
Ein Dauerbrenner steht auf der Tagesordnung der Sitzung des Bauausschusses am Donnerstag, 7. März: der Bauantrag für die Keßlergasse 5 und 7. Über diesen gab es in den vergangenen Monaten einen nie dagewesenen Streit zwischen Bauverwaltung und Denkmalpflege auf der einen Seite und Bauherren sowie Teilen des Stadtrates auf der anderen.
Die Stadt hatte aus rechtlichen Gründen dem Bauherren keine Genehmigung für dessen Bauantrag erteilt, weil die Denkmalpflege strikt dagegen ist. Das Gebäude Keßlergasse 7 darf abgerissen und neu gebaut werden, das Gebäude Keßlergasse 5 hingegen ist ein Einzeldenkmal und darf ohne Genehmigung durch das Denkmalschutzamt nicht abgerissen und neu gebaut werden. Die vom Investor vorgelegten Pläne hätten aus Sicht der Denkmalpflege so große Eingriffe bedeutet, dass das "historische Gefüge weitgehend zerstört worden wäre", wie es in einer Stellungnahme heißt.
Der Bauausschuss wie der Stadtrat hatten entgegen der Empfehlung der Verwaltung allerdings im Winter 2023 eine Baugenehmigung erteilt, unter anderem mit der Mehrheit der schwarz-grünen Koalition und Teilen der SPD und sich klar gegen den OB gestellt. Diesen Beschluss rügte Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und legte ihn Anfang Januar der Regierung von Unterfranken zur Beurteilung vor. Deren Antwort ist nun Grundlage der Sitzung am 7. März.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé hat Baugenehmigung zu Recht verweigert
Die Antwort ist klar und war in dieser Form auch absehbar: Die Regierung von Unterfranken ist auf Seiten der Stadtverwaltung und hält den vom Stadtrat gefällten Beschluss für rechtswidrig. Er darf nicht vollzogen werden. Dem Bauausschuss wird nun die Gelegenheit gegeben, den Beschluss rückgängig zu machen. Wie die Stadträtinnen und Stadträte darauf reagieren und ob sie das Thema noch einmal grundsätzlich diskutieren, ist derweil offen.
Auf Nachfrage dieser Redaktion bei der Regierung von Unterfranken erklärt die Pressestelle, dass es einen solchen Fall, bei dem ein Gremium trotz mehrfacher eindringlicher Hinweise auf die Rechtswidrigkeit des Beschlusses und Appelle der Verwaltung dennoch an dem Beschluss festhielt, bis dato in Unterfranken in keiner anderen Kommune gab.

Die Regierung weist darauf hin, dass es sich um eine gutachterliche Stellungnahme ihrerseits handelt und keine rechtsaufsichtliche Maßnahme. Aufgrund des deutlichen Gutachtens bleibt dem Stadtrat aber kaum mehr, als den Beschluss aufzuheben und ihn durch eine Ablehnung des Baugesuchs zu ersetzen – so, wie es die Verwaltung schon immer vorgeschlagen hatte.
Die Regierung erklärt auf Nachfrage, die Aufgabe der Verwaltung sei es, die "Aussage- und Überzeugungskraft" der Stellungnahme der Denkmalpflege zu prüfen und zu gewichten. Das betont auch Ordnungsreferent Jan von Lackum mit Hinweis auf den "Sachverständigenstatus" der Denkmalschutzbehörde. "Um das zu erschüttern, müssten wir mit einem eigenen Sachverständigen zu einer anderen Beurteilung kommen", so von Lackum. Dies sei im vorliegenden Fall aber nicht so, denn der städtische Kreisheimatpfleger und Architekt Dag Schröder sehe den Bauantrag ebenfalls kritisch. Außerdem habe er einen Vorschlag unterbreitet, wie man die beiden Gebäude denkmalgerecht sanieren könnte. Diesen Vorschlag wiederum lehnt der Bauherr, ein Schweinfurter Ehepaar, als aus seiner Sicht nicht realisierbar ab.
Was schlägt die Denkmalpflege vor und was wollen die Eigentümer?
Aus Sicht der Denkmalpflege hat das aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammende Haus Keßlergasse 5 "eine besondere stadtgeschichtliche Bedeutung". Vorgeschlagen wird, das Haus Nummer 7 abzureißen, neu zu bauen und hier vor allem die Erschließung auch für Haus Nummer 5 unterzubringen. Für entsprechende Deckenhöhen des Geschäftes im Erdgeschoss über beide Grundstücke soll der Boden zwei Stufen tiefer gelegt werden, eine barrierefreie Erschließung ist möglich.
Im Haus Nummer 5 wäre im hinteren Bereich und beim Dach ein Teilabbruch und Neuaufbau möglich. Beim Umbau der Wohnungen im ersten Obergeschoss müssten Stuckdecke und Türrahmen erhalten bleiben. Aus Sicht der Denkmalpflege "nichts belegt Unzumutbares", wie es auf Nachfrage im vergangenen Jahr hieß.
Das Architekturbüro des Eigentümers schlägt ebenfalls Abriss und Neubau der Nummer 7 vor sowie eine stärkere Neugestaltung der Nummer 5. Die Stuckdecke soll erhalten und durch einen Kubus von der Geschäftsebene aus sichtbar bleiben. Die Eingriffe, vor allem in Haus Nummer 5, sind allerdings deutlich größer.
Wie es mit dem Bauvorhaben weitergeht, ist völlig offen. "Es hängt am Hausbesitzer", so von Lackum. Von Seiten der Behörden gibt es wenig Handhabe. Wenn durch Baufälligkeit Gefahren für Leib und Leben von Personen drohen, kann man entsprechende Anordnungen treffen. Die Untere Denkmalschutzbehörde hat darüber hinaus die Möglichkeit, den Eigentümer zu Maßnahmen zu verpflichten, die "das Baudenkmal in seiner historischen Substanz vor dem Verfall schützen", so die Regierung. Doch einen wirklichen Durchbruch gibt es nur, wenn die Bauherren auf die Vorschläge der Denkmalpflege eingehen.