Die Matratzen sind noch zusammengerollt, die Metallspinde leer. Viel gibt es noch nicht zu sehen in der neuen Ankereinrichtung der Regierung von Unterfranken in der ehemaligen US-Kaserne bei Geldersheim. Trotzdem haben sich rund 150 Interessierte am Eingangstor versammelt, um bei einer öffentlichen Führung einmal einen Blick hinter die umzäunte Anlage werfen zu können. "Es wird viel am Stammtisch diskutiert, aber keiner hat es sich angeschaut", begründen Volker und Ingrid Witte aus Schweinfurt ihr Interesse.
Die Regierung von Unterfranken hatte zu diesem Infotag eingeladen, bevor in der nächsten Woche der große Umzug beginnt: Rund 800 Flüchtlinge müssen umziehen, vom jetzigen Standort der Ankereinrichtung in den Schweinfurter Ledward Barracks in die etwa drei Kilometer entfernten Conn Barracks vor den Toren der Stadt. Dazu 200 Mitarbeiter aus Verwaltung und Behörden. 50 Bewohner sollen täglich umgesiedelt werden. Die Regierung hat dafür ein Busunternehmen engagiert. Bis Mitte Juni sollen alle Unterkunftsgebäude in der Ledward-Kaserne geräumt, bis Ende Juni auch der Umzug von Verwaltung und Behörden abgeschlossen sein, so dass ab Juli die Stadt Schweinfurt wieder über das Gelände verfügen kann. Für die künftige Nutzung dieses Bereiches, gegenüber dem Volksfestplatzes und des Willy-Sachs-Stadions, ist im Stadtentwicklungsplan eine neue Stadthalle vorgesehen. Lediglich die Zentrale Ausländerbehörde der Regierung von Unterfranken und das Bundesamt für Migration bleiben vorerst noch in der Ledward Kaserne, weil die neuen Gebäude noch nicht fertig sind. Ihr Umzug ist Mitte 2020 geplant.
Viele Fragen muss Alexander Warkotsch, der Leiter der Ankereinrichtung, beantworten. Hauptsächlich geht es um die Unterbringung und Versorgung der künftig hier lebenden Menschen. Gibt es Kinderbettchen? Nein. Gibt es Kochmöglichkeiten? Nein. Gibt es einen Zapfenstreich? Nein. Gibt es Bustickets in die Stadt? Nein. Letzteres gab es einmal, dafür war den Flüchtlingen das Taschengeld um 25 Euro gekürzt worden. Jetzt wird es wieder rückgängig gemacht und das Taschengeld voll ausbezahlt.
Bis zu 24 Monate Aufenthalt in der Ankereinrichtung
Die aufwändig sanierten Gebäude der Conn Barracks – zehn Millionen Euro sind bereits verbaut, 15 Millionen Euro werden insgesamt investiert – sind zweckmäßig. Das Gelände mit Grünflächen ist sogar großzügiger als bisher in den Ledward Barracks. Die Sozialverbände sehen die Ankereinrichtung, wie es sie nur in Bayern gibt, trotzdem aber kritisch. Früher wurden Flüchtlinge spätestens nach sechs Monaten in dezentrale Anschlusshäuser verteilt, wo sie Privatsphäre und eigene Versorgungsmöglichkeit hatten. In den Ankerzentren mit Kantine und Gemeinschaftszimmern müssen sie nun bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens bleiben. Mitunter bis zu 24 Monate, sagt Leiter Alexander Warkotsch.
Jochen Keßler-Rosa, Vorsitzender der Schweinfurter Diakonie, sieht das als Problem. Die Sozialverbände hätten sich dafür eingesetzt, "dass die Situation für die Menschen auszuhalten ist". In der neuen Ankereinrichtung werden die Zimmer deshalb nur noch mit zwei Personen belegt. Bad und Toilette teilen sie sich mit den Bewohnern im jeweiligen Nachbarzimmer. "Wir sind hier großzügiger", stellt Warkotsch klar, dass man die Zimmer auch mit sechs Personen belegen könnte. Und man achte auf eine länderspezifische Aufteilung der Flüchtlinge, beantwortet er eine entsprechende Frage.
Fast alle Flüchtlinge haben eine schlechte Bleibeperspektive
Die Masse der Bewohner kommt aus Nigeria. 42 Prozent sind es aktuell. Die restlichen knapp 60 Prozent sind Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Ländern. Fast alle haben eine schlechte Bleibeperspektive, werden also bis zu ihrer Abschiebung im Ankerzentrum verbleiben müssen, dürfen auch keine Arbeit aufnehmen. "Wir versuchen, Angebote zu schaffen", verweist Leonie Sengenberger von der Caritas Schweinfurt auf Musik- und Sportveranstaltungen zur Beschäftigung der Bewohner. "Vor allem den Kindern wollen wir etwas anbieten." Dank vieler ehrenamtlicher Helfer haben Diakonie, Caritas und Rotes Kreuz eine gute Infrastruktur in der Ankereinrichtung aufgebaut. "Ohne die Ehrenamtlichen könnten wir vieles nicht leisten", ergänzt Christine Steinmüller, die Leiterin der Sozialen Dienste bei der Caritas. Da verlasse sich der Staat "ganz schön auf die freiwilligen Helfer", stellt ein Besucher fest.
Der Rundgang führt von den Unterkunftsgebäuden zu Kinderhort und Schule. Sieben Klassen werden eingerichtet, von der Grundschule über die Mittelschule bis zur Berufsschule. "Wir sind hier gut aufgestellt", versichert Warkotsch. Nebenan befinden sich die Beratungsräume der Sozialen Dienste und ein Internet-Café. Auch hier arbeiten Ehrenamtliche.
Zum Abschluss können die Besucher noch einen Blick in den medizinischen Versorgungsbereich werfen. Die Erstversorgung übernimmt das Gesundheitsamt, die allgemeine medizinische Versorgung stellt das St.-Josefs-Krankenhaus sicher. Eine psychologische Betreuung gibt es ebenfalls. Das Ehepaar Witte ist am Ende zufrieden: "Jetzt können wir mitreden."
Wie sehen so manche Wohnungen von Deutschen nach der Nutzung aus (ich spreche aus Erfahrung) "Wohltun bringt Zinsen", solange man sich nicht ausnützen lässt. Was wäre heute SW und ganz Bayern ohne die Sudetendeutschen ("Vierte bayerische Volksgruppe") und die vielen anderen Flüchtlinge aus den Ostgebieten?