zurück
Handthal
Deutliche Schäden an den Buchen im Steigerwald: Deshalb wird ein Waldspaziergang jetzt immer gefährlicher
Die Buche, der Baum des Jahres 2022, ist in Bayerns Wälder der dominierende Laubbaum. Noch, denn schon bald könnte es damit vorbei sein.
Die seit Jahren zunehmende Trockenheit und Hitze setzt den Buchen im Steigerwald immer mehr zu. Das verdeutlicht dieses Foto, das die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Sommer mit einer Drohne im Naturreservat Waldhaus östlich von Handthal im Ebracher Forst aufgenommen hat. Allein auf dieser Fläche mit einer Länge von rund 100 Metern sind viele Baumkronen ohne grüne Blätter und mit kahlen Zweigen sowie mit brauner und hellgrauer Färbung zu erkennen. Diese Kronen sind allesamt stark geschädigt.
Foto: Jan Dempewolf | Die seit Jahren zunehmende Trockenheit und Hitze setzt den Buchen im Steigerwald immer mehr zu. Das verdeutlicht dieses Foto, das die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Sommer mit einer Drohne im ...
Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:24 Uhr

Der Klimawandel geht nicht spurlos an den Wäldern vorbei. Auch wenn es heuer bislang ein eher feuchtes Frühjahr war, steht fest: Wenige Niederschläge und lange, heiße Perioden haben vielen Baumarten in den vergangenen Jahren erheblich zugesetzt. Wie sich die Trockenjahre speziell auf Buchen im Steigerwald auswirken hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Freising nun untersucht.

Dabei kamen erstmals neben der traditionellen Bodenbeobachtung auch Drohnen zum Einsatz. Was die Bilder aufzeigen, gibt Anlass zu großer Sorge: In vier Naturwaldreservaten nahe Handthal, Ebrach, Rauhenebrach und Zell am Ebersberg wurden teils deutliche Schäden an den Baumkronen von Buchen festgestellt. Überwiegend geschädigt waren ältere Bäume, auf manchen Flächen sogar weit über die Hälfte.

Die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft testet den Einsatz von Drohnen zur Waldbeobachtung im Rahmen eines mehrjährigen Pilotprojekts. Das LWF, im Bild Projektleiter Jan Dempewolf (links) zusammen mit einem Mitarbeiter, erhofft sich davon detailliertere Fotos und damit auch Informationen insbesondere zu Schäden an den Baumkronen.
Foto: Jan Dempewolf | Die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft testet den Einsatz von Drohnen zur Waldbeobachtung im Rahmen eines mehrjährigen Pilotprojekts.

Bei einem kürzlich abgehaltenen wissenschaftlichen Symposium im Steigerwald-Zentrum in Handthal stellten die LWF-Wissenschaftler Markus Blaschke, der für die Naturwaldreservate in Bayern verantwortlich ist, und der für das Drohnen-Pilotprojekt zuständige Dr. Jan Dempewolf ihre Ergebnisse vor. Die Redaktion hat mit den beiden Waldexperten über die großflächigen Schäden an Buchenkronen im Steigerwald sowie den Vorteil eines dauerhaften Einsatzes von Drohnen bei der Waldbeobachtung gesprochen.

Markus Blaschke ist Diplom-Forstwirt und bei der LWF zuständig für die Betreuung der Naturwaldreservate in Bayern.
Foto: Stefan Pfister | Markus Blaschke ist Diplom-Forstwirt und bei der LWF zuständig für die Betreuung der Naturwaldreservate in Bayern.
Frage: Was hat Sie an den neusten Ergebnissen besonders überrascht?

Blaschke: Also man muss sagen, dass die Buche eigentlich als die Baumart galt, die auch für den Klimawandel noch eine Zukunft hatte. Diese Aussage stand bis 2016, 2017. Dann kamen extrem trockene Jahre. Wir sind daraufhin gebeten worden, in den Naturwaldreservaten im Steigerwald uns die Lage anzuschauen, weil die Schäden sehr auffällig waren. Ich möchte ergänzen, dass es sich hier um teils seit über 40 Jahren ungenutzte Wälder handelt. Bei unserer jetzt erstmaligen Aufnahme haben wir festgestellt, dass es auch in geschlossenen Buchenwäldern Schäden an Kronen gibt, mal weniger stark, mal stärker. Vor allem betroffen sind die älteren und eher freistehenden Bäume. Das kann man deutlich sehen.

