Er ist das Gesicht der Kulturwerkstatt, wer Disharmonie sagt, meint auch Jürgen Dahlke. Heuer ist er 25 Jahre Geschäftsführer der Einrichtung am Main, was ihn bei der aktuellen Jahresversammlung dahin rückte, wo sich Jürgen Dahlke nicht so gerne aufhält: in den Mittelpunkt.
Das „Mädchen für alles“ reagierte gleichwohl, vielleicht wegen des besonderen Ereignisses, vielleicht aber auch, weil fast nur Disharmonie-Insider die Zuhörer waren, mit einem aus der Reihe fallenden Jahresbericht. Statt des chronologischen Jahresrückblicks und der üblichen Programmvorschau beleuchtete er dieses Mal „die Programm-Kriterien“. Viele meinten, in der Disharmonie werde mit Großveranstaltungen „Kohle gemacht“. Das Andere, oft das Kleine, falle in der öffentlichen Wahrnehmung aber erstaunlicherweise unter den Tisch.
Erstaunlicherweise, weil gerade mal 38 Prozent der Veranstaltungen „die Namen sind, mit denen wir tatsächlich Geld verdienen“, sagte Dahlke. Von den 235 Veranstaltungen 2011 – mit übrigens 24 000 Besuchern – hatten 170 Bezug zum Verein und/oder den vom Vorstand und ihm, dem Geschäftsführer, getragenen „soziokulturellen Charakter“. Meist sind es Künstler aus dem hiesigen Raum, denen die Disharmonie eine Auftrittsmöglichkeit biete, eine Chance gebe. Wichtig: Alle Sparten, alle Altersgruppen, nichtkommerzielle Ausrichtung. „Wenn eine Schweinfurter Band sagt, wir wollen gerne spielen, dann können sie das bei uns“, sagt Dahlke.
Der Geschäftsführer spricht von einer „Schweinfurter Bühne“, die Autoren, Musikern, Kreativen zur Verfügung steht. Als Beispiele für längst etablierte Projekte nennt Dahlke Jazz am Main, Poetry Slam, Comedy Longue, Kindertheater an den Sonntagen, das Theater an der Disharmonie. „Da ist viel Qualität dabei, wenngleich sie nicht das alleinige Kriterium ist“, sagt Dahlke. Die Besucher honorieren diese Bemühungen, die Zahlen bestätigten das. Apropos Publikum: Jeder habe die Möglichkeit, an der Programmgestaltung mitzuwirken, sagt Dahlke.
In seiner Funktion als Vorstandsmitglied berichtete Lemmerich über die Bemühungen, „das Oben und Unten zu vernetzen“, den Besucher einer Kabarettveranstaltung im Saal (oben) dazu zu animieren, den Abend im Maincafé (unten) ausklingen zu lassen oder umgekehrt den Essensgast auf die Veranstaltungen der Kulturwerkstatt aufmerksam zu machen. „Wir wollen die Leute hier halten“, sagt Dahlke. Das soll nun via Hinweisen etwa in der Speisekarte auf die Veranstaltungen im Haus oder via Programmheft auf das Maincafé geschehen. Gedacht ist auch an eine bauliche Veränderung des Zugangs zwischen „oben und unten“, um den Besucher auf die Existenz von Disharmonie und Gaststätte aufmerksam zu machen.
Gerade vor dem Hintergrund, dass es sich um ein integratives Café handelt, wird im Verein zudem über die Frage eines behindertengerechten Zugangs in den Veranstaltungssaal nachgedacht. Die derzeit einzig vorstellbare, aber eben auch teure Lösung ist ein Aufzug. Ärgerlich nennt Lemmerich den Zustand gegenüber. Die Bahn habe massiv ausgeholzt, was dem Schallschutz nicht gerade förderlich sei. Zudem befinde sich der Zaun in einem desolaten Zustand.
Vorsitzender Gerhard Feigl freute sich über aktuell 535 Mitglieder. Ihre Beiträge seien mit über 20 000 Euro mittlerweile wichtige Finanzsäule. Danke sagte er „fürs Mäzenatentum“, namentlich nannte er als einen der „großen Unterstützer“ Hubert Seggewiß. Zum Jubilar Dahlke sagte Feigl, dass er die Disharmonie geprägt habe, „es ist dein Haus“ und die Erfolge „dein Verdienst“. Bei der nächsten Versammlung wird es Neuwahlen geben. Zwei Vorstandsmitglieder haben schon jetzt aus persönlichen, zeitlichen Gründen ihren Rückzug angekündigt. Für Babs Günther und Kassier Axel Reuß müssen Nachfolger gefunden werden.