
Horrende Heizkosten und fehlende Barrierefreiheit waren einmal die drängendsten Probleme der St. Anton Kirche in Schweinfurt. Besonders die fehlende Barrierefreiheit trug dazu bei, dass immer weniger Menschen die Gottesdienste besuchten. Deshalb diskutierte die Gemeinde ab 2012 über verschiedene Möglichkeiten, wie man die Probleme beheben könnte: Sanierung, Verkleinerung des Kirchenraums und sogar ein kompletter Abriss standen zur Debatte.
Nachdem man jedoch herausfand, dass die Kirche bereits 2008 zum Baudenkmal erklärt worden war, war der Abrissgedanke vom Tisch. Die Entscheidung nun: ein Umbau der Kirche. Der Kirchenraum bekam zusätzliche Wände und Böden eingezogen und wurde so von 700 auf 200 Plätze verkleinert. Nach dreijährigem Umbau, bei dem zusätzliche Räumlichkeiten entstanden sind und sogar das tonnenschwere Portalfenster versetzt wurde, ist 2022 ein kirchlich-soziales Begegnungszentrum entstanden: das "Casa Vielfalt".
Hier findet man neben der Kirche unter anderem die Caritas, die Flüchtlings- und Integrationsberatung, den Sozialpsychiatrischen Dienst und die Kindertagesstätte St. Anton. Das neue "Café Charisma" lädt zum Verweilen ein und bietet Menschen mit psychischer Erkrankung eine Zuverdienst-Möglichkeit. Dieses innovative Konzept komme gut in der Gemeinde an, erzählt Diakon Joachim Werb, der Gemeindeleiter von St. Anton.
Am Anfang stand die Frage: Was brauchen Gläubige heute?
"Ich mache immer wieder Kirchenführungen und die Mehrheit der Besucherinnen und Besucher empfindet den Umbau als absolute Bereicherung." Im Kirchenraum würden sie vor allem die neue Helligkeit und die Sitzmöglichkeiten loben, die es wieder schön machten, dort zu feiern. Werb ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis des Umbaus und freut sich darüber, dass die Gemeinde nun neue Wege gehen kann, wie er sagt.

Auch die verantwortlichen Architektenbrüder Christian und Peter Brückner aus dem Architekturbüro "Brückner & Brückner" empfinden das Umbauergebnis als Erfolg. "Unsere Vision war, den Ort wiederzubeleben und mithilfe der Architektur ein bisschen dazu beizutragen. Das ist uns gelungen", erzählt Christian Brückner.
Das Umbauprojekt bezeichnet er als eine "wunderbare Reise", zu deren Anfang sie sich die Fragen gestellt hätten, wie man Kirche im 21. Jahrhundert darstellt und was Gläubige heute brauchen. Um das herauszufinden, hätten sie sich mit vielen Menschen unterhalten und intensiv mit dem Ort auseinandergesetzt. Dabei sei zunehmend die Idee zu einer kirchlich-caritativen Nutzung entstanden. Den anschließenden Bauprozess empfand er als eine spannende Herausforderung.
"Es war ein besonderes Gefühl, nach den alten Baumeistern der Erste zu sein, der wieder Hand an das Gebäude legt. Wir wollten seine Geschichte fortschreiben, indem wir in die Bauelemente der Vergangenheit neue einfließen ließen, sodass es wirkt, als hätte St. Anton schon immer so ausgesehen", erklärt Brückner. Die Umsetzung ist ihnen sogar so erfolgreich gelungen, dass die Kirche in die diesjährigen bayerischen Architektouren aufgenommen wurde.
Architektenführung durch St. Anton im Zuge der bayerischen Architektouren
Dabei handelt es sich um eine jährlich stattfindende Leistungsschau, bei der man verschiedene bayerische Projekte der Außen-, Innen- und Landschaftsarchitektur sowie Stadtplanung besichtigen kann. Unter dem Motto "Architektur verwandelt" werden dieses Jahr 218 Projekte gezeigt, zu denen die Architektinnen und Architekten vor Ort einen Einblick in den Entstehungsprozess und die Bauabwicklung geben.

Vor allem als Gläubiger sei es schön, zu sehen, dass dieser innovative kirchlich-caritative Raum gesehen und gewürdigt wird, sagt Brückner, und fügt lachend an: "Und natürlich ist es toll zu zeigen, dass es auch außerhalb Münchens besondere Architektur gibt."
Eine Führung durch die neugestalteten Räumlichkeiten der St. Anton Kirche findet am Samstag, 24. Juni, von 13 bis 14 Uhr oder 14.30 bis 15.30 Uhr statt. Informationen zum weiteren Programm der Architektouren gibt es auf der Website der Bayerischen Architektenkammer byak.de.