Es war eine Idee der CSU: In Bayerns Ankerzentren sollen Asylbewerber durch die Zusammenführung aller zuständigen Behörden schnell Klarheit über ihre Zukunft bekommen. Bei einer Expertenanhörung im Landtag kritisierten jedoch Juristen und Wohlfahrtsverbände eine unzureichende Beratung der Migranten in den Einrichtungen und warnten vor einer zu langen Aufenthaltsdauer. Vor allem für Kinder sei die Unterbringung völlig ungeeignet.
"Die Lebensbedingungen in Ankerzentren machen Kinder und Jugendliche krank", glaubt der Kinderpsychologe Dr. Daniel Drexler, der seit Jahren Flüchtlingskinder betreut. Viele Kinder seien von der Flucht traumatisiert und litten in den anonymen Unterkünften unter mangelnder Privatsphäre ohne abschließbare Türen oder mit Fremden im gleichen Zimmer. Die Einrichtungen seien deshalb eine "strukturelle Gefährdung des Kindeswohls", kritisierte der Mediziner.
Kritiker: Aufenthalt auch für Kinder oft mehr als sechs Monate
So sehen das auch Bayerns Wohlfahrtsverbände: Kinder lebten in den Ankerzentren in einer "angstbesetzten Umgebung". Auch ihr Menschenrecht auf Bildung werde oft nicht ausreichend berücksichtigt. Dies gelte umso mehr, als die gesetzlich festgeschriebene Obergrenze von maximal sechs Monaten Aufenthalt oft überschritten werde, beklagte der Münchner Rechtsanwalt Hubert Heinold: "In der Realität müssen auch Familien mit Kindern bis zu 24 Monate in den Ankerzentren bleiben."
Die inzwischen in allen bayerischen Regierungsbezirken etablierten Einrichtungen sollen sowohl die Asylverfahren selbst, als auch Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern beschleunigen. Ein Ziel, dass laut dem Chef des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Hans-Eckhard Sommer zumindest bei den Verfahren erreicht wird: 2,2 statt 2,4 Monate dauerten diese dort im Schnitt. Nur fünf Prozent aller Fälle benötigten mehr als drei Monate. Auch bei der Identitätsfeststellung seien die Ankerzentren deutlich effizienter. Dies sei "ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit in unserem Land", so der BAMF-Chef.
BAMF-Chef Sommer: Sind kein Gegner der Asylbewerber
Sommer verwahrte sich zudem gegen den Vorwurf, der Zeitgewinn gehe zu Lasten der Flüchtlinge: Die Verfahren seien in den Ankerzentren "ebenso sorgfältig wie in den anderen Aufnahmeeinrichtungen". Eine verlängerte Aufenthaltsdauer liege vor allem an langen Verwaltungsgerichtsverfahren sowie an Problemen bei der Abschiebung. Abgelehnte Asylbewerber, die nicht freiwillig ausreisten, "sind aus meiner Sicht aber auch keine Geflüchteten mehr", erklärte Sommer.
Der BAMF-Chef wehrte sich auch gegen den Vorwurf einer unzureichenden Beratung der Flüchtlinge: Sein Haus führe sehr erfolgreich eine "unabhängige staatliche Verfahrensberatung" durch. Das BAMF fühle sich auch "nicht als Gegner dieser Menschen", beteuerte Sommer. Der weitgehende Ausschluss nicht staatlicher Berater und Anwälte aus den Ankerzentren untergrabe "die Chance auf ein faires Verfahren", findet dagegen Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Viele Fälle würden auch deshalb erst langwierig vor Gericht geklärt.
"Wir dürfen zu uns geflüchtete Menschen nicht länger in diesen trostlosen Wartesälen des Lebens versauern lassen", forderte die Grünen-Asyl-Expertin Gülseren Demirel, die die Experten-Anhörung angestoßen hatte. Bayerns Innenministerium hält die Ankerzentren dagegen für einen Erfolg: Diese schafften "beste Voraussetzungen für schnelle und effiziente Asylverfahren".