Womit hängt das zusammen?

Blaschke: Darüber kann man nur spekulieren. Ein wichtiges Argument ist aber natürlich das Wasser. Es muss aus dem Boden ganz nach oben in die Krone transportiert werden. Das scheint für jüngere Bäume ein bisschen leichter zu sein.

Sind dafür auch trockene Waldböden verantwortlich?

Blaschke: Der Wassermangel ist im Boden angekommen. Wir haben im Boden nicht mehr genügend Wasser, das die Bäume für ihr Auskommen brauchen. Das hängt zwar auch vom Standort ab. Aber selbst in Böden, die an sich sonst immer sehr feucht waren, kann es sein, dass die Wurzeln nicht mehr an Wasser herangekommen.

Sind alle oder nur einzelne Buchenarten besonders geschädigt?

Blaschke: Vor allem die Rotbuche ist betroffen. Die Hainbuche spielte weniger eine Rolle. Sie kommt auf unseren Flächen fast nicht vor und ist auch eine Art, die nochmal eine Stufe trockenresistenter ist als die Rotbuchen.

Herr Dempewolf, Sie haben im Sommer im Rahmen eines Pilotprojekts erstmals Drohnen eingesetzt, um Schäden zu dokumentieren. Welche Erkenntnisse konnten Sie mit ihren Bildern aus der Luft gewinnen?

Dempewolf: Die ersten vorläufigen Ergebnisse haben gezeigt, dass deutliche Schäden vorliegen. Das kann man eindeutig erkennen, und zwar großflächig. Es sieht auch so aus, als ob viele Kronenschäden von oben besser sichtbar sind. Das könnte ein Vorteil der Drohnentechnologie sein und diese sich als Ergänzung zu den terrestrischen Aufnahmen vom Boden lohnen.

Verschiedene Drohnen kommen bei der Waldbeobachtung zum Einsatz.
Foto: Jan Dempewolf | Verschiedene Drohnen kommen bei der Waldbeobachtung zum Einsatz.
Wie genau sind die Drohnenbilder?

Dempewolf: Sehr detailliert. Die Auflösung beträgt zwischen ein und vier Zentimeter pro Pixel. Damit kann man oft schon sehr gute Aussagen über Baumarten und Schäden machen. Und wir können Aussagen treffen über eine sehr große Fläche, was vom Boden aus so nicht möglich ist, vor allem nicht in dieser Schnelligkeit. Das ist ein weiterer Vorteil unserer Technik.

Wird die Buche im Steigerwald auf lange Sicht verschwinden?

Blaschke: Ich würde jetzt nicht sagen, dass sie im Steigerwald ein Problem bekommen wird. Aber auf Teilflächen wird sie auf jeden Fall ihre Schwierigkeiten haben. Und es wird so sein, dass wir unbedingt schauen müssen, dass wir neben der Buche auch andere Baumarten etablieren, beispielsweise die Eiche.

Ja, damit muss man jetzt leider rechnen, die Gefahr ist auf jeden Fall da.
Markus Blaschke vom LWF auf die Frage, ob immer mehr Buchenäste abbrechen werden
Wie gefährlich ist mittlerweile ein Spaziergang im Wald: Müssen wir damit rechnen, dass häufiger Äste und Kronenteile abbrechen und herabstürzen?

Blaschke: Ja, damit muss man jetzt leider rechnen, die Gefahr ist auf jeden Fall da. Pilze werden sich ausbreiten über diese Schäden, die durch die Trockenheit entstanden sind. Und wir sehen auch überall, dass spröde Brüche einsetzen bei der Buche. Ich hoffe sehr, dass wir ein paar Erholungsjahre haben und, dass sich die Buche ein bisschen regenerieren kann. Denn wir bräuchten etwas Zeit. Den Wald kann man nicht von heute auf morgen komplett umbauen.

