Man kann sich an alles gewöhnen – sogar an die Pandemie. Diesen Eindruck vermitteln zumindest unterfränkische Schulleiter, wenn man sich nach der Corona-Lage erkundigt: Alle befragten Schulen melden Coronafälle, überall sind Kinder und Lehrkräfte in Quarantäne. "Aber es muss ja trotzdem laufen", sagt Thomas Kreutzmann, Leiter des Olympia-Morata-Gymnasiums im Corona-Hotspot Schweinfurt. "Kein Lehrer rennt mehr aufgeregt durch die Gänge, wenn ein Schüler positiv ist. Ist ja alles Routine mittlerweile."
Falle ein Schülertest positiv aus, werde der oder die Betroffene von der Klasse getrennt, bis die Eltern zum Abholen kommen. Üblicherweise rede die Lehrkraft dann erstmal mit den Mitschülern, beruhige diejenigen, die doch erschrecken: Man wisse ja nie, ob einem positiven Schnelltest auch wirklich ein positiver PCR-Test folge. "Da haben wir schon alles erlebt", sagt Kreutzmann. Das Olympia-Morata-Gymnasium verzeichnet derzeit rund zehn Einzelfälle. "Moderat im Vergleich zur Vorwoche", sagt der Schulleiter lakonisch.
Tägliche Testung nach einem Corona-Einzelfall in der Klasse
Von einer "überschaubaren“ Lage spricht auch Susanne Kraus-Lindner von der Fachoberschule in Würzburg – auch wenn dort aktuell acht Einzelfälle in acht verschiedenen Klassen und zwei Fälle in einer Klasse aktuell bekannt sind. Bei den Einzelfällen dürfen nach neuester bayerischer Regelung alle Mitschülerinnen und Mitschüler weiter zur Schule gehen, selbst wenn sie in der Nähe des oder der positiv Getesteten saßen. "Es wird halt dann in diesen Klassen täglich getestet", sagt die Schulleiterin.
Verzwickte Verordnung: Welcher Schüler bleibt, welcher Schüler muss in Quarantäne?
Komplizierter ist's, die aktuell gültigen Regeln zu durchschauen, wenn zwei oder mehr Fälle pro Klasse auftreten. Im Prinzip müsste die Klasse in Quarantäne – aber: Es gibt Ausnahmen. "Bleiben dürfen geboosterte Schüler, vorausgesetzt, die Impfung liegt nicht mehr als 90 Tage zurück", zitiert die Schulleiterin aus der neuen Verordnung. "Schüler, die vollständig geimpft und genesen sind, dürfen auch bleiben und auch jene Genesene, deren Erkrankung mindestens 28 und höchstens 90 Tage zurückliegt."
Wer nicht unter diese verzwickte Regelung fällt, werde "mit Unterrichtsmaterial versorgt und muss Proben eventuell nachschreiben". Am anstrengendsten derzeit, sagt die Schulleiterin, sei der Verwaltungsaufwand: "Ein ewiges Telefonieren, mit dem Gesundheitsamt, mit den Eltern, mit dem Gesundheitsamt . . ."
Ewiges Telefonieren nach Ansteckungsfall: Hoher Verwaltungsaufwand
Dass der Aufwand gerade für die Schulleitungen immens hoch ist, betont auch Tomi Neckov, der Vizepräsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands. Neckov zufolge "dürfen die Schulleiter niemanden in Quarantäne setzen, das darf nur das Gesundheitsamt". Und je nach Ort und Pandemielage seien die oft überlasteten Ämter "ganz schwer erreichbar", viele Schulleiter telefonierten sich die Finger wund.
6,6 Prozent der Lehrkräfte fehlen aktuell coronabedingt
Aktuell sind auch in Unterfranken doppelt so viele Lehrkräfte wie Schüler aus Corona-Gründen nicht in der Schule: "6,6 Prozent der Lehrkräfte sind als abwesend erfasst", teilt die Regierung von Unterfranken mit. Entweder wegen positiver Coronatests, wegen Quarantäne nach Kontakt, mit einem ärztlichen Attest mit Covid-Bezug oder weil sie schwanger sind. Bei den unterfränkischen Schülern sind knapp drei Prozent derzeit wegen Corona abwesend.
Lernlücken durch Distanzunterricht
An einzelnen Schulen gibt es inzwischen wieder auch Distanzunterricht - wie etwa in einer Klasse der Wilhelm-Sattler-Realschule in Schweinfurt. "Wir haben in dieser einen Klasse einen ziemlich massiven Ausbruch", sagt Rektor Georg Harbauer . Rund ein Dutzend Schüler sei positiv getestet, die die Klasse geschlossen nach Hause geschickt worden. Jetzt wird sie wieder per Videokonferenz unterrichtet. "Auch da haben die Lehrer ja mittlerweile Routine", sagt Harbauer.
Was er aktuell als größtes Problem sieht: dass einige seiner Schüler durch den monatelangen Distanzunterricht nicht gelernt hätten zu lernen. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bayern sieht Lernlücken als Problem und hat Kultusminister Michael Piazolo (FW) aufgefordert, "die Anzahl der Schulaufgaben und Proben und den Druck insgesamt durch Lehrplankürzungen offiziell zu reduzieren".