."
Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck

Innenstaatssekretär Eck weist diese Vorwürfe zurück: "Bei uns in Deutschland sind geflüchtete Menschen sicher und gut untergebracht." Die Einrichtung bei Geldersheim sei Beispiel dafür. Sie böte den Geflüchteten ein Umfeld, wie sie dieses womöglich noch nie erlebt hätten. Gerade für Kinder sei das mit Millionenaufwand hergerichtete weitläufige Gelände mit Kindergarten, Spielplatz und schulischer Betreuung ein "Quantensprung" zur Situation in ihrem Heimatland. "Man sollte nicht alles kaputtreden." Bouillon pflichtet ihm bei: "Das ist ein Standard, von dem diese Menschen nur geträumt haben." 

Der Leiter der unterfränkischen Anker-Einrichtung, Alexander Warkotsch (Zweiter von links), und Staatssekretär Gerhard Eck (Dritter von links) stellten im Beisein von Vertretern des Innenministeriums, der Regierung und der Polizei dem saarländischen Innenminister Klaus Bouillon die Einrichtung bei Schweinfurt vor.
Foto: Anand Anders | Der Leiter der unterfränkischen Anker-Einrichtung, Alexander Warkotsch (Zweiter von links), und Staatssekretär Gerhard Eck (Dritter von links) stellten im Beisein von Vertretern des Innenministeriums, der Regierung ...

Der Leiter des Ankerzentrums, Alexander Warkotsch, stellt klar, dass die mögliche Aufenthaltsdauer von maximal 24 Monaten in der Anker-Einrichtung nur auf Dublin-Fälle zutreffe. Familien würden spätestens nach sechs Monaten auf dezentrale Unterkünfte verteilt. Das ist Gesetzeslage. Eine Verteilung aller Flüchtlinge auf die Kommunen lehnen Eck und Bouillon aber ab. Vor allem aus Sorge, dass Ausreisepflichtige "untertauchen" könnten.

Sicherheitswacht in der Anker-Einrichtung wurde personell aufgestockt

Wichtig ist Staatssekretär Eck die Sicherheit in und um die bayerischen Ankerzentren. Ende August hatte der Bürgermeister der Nachbargemeinde Euerbach auf der Gemeinde-Homepage von Bürgerbeschwerden über das Verhalten von Asylbewerbern beim Einkaufen in seinem Ort berichtet. Vor allem Frauen seien von den meist jugendlichen Afrikanern "angesprochen und bedrängt oder bedroht" worden. Bei der Polizei ist bisher keine Anzeige eingegangen, dass jemand von einem Migranten des Ankerzentrums belästigt wurde oder ein Gewaltdelikt erfahren hat. Gleichwohl weiß die Polizei, dass die objektive Sicherheitslage nicht immer mit dem subjektiven Empfinden der Menschen übereinstimmt. Deshalb gibt es dort nun verstärkt Streifenfahrten. "Auch in der Anker-Einrichtung ist die Polizei ständig präsent", sagt Leitender Polizeidirektor Joachim Mittelstädt. Und Eck weist darauf hin, dass in allen bayerischen Einrichtungen das Personal des Sicherheitsdienstes von knapp 400 auf mehr als 500 Mitarbeiter aufgestockt worden ist. In Schweinfurt ist die Sicherheitswacht mit 50 Kräften vor Ort. Zudem habe der Freistaat ein Gewaltschutzkonzept zur Sicherheit von besonders schutzbedürftigen Personen in der Anker-Einrichtung entwickelt. Bayernweit wurden hierfür 16 Stellen geschaffen. Auch in Schweinfurt ist ein Gewaltschutzkoordinator tätig. "Das ist bundesweit einzigartig", sagt Eck. 

Unterm Strich sehen Eck und Bouillon das Anker-Konzept als "Erfolgsmodell" an, an dem sie auch in Zukunft festhalten wollen. Die Zukunft des "Erfolgsprojektes SoulTalk" allerdings, dem Ende vergangenen Jahres das Aus drohte, weil bislang weder Bund- noch Landesregierung bei der Finanzierung mithelfen wollen, bleibt hingegen ungewiss. Die Länderhaushalte sehen dafür keine Mittel vor. 

Anker-Einrichtung
Laut Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vom 7. Februar 2018 sollen alle ankommenden Asylbewerber in sogenannten Ankerzentrenuntergebracht werden, wo alle wichtigen Behörden für die Abwicklung des Asylverfahrens gebündelt sind. Das Akronym "Anker" verbindet die Schlagworte Ankunft, kommunale Verteilung, Entscheidung und Rückführung. Die ersten sieben Ankerzentren entstanden zum 1. August 2018 in Bayern (in Bamberg, Schweinfurt, Deggendorf, Donauwörth, Zirndorf, Regensburg, Manching). Im Saarland wurde die bereits vor der Anker-Pilotierung bestehende Erstaufnahmeeinrichtung in Lebach umgewidmet. Aktuell leben dort rund 1300 Geflüchtete. In der unterfränkischen Einrichtung bei Schweinfurt sind es 650.
 
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  • P. T.
    Hallo Branca, in Ihrem letzten Kommentar haben Sie ohne Belege Behauptungen ("Wir sollen für die unsere Häuser räumen.") aufgestellt, die Sie belegen müssten. Falls Sie eine (seriöse) Quelle für die Behauptung haben, können Sie den Kommentar gerne noch einmal abgeben. Herzliche Grüße, Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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  • H. B.
    "Ganz anders hingegen bewerten Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft ihr Tun. Auf der Suche nach Superlativen, um sich und die eigenen Leistungen ins rechte Licht zu rücken, kommt der vermeintlich unvorstellbar große Quantensprung gerade recht. Und das tut er in der Tat. Was uns als großer, epochemachender, sogar alles umwälzender Fortschritt verkauft werden soll und wird, ist oft genug leider nicht mehr als ein Quantensprung, also bestenfalls ein kleiner Hopser." (Redensarten.net)
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