Als die Umweltbildungsstätte in Oberelsbach im Juni 2012 vom damaligen Umweltminister Marcel Huber offiziell eröffnet wurde, blickte mancher mit etwas Skepsis darauf, wie sich das "Jahrhundertwerk für Oberelsbach" entwickeln würde. Immerhin lagen die Baukosten bei stolzen 5,45 Millionen Euro. In wenigen Wochen wird die Einrichtung in dem markanten Gebäude zehn Jahre alt. Zeit, auf die Entwicklung zurückzublicken und vor allem auch darauf zu schauen, wie die Umweltbildungsstätte bislang durch die Corona-Pandemie gekommen ist.
Was bietet die Umweltbildungsstätte?
In der Umweltbildungsstätte stehen 32 Doppel-/Dreibettzimmer
sowie zwei behindertengerechte Zimmer und zwei Familienzimmer mit insgesamt 72 Betten zur Verfügung. In dem barrierefreien Gebäude befinden sich fünf Tagungsräume mit unterschiedlichen Größen. Die Küche bietet biozertifizierte Vollverpflegung mit regionaler Kost und vegetarischem Gerichten an.
Das Bildungsangebot der Umweltbildungsstätte umfasst inzwischen mehr als 50 Module mit dem Biosphärenreservat Rhön als Schwerpunkt. Besuchergruppen können sich hier ein Programm aus verschiedenen Bereichen wie Ernährung und Landwirtschaft, Wald und Holz oder Mensch, Natur und Umwelt zusammenstellen. Die einzelnen Module werden von Bildungspartnern vor Ort, zum Beispiel von Bauern auf deren Hof oder von Fachleuten in der Natur gestaltet.
Wie wird das finanziert?
Markus Söder machte es noch als bayerischer Umweltminister möglich: Nach einer 2009 beschlossenen Kostenverteilung für die Umweltbildung übernimmt das Umweltministerium 90 Prozent der Kosten, zehn Prozent tragen die Landkreise Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen sowie die Gemeinden Oberelsbach, Wildflecken und Fladungen. Daneben fallen natürlich auch Einnahmen durch Übernachtungsgebühren an.
Wie lief der Betrieb der Umweltbildungsstätte an?
Im Rest des Eröffnungsjahres 2012, so resümiert Bernd Fischer, der das Haus seit Beginn an als Geschäftsführer leitet, habe man vor allem Aufbau- und Öffentlichkeitsarbeit geleistet. Im Jahr 2013 sei das Haus dann schon relativ gut belegt gewesen. Zudem habe man es auf Messen vorgestellt und bundesweit bekannt gemacht.
Wie ging es dann weiter?
Ab 2014, so Fischer, habe es dann "gebrummt". Aus dem ganzen Bundesgebiet seien Gruppen nach Oberelsbach angereist. Mit jeweils um die 12.500 Übernachtungen pro Jahr habe man bei der Belegungsquote über dem bundesweiten Schnitt von Seminarhäusern gelegen. Bis auf die Wintermonate Dezember und Januar, in denen die Nachfrage allgemein gering ist, sei man an die Auslastungsgrenzen gestoßen. Um sich Plätze zu sichern, hätten verschiedene Einrichtungen Buchungen über vier oder fünf Jahre im Voraus getätigt.
Wie verlief das erste Corona-Jahr?
Die ersten Auswirkungen der Corona-Pandemie zeigten sich am 12. März 2020. An diesem Tag wollten 150 Mitglieder des Wanderverbands Bayern ihre Hauptversammlung in Oberelsbach abhalten. Die ersten waren schon angereist, als die Veranstaltung wegen Corona abgesagt wurde. Wenige Tage später folgte der erste Lockdown und somit die Zwangsschließung bis Ende Mai. Am 1. April begann für 17 Mitarbeiter die Kurzarbeit. Wenige Tage später folgte die Absage aller Schülerfahrten, die dann letztlich bis Februar 2021 verlängert wurde.
Ein umfassendes Hygienekonzept wurde erarbeitet, als dann ab Juni die ersten Gruppen wieder kamen. Über den Sommer stiegen die Belegungszahlen wieder, bis im Oktober Angela Merkel von allen unnötigen Reisen abriet. Ab November folgte der nächste Lockdown für die Einrichtung.
Was waren die Herausforderungen 2021?
Bis April des Jahres musste die Umweltbildungsstätte geschlossen bleiben. Ab Mai konnte das Team um Bernd Fischer wieder durchstarten. Allerdings setzte das Kultusministerium alle Schulfahrten bis zu den Sommerferien aus. Nach Sommermonaten mit guten Belegungszahlen folgte im Oktober die nächste Corona-Welle. Wieder wurde das öffentliche Leben weitgehend heruntergefahren. Mögliche Gäste waren verunsichert, eine neue Welle von Stornierungen war die Folge.
Folgt jetzt der Neustart 2022?
Zunächst sah es nicht so aus. An den 10. Januar hat Bernd Fischer keine guten Erinnerungen. An diesem Tag blies das Kultusministerium Schulfahren ab. Er saß alleine im Büro und musste 1700 Übernachtungen stornieren. Von da an bis März war wieder Kurzarbeit angesagt. Allmählich aber bevölkern wieder Familiengruppen und Studiengruppen von Universitäten die Räumlichkeiten.
Und die gute Nachricht: Vom 25. April bis November sei die Umweltbildungsstätte schon weitgehend ausgebucht, so Fischer. Er hofft nun, dass nicht wieder "ein Schlag" im Herbst die positive Entwicklung stoppt.
Wie hat sich Corona wirtschaftlich ausgewirkt?
Im ersten Corona-Jahr brachen die Übernachtungszahlen um 75 Prozent auf etwa 3700 ein, 2021 wurden 5700 Übernachtungen und damit 50 Prozent eines normalen Jahres registriert. Dank der Einnahmen aus diesen Übernachtungen, der Einsparungen durch Kurzarbeit und Soforthilfen sowie der vertraglich geregelten Förderung von Kommunen und Umweltministerium ist die Umweltbildungsstätte wirtschaftlich einigermaßen unbeschadet durch die Pandemie gekommen, so Fischer.
Konnten die Schließungszeiten genutzt werden?
"Wir haben Themen, für die sonst keine Zeit ist, angegangen", so der Geschäftsführer. Ein inzwischen ausgezeichneter Podcast zu den Themen Biosphärenreservat und Umwelt mit verschiedenen Gästen wurde ins Leben gerufen, ein interaktives Angebot für Kinder entwickelt und verschiedene Module des Bildungsangebots überarbeitet und neue entwickelt. Als Beispiele nennt Fischer hier einen Kurs mit einem Brot-Sommelier oder das Themenfeld Alltagskompetenz.
Wie sieht das bisherige Corona-Fazit aus?
Für Bernd Fischer hat Corona "nichts Positives" mit sich gebracht. Es sei eine nervenaufreibende und sehr anstrengende Zeit gewesen. Nicht zuletzt wegen ständig geänderter Vorschriften und Regularien. Was er besonders bedauert, ist, dass vor allem Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit auf der Strecke geblieben seien. Nicht nur, dass ihnen inhaltlich nichts vermittelt werden konnte, ihnen sei auch das gemeinschaftliche Erleben, das Klassenfahrten mit sich bringen, entgangen.
Wie geht es mit dem Rhöniversum weiter?
Das ist eine Frage, die Fischer gerne beantworten möchte, aber nicht kann. Für ihn hat der Zusammenschluss der drei Rhöner Umweltbildungseinrichtungen Thüringer Hütte, Bauersberg und Oberelsbach unter dem Namen "Rhöniversum" für alle Beteiligten so manche Vorteile und eine positive Außenwirkung gebracht. Entsprechend bedauert er, dass die Diözese Würzburg die Thüringer Hütte zum Jahreswechsel geschlossen hat, und hofft, dass jemand die Einrichtung übernimmt, der an dem Verbund festhält. Wichtig wäre ihm auch, dass sich eine Lösung für die Sanierung und den weiteren Betrieb des Schullandheims am Bauersberg findet.
Wie wird das Jubiläum gefeiert?
Zehn Jahre Umweltbildungsstätte Oberelsbach wird unter anderem am 26. Juni mit einem Tag der offenen Tür gefeiert. Von 10 bis 18 Uhr werden dort verschiedene Bildungspartner wie der Rhönschäfer Josef Kolb zu erleben sein. Dazu sind Vorträge über den Sternenpark oder die Arbeit der Ranger vorgesehen. Natürlich gibt es auch Livemusik und ein breites Angebot an bioregionaler Verpflegung.