Seit drei Monaten muss sich ein 38-jähriger serbischer Ex-Fußball-Profi vor der 4. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt wegen des Vorwurfs verantworten, die Steuerung einer Cannabis-Plantage im Landkreis Rhön-Grabfeld übernommen zu haben. Hätte man zu Prozessbeginn neue Setzlinge angepflanzt, wären die jetzt vermutlich erntereif. Die "Ernte" für seine Tat, musste nun auch der Beschuldigte einfahren.
Viereinhalb Jahre muss der Mann, der seit elf Monaten in Untersuchungshaft sitzt, wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, hinter Gitter. Rechtsmittel sind möglich. Der Staatsanwalt hatte siebeneinhalb Jahre gefordert, die Verteidigung sah den Angeklagten auf eine reine Helferrolle reduziert und plädierte auf zwei Jahre Haft.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 38-Jährige keineswegs, und wie er an einem vorausgehenden Verhandlungstag glauben machen wollte, mehr oder weniger zufällig in die Rolle des "Plantagen-Aufsehers" geraten sei. Geldmangel und Perspektivlosigkeit im Hinblick auf seine nie in Fahrt gekommene Fußballerlaufbahn und nicht vorwärts kommende Trainer-Tätigkeit, hatte der 38-Jährige seinerzeit als Gründe angeführt, die ihn nach Deutschland führten. Blauäugig habe er an einen "Job in der Landwirtschaft" geglaubt, als er an den alten Dreiseithof in der kleinen Rhöngemeinde beordert wurde.
Lebensfremd: Jemanden "ohne Ahnung" zum Plantagen-Aufseher zu machen
Das alles sei lebensfremd, so der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung der Kammer. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass die Hinterleute 40.000 Euro in den Erwerb des betagten Gebäudes investieren, teure Umbauten vornehmen und kräftig in die Plantagen-Technik investieren, um dann jemanden, der keine Ahnung hat, alleinverantwortlich mit dem Betrieb der Cannabis-Plantage zu betrauen. Auch wenn der Angeklagte vermutlich eines der kleineren Rädchen im Betrieb der Bande gewesen sei, habe er von Anfang an gewusst, worauf er sich einlasse, so die Kammer.
Auch Chatnachrichten und die Zeugenaussage des Eigentümers des Hofes, der vor allem für die Elektrotechnik der Anlage zuständig war, und dessen eigenes Verfahren Ende November beginnt, ließen den Schluss zu, dass der Beschuldigte mit den Hinterleuten recht gut bekannt war und mutmaßlich schon auf anderen Plantagen der Bande "gärtnerische Erfahrungen" sammeln konnte.
Namen der mutmaßlichen Hinterleute sind bekannt
Dass diese Hinterleute, deren Identitäten dank der Zuordnung von Chatadressen und der Aussagen des Hofeigentümers inzwischen geklärt sind, auch eines Tages vor Gericht stehen, ist zumindest nicht ausgeschlossen. Am letzten Verhandlungstag wurden die Namen von fünf Männern, alle aus derselben Stadt in Serbien, bekannt gegeben.
Männer, die, wie die serbischen Behörden bestätigten, auch in ihrer Heimat im dringenden Verdacht stehen, in Drogengeschäfte verwickelt zu sein, bislang aber noch nicht festgenommen werden konnten. Darüber hinaus sollen sie an einem Laden, über den mutmaßlich Drogengelder gewaschen werden, beteiligt sein. "Langwierig und schwierig" werden die Ermittlungen gegen diese Männer sein, ließen die serbischen Behörden durchblicken.
Im Laufe des Verfahrens, das mit dem Urteil gegen den 38-Jährigen endete, wurde recht klar herausgearbeitet, wie das Räderwerk rund um die Cannabis-Plantage in der Rhön lief. Der 38-Jährige, der immer wieder mit dem Kopf schüttelnd und in sich zusammengesunken sein Urteil entgegennahm, war in der Nacht auf 1. Dezember 2021 als einziger in der Plantage vor Ort und wurde festgenommen. Nachdem Polizisten verdächtige Gerüche festgestellt hatten, war der Hof in jener Nacht durch ein Sondereinsatzkommando der Polizei gestürmt worden. 1651 fast erntereife Cannabispflanzen, die nach Ernte und Trocknung gut 50 Kilogramm Marihuana mit einem Marktwert von rund einer halben Million Euro ergeben hätten, waren sichergestellt worden.