Mit früheren Zeiten, als die Stadthalle fast voll besetzt war, ist die Bürgerversammlung in Gerolzhofen nicht mehr zu vergleichen. Doch immerhin kamen am Montagabend knapp 80 Frauen und Männer – darunter fast der komplette Stadtrat – ins Pfarrer-Hersam-Haus. Das waren mehr als im vergangenen Jahr. Fast drei Stunden dauerte die Veranstaltung. Im Zentrum der Diskussion standen Dauerbrenner wie die Marktplatzgestaltung und die Baugrube am "Wilden Mann".
Eingangs gab Bürgermeister Thorsten Wozniak den Anwesenden einen Überblick darüber, wo die Stadt aktuell steht. Die Einwohnerzahl hat sich im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. 6883 Menschen hatten hier Ende 2022 ihren Hauptwohnsitz (davon 271 in Rügshofen), sechs weniger als Ende 2021 (Rügshofen: 252). Die Zahl der gemeldeten Nebenwohnsitze stieg im gleichen Zeitraum von 273 auf 330. 707 der Einwohnerinnen und Einwohner im Stadtgebiet hatten einen ausländischen Pass (2021: 640).
Die Zahl der Geburten lag vergangenes Jahr exakt gleichauf mit der im Jahr zuvor, bei 64. Doch es starben im Jahr 2022 mit 148 deutlich mehr Menschen als im Vorjahr, als 101 Todesfälle verzeichnet wurden. Die Gegenüberstellung der Zu- und Wegzüge im Jahr 2022 bestätigte einen Trend der Vorjahre: Die Zahl der Zuzüge lag mit 534 (2021: 437) deutlich höher als die Zahl der 454 Wegzüge (2021: 392).
Deutlich mehr Ein- als Auspendler
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in der Stadt erhöhte sich laut Bürgermeister geringfügig von 3468 im Jahr 2021 auf 3487 im vergangenen Jahr. Im Jahr 2011 waren es noch 2953 Arbeitsplätze. Signifikant blieb das Verhältnis zwischen den Menschen, die zur Arbeit nach Gerolzhofen einpendeln, und denen, die hier leben und auswärts arbeiten. 3000 Auspendlern standen im Vorjahr 2313 Einpendler gegenüber.
Nach einem Rückblick des Bürgermeisters auf abgeschlossene und gestartete Projekte und einem Ausblick folgte der Kern dessen, was eine Bürgerversammlung ausmacht: Die Diskussion der Bürgerinnen und Bürger mit dem Stadtoberhaupt. Gleich die erste Wortmeldung von Werner Gegner zielte – sprichwörtlich – ins Herz der Stadt. Für ihn besteht bei der Umgestaltung und Sanierung des Marktplatzes "absoluter Handlungsbedarf", und er wollte wissen, wann und wie damit begonnen wird.
Wozniak sagte, dass der Platz im Zentrum der Stadt weitgehend so gestaltet werden wird, wie es der Gewinner-Entwurf des Planungswettbewerbs vorsieht. Über manche Details, etwa die wassergebundene Oberfläche im Süden des Platzes, ließe sich noch reden. Je nachdem, wie Aufträge zu vergeben sind, rechne er damit, dass die Baumaßnahmen kommendes Jahr starten werden, die archäologischen Untersuchungen eventuell noch Ende dieses Jahres. An Kosten rechnet Wozniak mit bis zu zwei Millionen für die Oberflächengestaltung. Die Sanierung der Leitungen im Untergrund (Wasser, Kanal, Telefon) dürfte nochmals so viel kosten.
Hat die Stadt eine Bürgschaft verlangt?
