Trockenheit, Sonnenschein und Hitze belasten die Bäume im Steigerwald. Wie es um die Bäume bestellt ist und welche Überlebensstrategien sie deshalb haben.
Der Sommer 2022 war laut dem Deutschen Wetterdienst der sonnigste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881. Auch in Sachen Trockenheit und Wärme liegt der Sommer in diesem Jahr weit oben – mit Folgen für den nördlichen Steigerwald.
Daniel Steuer ist stellvertretenden Forstbetriebsleiter bei den Bayerischen Staatsforsten in Ebrach. Er hat in seinem Berufsleben schon einige Hitzewellen miterlebt und beobachtet, wie die Bäume, je nach Art, Alter und Standort, darauf reagieren. Diese Redaktion hat sich mit ihm am Zabelstein getroffen. Im Gespräch berichtet er über die Situation vor Ort.
Steigerwald im Trockenstress
"Wir hatten in den letzten Jahren einige Sommermonate", so Steuer, "in denen der nördliche Steigerwald Trockenstress ausgesetzt war." Das Jahr 2015 sei sehr wasserarm gewesen, auch die Jahre 2018, 2019 und 2020 hätten etliche Schäden an den Bäumen hinterlassen. Vor allem Kiefer und Fichte seien betroffen gewesen. Nun folgte 2022 ein weiterer extremer Sommer.
Er war regenarm, mit vielen Sonnenstunden und einer überdurchschnittlichen Hitze. Die Folge: Der sogenannte Oberboden, also die durchwurzelbare Schicht im Waldboden, trockne mehr und mehr aus. Bereits seit Mitte Juni befinde er sich in einem für die Wasserversorgung "kritischen Bereich". Nennenswerter Niederschlag sei seitdem ausgeblieben. Viele Bäume seien deshalb gezwungen, ihre Wasserzufuhr zu drosseln. Die Folgen sind deutlich sichtbar.
Steuer zeigt auf lichte Baumkronen, schlaff herabhängende, braune und auch gekräuselte Blätter. Das Blattgrün liegt auf dem Waldboden. Ein ungewöhnliches Bild für diese Jahreszeit. Üblicherweise werfen die meisten Bäume ihre Blätter erst im Oktober ab, erklärt der stellvertretende Forstbetriebsleiter. Besser als die Buchen stünden die Eichen und die Tannen da. "Sie wurzeln tiefer", so Steuer.
Lebensbedrohlich sei der frühzeitige Blattabwurf für einen Baum zwar nicht. Denn bereits im zeitigen Frühjahr setze ein Baum an den Enden der Zweige neue Knospen an, die sich im kommenden Jahr zu neuen Blättern ausbilden. "Solange diese mit Wasser versorgt werden, bleibt der Baum vital", erklärt er.
Teilbereiche des Baumes sterben ab
Anders sei die Situation jedoch, wenn die Wasserzufuhr über Stamm und Äste hin zu den Blättern unterbrochen wird. Dann sterben diese Teilbereiche des Baumes ab, sagt Steuer. Meist von oben nach unten, nicht selten komplette Kronen. "Aber sogar dieses Problem", sagt er und er zeigt auch gleich auf ein Beispiel, "wird zuweilen überwunden. Die Buche bildete eine neue Krone."
Doch nicht nur die Trockenheit macht den Bäumen im Steigerwald zu schaffen, auch die Sonneneinstrahlung sorgt für Probleme. So auch im Gebiet "Hexentanz". Hier steht eine Buche, an deren Stamm eine schwarze, klebrige Masse herunterläuft, der sogenannte Schleimfluss: "Buchen haben eine im Vergleich zu anderen Baumarten dünne Rinde", informiert der stellvertretende Forstbetriebsleiter.
Todesurteil für den Baum
"Zwölf Stunden Sonne kann sie zum Platzen bringen." Mit weitreichenden Folgen: Pilze und Insekten würden in die so entstandene Wunde eindringen. "Ein Todesurteil für den Baum", macht Steuer deutlich. Sonne, Hitze, Wassermangel. All dies mache den Bäumen zu schaffen. Und sind die Bäume erstmal in ihrer Vitalität geschwächt, werden sie bevorzugt angegriffen von Käfern, Wollläusen und Pilzen.
Eine verlässliche Abschätzung, wie viele Bäume aktuell trockengeschädigt sind, sei erst Ende des Jahres möglich. Erfahrungsgemäß habe die Buche die meisten Trockenschäden, was jedoch insbesondere auf ihren hohen Gesamtanteil zurückzuführen ist. Die meisten geschädigten Bäume werden der Natur überlassen. Gefällt werde nur ein geringer Teil. Gerade die Buchen seien schrotschussartig verteilt. Das mache es kaum möglich, die Fällung auf der gesamten Fläche umzusetzen.
In den Jahren 2019 und 2020 lag der Anteil der Buchen, die wegen Trockenschäden gefällt wurden, bei elf Prozent. Ein Durchschnittswert, sagt Steuer. Der Klimawandel zeige sich im Steigerwald zwar deutlich, aber sehr differenziert. "Im östlichen Bereich, bei Burgebrach, haben wir noch mehr Wasser im Boden als hier am Zabelstein."
Steuer ist überzeugt: "Das Waldbild im Steigerwald wird sich verändern, die Baumarten werden sich neu zusammensetzen." Um das Risiko eines Totalausfalls zu streuen, bekämen viele Baumarten eine Chance. Dass die Buche dem Klimawandel standhält, sei wahrscheinlich, aber nicht sicher, so Steuer. Die Stieleiche mache sich gut, auch der Elsbeere stellt er positive Prognosen aus. Ebenso die Tanne und der Speierling. Sie könnten im Steigerwald die Gewinner des Klimawandels werden.
Forschungen zu Zukunftsbäumen laufen
Bayernweit liefen derzeit außerdem Anbauversuche mit nicht heimischen Baumarten, beispielsweise der Libanonzeder und der rumänischen Tanne. Welche Bäume sich mittelfristig durchsetzen werden, und inwieweit es Sinn macht, auf die Entwicklung durch Ansiedelung fremder Baumarten Einfluss zu nehmen, all dies sei derzeit Gegenstand der Forschung.
Zwar verjüngt sich im Steigerwald der Wald auch weiterhin durch nachwachsende Bäume. Dennoch leistet Steuer auch einen eigenen Beitrag. "Im Durchschnitt haben wir seit 2012 etwa 30 Hektar jährlich neu gepflanzt", erklärt er, "davon 70 Prozent Tannen, 20 Prozent Eichen und 10 Prozent sonstiges Laubholz." Steuer verrät sein ganz persönliches Rezept zur Auswahl der Baumarten: "Wie bei den Aktien – die Mischung macht's."