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Schweinfurt
Der Schildbürgerstreich am Schweinfurter Marienbach
Der Beirat für Menschen mit Behinderung ist sauer, weil sein Rat die Stadträte nicht erreicht. Die Blockade ist im Amt für Stadtentwicklung und Hochbau ausgemacht.
Erst wurde der Weg zur Unterführung abgeflacht, dann kamen die Barrieren, die für Rollstuhlfahrer und Blinde zum gefährlichen Hindernis werden können.
Foto: Gerd Landgraf | Erst wurde der Weg zur Unterführung abgeflacht, dann kamen die Barrieren, die für Rollstuhlfahrer und Blinde zum gefährlichen Hindernis werden können.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:55 Uhr

Reichlich Lob gab es für das Tiefbauamt, die Stadtwerke und die Sozialverwaltung im Rathaus; heftige Kritik am städtischen Hochbauamt. Von Baureferent Ralf Brettin und Markus Sauer, Leiter des Stadtentwicklungs- und Hochbauamts, sieht sich der Beirat für Menschen mit Behinderung nicht ernst genommen.  

Dem Hochbauamt ist vorgeworfen, dass dieses die Anträge des Beirats nicht an den Stadtrat weiterleite – und schon gar nicht in der vorgeschriebenen Frist von drei Monaten. Zwar werde die eine oder andere Bearbeitung mehr Zeit beanspruchen, doch dann sei eine kurze Information an den Antragsteller eine Selbstverständlichkeit, um die sich das Hochbauamt jedoch nicht schere. Gefallen lassen wollen sich dies nicht länger die Vorstände Manfred Neder, Norbert Sandmann, Rudolf Schmitt und Herbert Hennlich.  

Kritik am Hochbauamt

Vorsitzender Manfred Neder führte in der Vollversammlung im großen Sitzungssaal des Rathauses gleich mehrere Beispiele an, die ihm übel aufgestoßen sind. Die Forderung nach einer behindertengerechten Toilette am zentralen Busbahnhof Roßmarkt sei irgendwann und nebenbei vom Tisch gewischt worden. Erfahren habe dies der Beirat nur aus der Zeitung. Die Anregung des Beirats, mit dem Einbau von Serpentinen Höhenunterschiede im Gelände abzuflachen, habe das Hochbauamt ohne Absprache bei der Bahnunterführung für Radler und Fußgänger am Paul-Rummert-Ring entlang des Marienbachs verwirklicht, doch dann Sperren eingebaut, die den Rollstuhlfahrer überfordern würden und Sehbehinderte über die Edelstahlbügel stürzen ließen, weil man am Boden keine mit dem Blindenstock ertastbare Schiene montiert habe.   

Gefordert ist ein Aufzug zum Veranstaltungssaal im Obergeschoss der Disharmonie.
Foto: Gerd Landgraf | Gefordert ist ein Aufzug zum Veranstaltungssaal im Obergeschoss der Disharmonie.

Seit 2018 liege beim Hochbauamt der Antrag auf Einbau eines Aufzugs am Gebäude der Disharmonie  an der Gutermann-Promenade vor. Nur über Dritte habe der Beirat jetzt erfahren, dass vor dem Jahr 2020 nicht an eine Realisierung gedacht sei. Zu der vor einiger Zeit stattgefundenen Begehung habe die Stadt den Beirat erst gar nicht eingeladen. So sei das auch bei der Offiziellen Inbetriebnahme der bestens ausgestatteten Behindertentoilette im Vogelschützerhäuschen (am Harmoniegebäude) gewesen. Allerdings sei das WC im falschen Stockwerk. Rollstuhlfahrer würden den steilen Anstieg vom Erdgeschoss hoch zurück zur Harmoniekreuzung nicht meistern können, erklärte Manfred Neder.    

Die Steigung von der behindertengerechten Toilette zur Stadt sei selbst auf dem Umweg rund um das Harmoniegebäude viel zu steil, sagt der Beirat für Menschen mit Behinderung.
Foto: Gerd Landgraf | Die Steigung von der behindertengerechten Toilette zur Stadt sei selbst auf dem Umweg rund um das Harmoniegebäude viel zu steil, sagt der Beirat für Menschen mit Behinderung.

Getäuscht fühlt sich der Beirat beim Bau der Kindertagesstätte auf dem Spitalseeplatz. Dem Vorstand habe die Stadt erklärt, dass die befristete Zwischenlösung nur zwei oder drei Jahre genutzt werde. Jetzt sei auf einmal von zehn Jahren die Rede, weshalb der Beirat seine mit zwei zugedrückten Augen gegebene Zustimmung zurücknehmen werde, denn ohne Aufzug seien Behinderte bei der Beschäftigung in der Einrichtung ausgegrenzt. 