Jan Dempewolf ist Geoökologe und am LWF zuständig für den Einsatz von Drohnentechnologie im Bereich der Waldbeobachtung.
Foto: Stefan Pfister | Jan Dempewolf ist Geoökologe und am LWF zuständig für den Einsatz von Drohnentechnologie im Bereich der Waldbeobachtung.
Bei der Drohnen-Methode handelt es sich aktuell um ein Pilotprojekt. Gibt es schon Pläne, wann diese Technik dauerhaft eingesetzt wird?

Dempewolf: Wir streben an, diese Technik als Projektvorschlag einzureichen: Ministerien sind eine Möglichkeit, auch Forschungsagenturen. Von der Technologie betrachtet sind die Zukunftsaussichten gut. Die Auflösungen werden immer höher und die Sensoren besser. Wir haben inzwischen auch Multispektralkameras im Einsatz, die unsichtbare Lichtwellen im Nahinfrarotbereich messen, welcher für Pflanzen besonders aussagekräftig ist. In unserer Arbeitsgruppe haben wir nun auch ein Laserentfernungsmessgerät, mit dem dreidimensionale Aufnahmen möglich sind. Dadurch können wir noch mehr Aussagen über die Waldgesundheit machen.

Waldbeobachtung in Bayern und im Steigerwald

Seit 1983 untersucht die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) jährlich den Gesundheitszustand der Wälder. Dafür sind jeden Sommer Forstfachleute mit Fernglas, Kompass, Maßband und Schreibblock unterwegs und erheben sämtliche Schäden. Parallel dazu untersucht die LWF in einem Pilotprojekt Baumkronen mittels Drohnenbildern.
Im Steigerwald wurden im Sommer 2022 die Kronenschäden an Buchen in den Naturreservaten Brunnstube (nördlich von Ebrach, Richtung Rauhenebrach), Kleinengelein (östlich von Neuhausen im Wustvieler Forst), Mordgrund (bei Zell am Ebersberg/Lkr. Haßberge) und Waldhaus (zwischen Handthal und Ebrach) untersucht.
Markus Blaschke ist Diplom-Forstwirt und seit 2006 an der LWF zuständig für die Betreuung der Naturwaldreservate. Sein Hauptaufgabenfeld umfasst die Koordination der Forschung auf über 165 Wäldern mit 7500 Hektar Fläche in Bayern.
Dr. Jan Dempewolf ist Geoökologe und seit 2019 an der LWF zuständig für die Erprobung und Entwicklung von Methoden für den Einsatz von Drohnentechnologie im Bereich der Kohlenstoffspeicherung und Waldinventur.
Quelle: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Handthal
Ebrach
Neuhausen
Rauhenebrach
Zell
Oberschleichach
Wustviel
Stefan Pfister
Baumarten
Buchenwälder
Laubbäume
Schweinfurt Umwelt
Schäden und Verluste
Wasserknappheit
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • P. K.
    Oh weh!
    Von oben werfen die Buchen mit Ästen auf die Wanderer, von unten krabbelt die Zecke im Hosenbein hoch und womöglich ist gar Isegrimm im Unterholz auf der Pirsch.
    Nicht schlecht, vielleicht gibt es dann weiger Schwammerlsucher im Wald.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. E.
    Irgendwie hat sich damit jetzt aber auch die Grundlage für den Nationalpark erledigt - denn gerade hier hohen, großen, alten Buchen, die ja Grund für den NP sein sollen, fallen ja dem Klimawandel zum Opfer!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • T. V.
    Großschutzgebiete bleiben ein Thema. Da sehen wir, wie die Natur mit den Problemen fertig wird. Wir brauchen mehr Natur, nicht weniger.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. E.
    verschiebt sich jetzt nur plötzlich die Begründung für nen NP - bisher war es immer die Erhaltung der alten Buchenbestände. Die werden über kurz oder lang nicht mehr da sein!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • T. V.
    https://www.tagesspiegel.de/wissen/die-markischen-eichen-wanken-6558538.html
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten