Lautstark bahnt sich die Baggerschaufel ihren Weg durch das historische Mauerwerk. Innerhalb weniger Minuten ist von dem etwa acht Meter langen und drei Meter hohen Stück der Schweinfurter Stadtmauer nicht mehr als ein Haufen Steine geblieben. Die Mitte dieses Jahres begonnene Sanierung des Schweinfurter Stadttheaters schreitet weiter voran – das Stück Stadtmauer musste dafür weichen.
Im Zuge der Sanierung soll auf dem bislang unbebauten Gelände zwischen dem Theatergebäude und der Neutorstraße beziehungsweise der Straße An den Schanzen ein zweigeschossiger Anbau plus Untergeschoss entstehen. Dass beim Ausheben der Baugrube Teile der alten Stadtmauer freigelegt wurden, kam für die Stadt Schweinfurt als Bauherrin dabei nicht überraschend, sagt Ralf Brettin, Baureferent der Stadt Schweinfurt.
"Uns war bekannt, dass dieses Stück Mauer existiert und, dass wir an dieser Stelle darauf treffen werden. Insofern war das kein Überraschungsfund", sagt er. Die Existenz und den Verlauf des Mauerwerks hätten erste Voruntersuchungen bereits 2019 zutage gefördert. Doch welche Auswirkungen hat das auf die Sanierung?
Keine sinnvolle Einbindung der Mauer in das Baukonzept gefunden
Verzögerungen in der Bauphase sind laut Brettin nicht zu erwarten. Da der Verlauf der Mauer bereits vor Baubeginn bekannt gewesen sei, seien notwendige Maßnahmen im Zeitplan berücksichtigt worden. Auch in die Kostenschätzung hätten diese bereits Eingang gefunden. Bezogen auf das Gesamtvolumen seien die Kosten für Dokumentation und Abriss der Mauer "aber sicher von untergeordneter Bedeutung", so der Baureferent.
Das betreffende Stück Mauer war Teil der 1648 während des Dreißigjährigen Krieges errichteten barocken Verteidigungsanlage der Stadt und verlief bislang weg von der Neutorstraße in Richtung Theatergebäude. Intakt sei die Mauer an dieser Stelle aber bereits vor Beginn der Bauarbeiten nicht mehr gewesen, sagt Lea Baier, Mitglied der städtischen Projektleitung. "Beim Bau des Theaters in den 60er-Jahren wurden schon einmal Teile der Mauer entfernt", sagt sie.
Den aktuellen Bauplänen habe nun jedoch auch der Teil der Mauer im Wege gestanden, der bislang vom Bau des Theaters unberührt geblieben war. Die Folge: Ein weiteres, rund acht Meter langes Teilstück musste weichen. Zwar habe es durchaus Überlegungen gegeben, den Abschnitt der Stadtmauer zu erhalten und ähnlich wie in der Schweinfurter Kunsthalle in das Gebäude zu integrieren, diese seien letztlich jedoch verworfen worden, sagt Hans Hatos, Leiter der Sanierungsstelle der Stadt Schweinfurt.
Mauersteine sollen eingelagert und wiederverwendet werden
Die Mauer liege derart ungünstig, tief und zudem schräg mitten im Baufeld, dass sich keine sinnvolle und zugleich wirtschaftlich vertretbare Lösung gefunden habe, sie in das Baukonzept zu integrieren, so Hatos. Als Voraussetzung, um das Mauerwerk abreißen zu dürfen, sei es nun von einer Fachfirma freigelegt und fotografisch und in Berichten dokumentiert worden. Zudem sei während der Arbeiten ein Archäologe vor Ort gewesen. "Das passiert alles in Absprache mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege", sagt Ralf Brettin.
Ganz verschwinden solle die Mauer jedoch nicht. "Die Steine werden jetzt erst einmal auf einer Fläche der Stadt eingelagert", sagt Lea Baier. Was genau mit ihnen passieren soll, stehe noch nicht fest. Grundsätzlich sei etwa denkbar, sie für den Erhalt der noch vorhandenen Stadtmauer zu nutzen. "An der Stadtmauer gibt es immer mal wieder Schäden, die ausgebessert werden müssen", sagt Baier, "dafür könnte man dann in Zukunft die originalen Steine verwenden."
Die Stadt und Region braucht nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich in Zukunft keine alten Mauern, sondern neue Brücken...