Jetzt fordert der Beirat einen Aufzug für den Neubau auf dem Spitalseeplatz.
Foto: Gerd Landgraf | Jetzt fordert der Beirat einen Aufzug für den Neubau auf dem Spitalseeplatz.

Beirat fühlt sich übergangen

Auf Antwort wartet Manfred Neder auch noch beim Thema Kulturforum. Eine Ortsbegehung habe man längst angeregt. Baureferent Ralf Brettin reagiere jedoch nicht. Aktuell sei der Martin-Luther-Platz für Rollstuhlfahrer kaum zu erreichen. Auch sei auf dem Platz eine Fahrspur für Behinderte einzurichten. Frühzeitig lasse sich Abhilfe schaffen. Im Nachhinein werde dies teuer, so Neder.

Mit dem Abriss der Garagen am Martin-Luther-Platz haben die Arbeiten am Kulturforum begonnen. Der Beirat wartet auf einen Gesprächstermin beim Baureferenten.
Foto: Gerd Landgraf | Mit dem Abriss der Garagen am Martin-Luther-Platz haben die Arbeiten am Kulturforum begonnen. Der Beirat wartet auf einen Gesprächstermin beim Baureferenten.

Eine "hervorragende Zusammenarbeit" bescheinigte der Vorsitzende dagegen der Sozialverwaltung. Referent Jürgen Montag und Amtsleiterin Corina Büttner (Amt für soziale Leistungen) hätten stets offene Ohren und und würden viele Anregungen zeitnah umsetzen. Ebenso aufgeschlossen für die Belange der 10 000 Schweinfurter Behinderten sei die Mannschaft von Christof Klingler im städtischen Tiefbauamt. Dieses rüste in Absprache mit dem Beirat die Ampelanlagen um und schaffe so Erleichterungen für Sehbehinderte und Hörgeschädigte.  

Begehung im Silvana

Gleiches gelte für den Verkehrsbetrieb der Stadtwerke, der alsbald die Anzeigetafeln am Roßmarkt behindertengerecht (besser lesbare Schrift und akustisch abrufbare Informationen) nachrüsten werde. Erfolgreich sei eine Begehung des Silvana-Freizeitbades gewesen, so Neder. Dort seien für die ansteigenden Wege Ruheflächen für Rollstuhlfahrer und weitere Verbesserungen vereinbart.  

Begrüßt wurde die Neuregelung mit Zebrastreifen, die das Queren des Lindenbrunnenwegs auf Höhe der Turngemeinde erleichtert.
Foto: Gerd Landgraf | Begrüßt wurde die Neuregelung mit Zebrastreifen, die das Queren des Lindenbrunnenwegs auf Höhe der Turngemeinde erleichtert.

Bei der Umsetzung des Aktionsplans "Barrierefreies Schweinfurt 2025" sind Mitstreiter von allen vier Arbeitsgruppen gesucht: Sprecher der Gruppe 1 ist Norbert Sandmann (Bauen, Wohnen, Mobilität und Toiletten), bei Gruppe 2 Rudolf Schmitt (Freizeit, Kultur, Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung), bei Gruppe 3 Herbert Hennlich (Bildung, Arbeitsmarkt und Schule) und bei Gruppe 4 Manfred Neder (Weiterentwicklung der Satzung und Geschäftsordnung).

 
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    #Fußgängerunterführung Bahnlinie-Marienbach-Paul-Rummert-Ring
    Die Stadt Schweinfurt verletzt die VERKEHRSSICHERHEITSPFLICHT bei der Bahnunterführung da Radfahrer den schmalen Fußweg befahren ohne vorschriftsmäßig abzusteigen und so Fußgänger, Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen gefährden
    Die Planungsvorschriften + DIN18040-3 sehen eine Trennung von Fuß-/Radweg nach dem 2-Sinne-Prinzip durch Trennstreifen vor - sowie beidseitige Handläufe in Höhe von 85 cm im Bereich dem Unterführung
    HInweis: Gemeinsame Fuß-/Radwege müssen mind. 2,20 m breit sein !
    Diese Möglichkeit besteht hier baulich nicht - da die Unterführung nur 1,2 m Breite am unteren Scheitelpunkt der Brücke aufweist und nie als kombinierter Fuß-/Radweg genehmigt wurde
    Die ursprüngliche Beschilderung als FUSSWEG wurde ausgetauscht
    Nur der HInweis an der Bahnbrücke "Radfahrer absteigen" und die Radschutzbügel weißen noch auf den genehmigten FUSSWEG hin
    LÖSUNG: Unterführung als FUSSWEG kennzeichen + Handläufe ergänzen
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