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Schweinfurt
Cannabis-Plantage: Hofeigentümer gesteht und nennt vor Gericht die Namen der Hinterleute
Der Eigentümer des Dreiseithofs, der als Cannabis-Plantage bekannt wurde, muss sich vor Gericht verantworten. Wie aus Spielschulden ein Millionengeschäft wurde. 
Blick auf den Dreiseithof in einer Gemeinde im Landkreis Rhön-Grabfeld. Anfang Dezember 2021 entdeckte die Polizei dort eine Cannabis-Plantage mit 1651 Pflanzen. Es war wohl schon die fünfte Ernte, die in voller Blüte stand.
Foto: Ines Renninger | Blick auf den Dreiseithof in einer Gemeinde im Landkreis Rhön-Grabfeld. Anfang Dezember 2021 entdeckte die Polizei dort eine Cannabis-Plantage mit 1651 Pflanzen.
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:47 Uhr

Wie die Cannabis-Plantage in einem Dorf im Landkreis Rhön-Grabfeld aufgebaut und organisiert war und wer die Hinterleute dieser florierenden "Cannabis-Scheune" sind, all das lässt sich dem umfangreichen Geständnis des 44-jährigen Eigentümers des betagten Dreiseithofs entnehmen. Der muss sich jetzt wegen Beihilfe zum Drogenhandel und Drogenbesitz, beides in nicht geringer Menge, vor der 4. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt verantworten.   

Wie berichtet, wurde bereits vor einem Monat der 38-jährige Aufseher der Cannabis-Plantage zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Der serbische EX-Fußball-Profi wurde in seinen Verfahren für schuldig befunden, die Anlage und die Pflanzen gärtnerisch beaufsichtigt zu haben. Dieses Urteil war der Staatsanwaltschaft, die siebeneinhalb Jahre gefordert hatte, nicht genug, weshalb sie inzwischen Revision eingelegt hat.

Nun also das Verfahren gegen den Eigentümer, das aufgrund seines frühen Geständnisses rasch über die Bühne zu gehen scheint. Dabei stellt sich für das Gericht die Frage, ob der 44-Jährige ein Mitglied der Bande war, was sich deutlich strafverschärfend auswirken würde. Der 44-Jährige, der seit 2013 in Deutschland lebt und arbeitet, räumte alle in der Anklageschrift gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen ein. Demnach hat er ab 2018 bei Sportwetten viel Geld verloren. Um weiter spielen zu können, lieh er sich bei Bekannten in Serbien, die er schon seit Kindertagen und vom gemeinsamen Fußballspielen kennt, 10.000 Euro.

Wie aus 10.000 Euro Schulden schnell 25.000 Euro wurden

Die ließen sich ihr Darlehen "gut verzinsen", denn seine Schulden betrugen bald 25.000 Euro, die er nicht zurückzahlen konnte. Die "serbischen Freunde", von denen er auch wusste, dass sie mit Rauschgift zu tun haben, machten den Vorschlag, dass er seinen Beruf, er ist Elektriker, gewinnbringend im Cannabis-Anbau einsetzen und so seine Schulden abbauen könne. Der Anbau sollte erst im Keller der Wohnung, in der der Angeklagte mit Frau und Kind lebt, stattfinden. Doch diese Idee wurde rasch verworfen, ein Haus sollte her.            

Auf der Internet-Plattform "Ebay" fand man Ende 2020 den alten Dreiseithof in dem kleinen Ort in der Rhön. Der hatte alles, was es für den Cannabis-Anbau braucht – reichlich Platz, einige Nebengebäude, abgelegene Lage und günstig zu haben. 40.000 Euro wurden aus Serbien dem Beschuldigten überwiesen, der Kauf ging über die Bühne, der Angeklagte und seine Frau wurden als neue Eigentümer eingetragen, gewohnt haben sie dort nie.   

Anfang 2021 begann der Umbau. Nur am Rande für Wohnzwecke, sondern für den Cannabis-Anbau wurde vor allem die Scheune des Anwesens hergerichtet. Als am 30. November 2021 die Polizei nach einem Tipp und vorausgegangener Observierung das Anwesen stürmte, fand sie 1651 erntereife Cannabis-Pflanzen vor, die gut 50 Kilogramm Marihuana mit einem Marktwert von rund einer halben Million Euro ergeben hätten. Es wäre, wie der Angeklagte einräumte, bereits die fünfte Ernte in der technisch hochwertigen Anlage gewesen. Die Ermittlungsbehörden waren bisher von vier Ernten ausgegangen.      

Während dieser Zeit war der Beschuldigte stets zur Stelle, wenn etwas mit der ausgeklügelten Elektrik in der Cannabis-Scheune nicht stimmte oder ein Problem mit der Haustechnik auftrat. Über alle Ausgaben wurde fein säuberlich Buch geführt, denn sie mussten mit den serbischen Hinterleuten abgerechnet werden. Diese "Buchführung", oder auch mal eine Besorgungsfahrt, übernahm mitunter die 43-jährige Frau des Angeklagten, weshalb sie wegen Beihilfe zum Drogenhandel mit ihrem Mann auf der Anklagebank sitzt. Der Frau, die um die Spielschulden ihres Mannes wusste und ihm wohl aus der Misere helfen wollte, spielte aber auch in den Augen des Gerichts nur eine untergeordnete Rolle rund um die Cannabis-Plantage. Gleichwohl räumte sie alle in der Anklageschrift gegen sie erhobenen Vorwürfe ein.       

Rechtsanwalt: Mein Mandant hat Angaben gegen sehr gefährliche Leute gemacht

Rechtsanwalt Tomislav Duzel, der den Hofeigentümer verteidigt, gab zu bedenken, dass sein Mandant in seinem Geständnis und mit der Offenlegung der Namen der Hinterleute Angaben gegen sehr gefährliche Leute gemacht habe, was eine Rückkehr in seine Heimat, oder eine Abschiebung während der Haft sehr gefährlich erscheinen lasse. "Ihm ist es zu verdanken, dass die Hinterleute entlarvt sind." Mächtige Feinde, so sah es auch der Vorsitzende Richter, die sich der Beschuldigte da gemacht habe und die in Serbien immer noch relativ ungestört agieren können. Verständigungsgespräche zwischen den Parteien, mit dem Ziel, eine mehrjährige Haft im Zuge des Maßregelvollzugs in eine Therapie zu überführen, scheiterten aber am Veto des Staatsanwalts.      

Zu einer Therapie riet auch der psychiatrische Gutachter, der den Beschuldigten als einen Mann bezeichnete, dem es schwerfalle, Maß zu halten, der eine lange "suchtgesteuerte Biografie" habe. Das gelte für seinen Alkohol-, Cannabis- und Kokainkonsum und für seinen Hang zu Sportwetten.    

Dank der Geständnisse konnte die Beweisaufnahme schon am ersten Verhandlungstag abgeschlossen werden. Das Verfahren wird am Donnerstag, 1. Dezember, fortgeführt, dabei ist bereits mit den Plädoyers und einem Urteil zu rechnen. 

 
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