Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner nennt ihn das "Zukunfts-" und "Leuchtturmprojekt" Bad Neustadts "mit Strahlkraft weit über die Stadtgrenzen hinaus": den Umbau der Alten Amtskellerei, auch Fronhof genannt, zu einem kulturellen Zentrum. Doch das Vorhaben ist aufgrund der hohen Kosten in Stadtrat und Bevölkerung nicht unumstritten.
Eine Bürgerinfoveranstaltung in der Stadthalle am Mittwoch, 22. November, ab 19.30 Uhr (Einlass 19 Uhr) soll interessierte Bürger über den aktuellen Stand informieren: Was bislang bezüglich des Projekts bekannt ist und welche Fragen offen sind.
1. Was macht die Alte Amtskellerei so besonders?
Die Alte Amtskellerei ist das vermutlich historisch älteste Gebäude der Stadt Bad Neustadt. Der älteste Gebäudeteil, das sogenannte Hohe Haus, ist durch Schriftquellen und bautechnische Untersuchungen in die Mitte des 14. Jahrhunderts zu datieren. Besonders spannend: Das Gebäude ist nicht nur alt, sondern, wie es der frühere Kreisheimatpfleger aus Heustreu, Stefan Kritzer, 2007 in einem Vortrag formulierte, auch "geheimnisumwittert". Als Gefängnis war es über Jahrzehnte für Bad Neustadts Bürger ein "verschlossener Ort".
2. Fronhof, Alte Amtskellerei oder altes Gefängnis – weshalb die vielen Namen?
Alle drei Namen gelten demselben Gebäudekomplex. Zurück gehen sie auf die historisch unterschiedlichen Nutzungen des Areals. Der Name Fronhof bezieht sich vermutlich auf einen Vorläufer des Gebäudes, der bereits zu Zeiten der urkundlichen Ersterwähnung Bad Neustadts (1232) an dieser Stelle oder in unmittelbarer Nähe gestanden haben muss, so Stefan Kritzer. Der Begriff Fronhof bezeichnet das Zentrum eines mittelalterlichen Gutshof-Verbandes, auf dessen Grundlage dann, laut Urkundenerwähnung, spätestens 1324 eine Amtskellerei entstand.
Die Amtskellerei war der Amtssitz des Bischofs von Würzburg in der Stadt Bad Neustadt. Bischöfliche Beamte verwalteten dort Abgaben und Steuern für ihren Landesherren. Der ansässige Amtskeller war zudem Vorsitzender im Stadtgericht. Ab dem Jahr 1814 wurde die Amtskellerei Stück für Stück in ein Gefängnis umgebaut, eine Nutzung, die bis 1996 andauerte.
3. Wie wird die Alte Amtskellerei aktuell genutzt?
Ab Ende der 1990-er Jahre versuchten zwei Investoren den Fronhof als Wohnkomplex zu entwickeln. Doch diese Vorhaben scheiterten. 2016 kaufte die Stadt Bad Neustadt die Alte Amtskellerei, 2019 das direkt anschließende, zweigeschossige Gebäude, Storchengasse 8. Ziel der Stadt ist es, das Areal unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes öffentlich zu nutzen. Aktuell ist eine Wohnung im Areal vermietet. Der Großteil des Komplexes aber steht seit rund 25 Jahren leer. Der Innenhof wird als Parkplatz genutzt.
4. Weshalb führt in den Augen der Stadt an einer Nachnutzung des Gebäudes kein Weg vorbei?
Die Stadt Bad Neustadt habe sich entschieden, das historisch älteste Gebäude der Stadt zu übernehmen und deshalb auch "eine gewisse Verantwortung dafür", so Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner in einem Gespräch zur Zukunft des Fronhofs im Juli dieses Jahres.