Werner Gegner wollte auch wissen, wie es mit der Baugrube am Hotel "Wilder Mann" weitergeht. Betont vorsichtig, um keine vertraglich geschützten Interessen der Bauherrin, der Krapf Immobilien GmbH & Co. KG, zu verletzen, stellte Wozniak fest: Auf der Baustelle sei zuletzt augenscheinlich sehr wenig passiert. Die Stadt habe unter Umständen rechtliche Schritte gegen die Bauherrin eingeleitet, weil städtische Flächen (Gehweg, Pausenhof) betroffen sind. Grundsätzlich sei die eigentliche Baugrube aber Privatgrund und kein Einflussbereich der Stadt. Keine Angaben machte er mit Verweis auf Datenschutz auf eine Frage von Siegfried Bäuerlein, der wissen wollte, ob die Stadt eine Bürgschaft der Bauherrin für die Wiederherstellung der betroffenen städtischen Flächen hat.
Gerolzhofen habe auch im Bereich der Barrierefreiheit "sehr viele Baustellen", befand Herbert Kimmel. Er sprach den nicht behindertengerechten Zugang zur Bushaltestelle in der Nördlichen Allee, die fehlende Straßenquerung zum Busbahnhof in der Kolpingstraße und den nicht vorhandenen Behindertenbeauftragten der Stadt an. Der Bürgermeister sagte, dass Bauamt und Bauhof eine Aufgabenliste vorliege, die immer wieder beachtet werde. Er sicherte zu, den Stadtrat erneut über Einsetzung einer oder eines Behindertenbeauftragten entscheiden zu lassen.
Verzwickte Verhältnisse am Bahnübergang
Ebenfalls von Herbert Kimmel kam die Frage, wie und wann die Stadt gedenke, den Bahnübergang und den Fußweg zu den Einkaufsmärkten in der Frankenwinheimer Straße sicherer zu gestalten. Hierzu erklärte der Bürgermeister, dass der Bauhof hierzu "tolle Planungen" habe. Die Umsetzung scheitere bislang daran, dass es sich um eine Staatsstraße handle, für die die Stadt nicht zuständig ist. Zudem sei das Bahngelände Privatbesitz. Wenn es städtischer Grund wäre, dann wäre die Sache längst erledigt, meinte Wozniak.
Anwohner Josef Meyer wies darauf hin, dass die Schäden im Oberbau der Berliner Straße, im Bereich zwischen Wiebelsberger und Dingolshäuser Straße, den Winter über zugenommen hätten. Über die Straße fuhr vergangenes Jahr ein großer Teil des Ausweichverkehrs, als die B 286 wegen Bauarbeiten monatelang gesperrt war. Wozniak sicherte zu, die Schäden nochmals begutachten zu lassen. Bislang seien die Schäden als nicht so gravierend eingestuft worden, als dass hier größerer Handlungsbedarf zu erkennen gewesen sei, als andernorts, wo Straßen erheblich beschädigt sind.
Fragen zur Wasser- und Abwasserrechnung
Mangelhafte Kommunikation der Stadtverwaltung den Grundbesitzern gegenüber erkannte Hubert Rothenanger im Zusammenhang mit den verschickten Wasser- und Abwasserrechnungen für das zurückliegende Jahr. Dort war erstmals Niederschlagswasser einbezogen worden. Bürgermeister Wozniak verwies auf Informations- und Beratungsangebote, die es zur Berechnung des abfließenden Oberflächenwassers gegeben habe. Die Versiegelung der Grundstücke bei der Abwasserberechnung zu berücksichtigen, dazu sei die Stadt rechtlich verpflichtet.
Waltraud Kübler wünschte sich einen zusätzlichen Altmetallcontainer am Containerplatz in der Dr.-Georg-Schäfer-Straße, weil dort der Metallcontainer ständig überlaufe. Der Bürgermeister sicherte wenigstens zu, ein Schild aufstellen zu lassen, das auf den nächsten Containerplatz hinweist.
Auf seine Frage, wieso die Keltenstraße als Zufahrt zu den Baugebieten "Am Nützelbach II und III" letztlich viel breiter ausfallen soll als geplant und jetzt als "Autobahn" vorgesehen sei, erfuhr Rudolf Finster von Wozniak, dass mehr Abstand von Bach und Bäumen notwendig sei als gedacht und zudem ein Multifunktionsstreifen entstehen soll.