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Zeuzleben
"Unsere Kinder verpassen seit den Pfingstferien jede erste Stunde": Eltern im Landkreis Schweinfurt sind genervt
Eltern, deren Kinder von Zeuzleben nach Arnstein auf die Schule gehen, klagen über verspätete Busse. Schule und Schulamt versuchen derweil, die Situation zu deichseln.
Seit Wochen kommt es immer wieder zu Ausfällen und längeren Anfahrtszeiten auf Buslinien im Landkreis Schweinfurt. In Zeuzleben fährt der erste Bus aktuell erst um  8:20 Uhr ab.
Foto: Anand Anders | Seit Wochen kommt es immer wieder zu Ausfällen und längeren Anfahrtszeiten auf Buslinien im Landkreis Schweinfurt. In Zeuzleben fährt der erste Bus aktuell erst um  8:20 Uhr ab.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:26 Uhr

Annika Knaup kann es selbst kaum fassen, was sich seit Pfingsten auf dem Schulweg ihrer beiden Kinder zu ihrer Schule abspielt. Eigentlich sollten Toni (11) und Leonard (14) morgens pünktlich um acht Uhr in ihren Klassen an der Realschule Arnstein auf ihren Stühlen sitzen und in Ruhe lernen können. Seit Anfang Juni erreichen die beiden - wie viele andere Schülerinnen und Schüler, die aus Werneck, Zeuzleben oder Mühlhausen stammen und nach Arnstein wollen - ihre Schule aber erst 40 Minuten später. Und das täglich.

"Unsere Kinder verpassen seit den Pfingstferien jede erste Stunde am Tag", sagt Knaup, die sich wie viele andere Eltern im Landkreis in ihrem Frust an diese Redaktion gewendet hat. "Trotz Schulpflicht in Deutschland fehlt Ihnen insgesamt eine Woche Unterricht." Ausgerechnet in der Prüfungszeit, würde das viele Schüler und Eltern belasten.

Auf dem Nachhauseweg sieht die Situation ähnlich aus, erklärt Melanie Brenner aus Mühlhausen. Viele Kinder, die nachmittags aus der Schule kämen und nach Werneck müssten, würden aufgrund des langen Umwegs von fast einer Stunde schon in Zeuzleben aussteigen, um von dort aus zu Fuß oder per Fahrrad früher nach Hause zu gelangen. "Was, wenn da auf dem Nachhauseweg etwas passiert?", sagt Brenner.

Grund für die massiven Verspätungen sind hohe Personalausfälle im zuständigen Busunternehmen. Dieses kann einige Fahrten auf der betroffenen Linie 8134 Schweinfurt-Werneck-Arnstein seit längerem nicht mehr ausführen. Von Zeuzleben sind es zirka elf Kilometer nach Arnstein im Landkreis Main-Spessart. Dort schlägt auch Schulleiterin Elisabeth Stumpf dieser Tage die Hände über dem Kopf zusammen. 

Schule passt Unterricht an

"Ich habe mich sehr darüber geärgert", erklärt diese im Gespräch mit der Redaktion. Fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler auf der Schule in Arnstein kommen aus dem Landkreis Schweinfurt. 50 davon sind auf die betroffene Buslinie angewiesen und erscheinen seit Wochen regelmäßig zu spät zum Unterricht. Aufgrund des Notstandes fahre auf der Linie nur noch einer statt zwei Bussen, der für eine große Schleife um Werneck auch mehr Zeit für die Strecke hin und zurück benötige.

"Das ist eine Belastung, die man den Schülern und Kollegen auf Dauer nicht zumuten darf", bekräftigt Stumpf. Als Schule versuchen sie und ihre Kollegen, die negativen Folgen weitestgehend abzumildern und den Unterricht auf die Situation anzupassen, Fächer rotieren zu lassen oder wichtige Schulaufgaben in der zweiten Hälfte zu behandeln. Was die Buslinie angeht, sind der Rektorin die Hände gebunden.

