Es ist ein massiver Einschnitt in die medizinische Versorgung der Region: Das Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt soll zum Jahresende aus finanziellen Gründen geschlossen werden. Ein Schock, auch für die 800 Beschäftigten der von der Kongregation der Erlöserschwestern geführten Klinik. Sie werden ihren Arbeitsplatz verlieren.
Auf was müssen sie bei den Kündigungen und ihrem weiteren Arbeitsweg achten? Heiko Weidenthaler, Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht in Bad Kissingen, erklärt, was wichtig ist. Kernaussage des 53-jährigen Juristen: Jetzt kommt es auf die Mitarbeitervertretung von St. Josef an.
Heiko Weidenthaler: Sobald die Beschäftigten die Kündigung erhalten haben, sollten sie sich unverzüglich bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitssuchend melden. Der zweite Schritt wäre, sich zu überlegen, ob man gegen die Kündigung vorgehen will – also, ob man eine Kündigungsschutzklage erhebt. Das muss innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung durch Klage zum Arbeitsgericht erfolgen.
Weidenthaler: Man muss ehrlicherweise sagen, dass diese Schließung eine unternehmerische Entscheidung ist, die vom Arbeitsgericht nicht überprüft werden kann. Wenn diese Entscheidung endgültig ist, dann wäre das ein betriebsbedingter Grund für die Kündigungen. Da sieht es also nicht sehr rosig aus. Aber: Es sind auch formale Sachen zu berücksichtigen. Vor jeder Kündigung muss die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß angehört werden. Außerdem muss aufgrund der Mitarbeiterzahl von St. Josef eine Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit eingereicht werden – und zwar vor Ausspruch der Kündigungen. All diese Formalien müssen eingehalten werden. Ansonsten sind die Kündigungen bereits formal unwirksam.
Weidenthaler: Weit unter hälftig. Denn ich gehe davon aus, dass zu dieser Betriebsschließung schon entsprechende Beschlüsse vorliegen. Ob dann formale Fehler vorliegen, das kann man derzeit nicht beurteilen. Ich gehe davon aus, dass St. Josef auch anwaltliche Beratung hat und sich im Vorfeld begleiten ließ, um solche formalen Fehler zu vermeiden.
Weidenthaler: Das würde jetzt nicht mehr helfen, denn bei einer solchen Versicherung hat man eine Wartezeit von drei Monaten. Wenn jetzt die Kündigungen erfolgen, würden sie genau in diese Wartezeit fallen. Es gibt in diesem Bereich übrigens keine Sammelklagen. Jeder muss allein vor dem Arbeitsgericht klagen. Jede Partei trägt allerdings in der ersten Instanz ihre Anwaltskosten selbst – egal, wer gewinnt. Das ist eine Besonderheit bei arbeitsgerichtlichen Verfahren.
Weidenthaler: Bei Kündigungsschutzklagen werden drei Brutto-Monatsgehälter als Gegenstandswert herangezogen. Daraus errechnen sich die Anwaltsgebühren. Ganz grob: Bei einem Durchschnittsverdiener können das für die erste Instanz 1800 bis 3000 Euro sein, inklusive Mehrwertsteuer. Dieses Geld müssen die Betroffenen also allein aufbringen. Es gibt zwar die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe, aber das greift erst ab Sozialhilfeniveau.
Weidenthaler: Wer dort Mitglied ist, hat kostenlosen Rechtsschutz über den DGB-Rechtsschutz.
Weidenthaler: Die Hürden sind bei betriebsbedingten Kündigungen für den katholischen Arbeitgeber genauso hoch wie für einen weltlichen. Bei den Kündigungsfristen gibt es aber ein paar Unterschiede. Im kirchlichen Bereich gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien, kurz AVR. Sie geben andere Fristen vor, nämlich Kündigungen zum Quartalsende und nicht wie sonst zum Monatsende. Die AVR regeln auch, dass jemand nach 15 Jahren Dienst und ab Lebensalter 40 ordentlich unkündbar ist. Bei Betriebsschließungen gilt das aber nicht.
Weidenthaler: Die Mitarbeitervertretung eines kirchlichen Betriebs wie St. Josef kann verlangen, dass bei Betriebsschließung ein solcher Sozialplan abgeschlossen wird. Sie hat also durchaus Macht. Ein Sozialplan hat den Sinn, dass sich alle Beteiligten zusammensetzen und klären, wie die Nachteile der Schließung für die Mitarbeiter so gering wie möglich gehalten werden können. Über einen Sozialplan können zum Beispiel Abfindungen festgelegt oder Beschäftigungsgesellschaften gegründet werden, um Mitarbeiter noch eine gewisse Zeit weiterzubeschäftigen.
Weidenthaler: Genau. Ich bin mir sicher, dass die Mitarbeitervertretung von St. Josef einen Sozialplan anstreben wird.
Weidenthaler: Sie ist wie jeder andere Arbeitgeber auch. Natürlich vertritt die Kirche ihre Rechte. Es gibt bei betriebsbedingten Kündigungen keine Unterschiede zu Klagen zum Beispiel gegen Schaeffler oder ähnliche Unternehmen. Das mit der Nächstenliebe ist schwierig, denn es geht schlicht und einfach um eine Schließung. Die Kirche ist keine unfaire Arbeitgeberin. Man muss mit Blick auf St. Josef eben sehen, dass das Kliniksterben momentan umgeht. Das halte ich für ein großes Problem.
Weidenthaler: Wenn die Arbeitnehmer das mitmachen, ginge das sofort. Sie sollten dann darauf achten, wie die Bedingungen sind. Also zum Beispiel, inwieweit die Betriebszugehörigkeit bei St. Josef anerkannt wird. Wenn beide Seiten mitmachen, kann man alles vereinbaren. Hier gilt die Vertragsfreiheit.