Marcus Ramsteiner, Ministerialbeauftragter für die Realschulen in Unterfranken, erklärt gegenüber der Redaktion, dass es neben der Realschule Arnstein auch an einigen anderen Schulen im Landkreis Schweinfurt zu Verspätungen kommt. "Kurzfristig ist es personell und inhaltlich nicht zu stemmen", so Ramsteiner. Die Situation solle aber spätestens zu Beginn des neuen Schuljahrs gelöst werden. "Wir haben praktikable Lösungen gefunden, die bis zum Schuljahresende tragen, ohne dass ein Schüler in irgendeiner Form einen Nachteil hat", versichert Ramsteiner.

Landkreis nicht für Transport zuständig

Auch beim Landratsamt sei man unglücklich über die derzeitige Situation, erklärt Pressesprecher Andreas Lösch gegenüber der Redaktion. Als Aufgabenträger des ÖPNV muss das Landratsamt Schweinfurt zwar die Schulwegkostenfreiheit garantieren, ist jedoch letztlich nicht für den Transport der Schülerinnen und Schüler an sich zuständig. Dennoch sei man im direkten Kontakt mit dem Busunternehmen.

Der Landkreis, so Lösch, könne also weder als Verkehrsunternehmen auftreten noch Ersatzbusse organisieren. "Der Landkreis bedient sich lediglich an den vorhandenen Verkehrsmitteln", sagt Lösch. Dafür stellt der Landkreis seinen Schülerinnen und Schülern seit einigen Monaten das Deutschlandticket zur Verfügung. Lange Fahrtweg von bis zu 90 Minuten oder Wartezeiten von einer Stunde seien für einen begrenzten Zeitraum auf öffentlichen Linien rechtlich durchaus zumutbar.

Sollte an einem Ort dauerhaft, also für mehrere Monate, kein ÖPNV-Angebot und keine offizielle Linie vorbeiführen, erstattet der Landkreis den Bürgerinnen und Bürgern gegebenenfalls die privaten Anfahrtskosten von wenigen Kilometern. Allerdings nur bis zur nächstgelegenen offiziellen Linie, erklärt Lösch. Bewirbt sich ein Busunternehmen auf eine Linienausschreibung des Landkreises, erteilt die Regierung von Unterfranken nach einer Prüfung die Genehmigung dafür, allerdings nur, wenn das Busunternehmen aus Sicht Regierung die nötigen Voraussetzungen erfüllt.

Regierung und Landratsamt wollen ÖPNV neu organisieren

Die Regierung von Unterfranken, welche die Liniengenehmigungen vergibt, erklärt auf Anfrage der Redaktion, dass das ausführende Verkehrsunternehmen einer Betriebspflicht unterliegt und die zugesagte Verkehrsbedienung laut Fahrplan über die gesamte Laufzeit im zugesagten Umfang erbringen muss. Konzessionen haben Laufzeiten zwischen vier und zehn Jahren. In den vergangenen Jahren bediente das betroffene Busunternehmen den Verkehr immer zuverlässig, bekräftigen die Behörden.

Dennoch halte man den aktuellen Zustand für unhaltbar, erklärt Regierungssprecher Johannes Hardenacke. Busunternehmen, Regierung und Landratsamt arbeiten hierfür gemeinsam an einer Lösung und wollen den Verkehr deshalb grundlegend und vor dem regulären Ablauf der Konzessionen zum 31. Mai 2024 neu strukturieren. Anfang nächster Woche startet der Landkreis ein entsprechendes Ausschreibungsverfahren.

"Ziel ist es, ab Beginn des kommenden Schuljahres 2023/2024 die betroffenen Verkehre durch den Landkreis Schweinfurt neu zu vergeben, sodass der gewohnte Fahrplan wieder eingehalten werden kann", erklärt Michael Graber, Nahverkehrsbeauftragter für Stadt und Landkreis Schweinfurt. Eines - da sind sich Eltern, Behörden und Busunternehmen einig - dürfe sich jedenfalls nicht einstellen: Ein Dauerzustand, der auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird.

 
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