5. Was spricht für ein Kulturzentrum in der Alten Amtskellerei?
Eine dezidierte Meinung zur städtebaulichen Bedeutung des Gebäudes hat auch Stadtbaumeister Michael Wehner: War einst der Handel Hauptanziehungspunkt für Innenstädte, habe sich das inzwischen gewandelt. Ergänzt werden müsse ein florierender Handel durch die Bereiche Wohnen, Gastronomie und Kultur. Ein Kulturzentrum im Fronhof visioniert Wehner "als neuen Frequenzbringer" für Bad Neustadts Innenstadt.
Das neu zu errichtende Kulturzentrum könne als "Labor und Forum für aktuelle Fragestellungen der Stadtgesellschaft fungieren und den Austausch zwischen Fachleuten und Laien ermöglichen", positionieren sich Kreisheimatpflegerin Sabine Fechter, Stadtbibliotheks-Leiterin Claudia Scheler und Petra Wolters, die als Museologin zuständig für die Entwicklung des Museumskonzepts ist, im aktuellen Heimatjahrbuch für ein kulturelles Zentrum im Fronhof.
6. Wie entstand die Idee, die Amtskellerei zum kulturellen Zentrum umzubauen?
2018 wurde unter dem damaligen Bürgermeister Bruno Altrichter eine Steuerungsgruppe bestehend aus Mitgliedern der Stadtratsfraktionen, der Verwaltung und dem damaligen Geschäftsstellenleiter Michael Weiß beauftragt, ein Nutzungskonzept zu erarbeiten. Aus verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten kristallisierten sich im Laufe der Zeit die inhaltlichen Schwerpunkte Museum und Stadtbibliothek heraus, die durch eine gemeinsame Kommunikationszone verbunden werden sollten. Auch ein Café und Veranstaltungsräume sollten dort Platz finden. 2019 schrieb die Stadt auf Grundlage des erarbeiteten Nutzungskonzepts einen Architekturwettbewerb aus.
7. Welche Sanierungsidee gewann?
16 Entwürfe wurden beim Architekturwettbewerb eingereicht, im Januar 2020 belegte das Erfurter Architekturbüro BuruckerBarnikol den 1. Platz. Leitidee des eingereichten Entwurfs war der mit einem Glasdach eingeschossig überdachte Innenhof, darunter eine multifunktionale Kommunikationszone mit Eingangsfoyer, Veranstaltungsraum und Café. Getrennt voneinander besuchbar wären von dort aus die Bereiche Museum und Bibliothek.
8. Was ist seit dem Architekturwettbewerb passiert?
Neben Schülerbefragungen fanden drei öffentliche Führungen durch den Gebäudekomplex statt. Sabine Fechter, Claudia Scheler und Petra Wolters erarbeiteten für Museum und Stadtbibliothek im Fronhof im Detail Konzepte.
9. Was könnte eine Sanierung kosten?
Die Kosten und die Höhe der möglichen Fördersumme dürften der Knackpunkt werden, der über eine Realisierung entscheidet. Seit dem Architekturwettbewerb schwirrte immer wieder eine Gesamtsumme von insgesamt 16,8 Millionen Euro durch Bad Neustadt. Berücksichtigt man die aktuellen Kostensteigerungen, wäre es überraschend, sollte der Betrag niedriger liegen.
Verwaltung und Stadtrat dürften es inzwischen genauer wissen: Nicht öffentlich wurde jüngst schon informiert, am Mittwoch in der Stadthalle wird nun auch die Öffentlichkeit in puncto Kosten auf den neuesten Stand gebracht.
10. Wie viel Geld wurde bereits investiert?
Über 250.000 Euro dürften allein für die Kostenermittlung des Gesamtprojekts ausgegeben worden sein, rechnet man die Auftragsvergaben an Fachplaner zusammen. Öffentlich nicht bekannt ist, wie viel die Stadt der Kauf des Fronhofs 2016 und der Storchengasse 8 in 2019 kostete.
11. Welche Alternativen wurden bislang laut angedacht?
Neben der gescheiterten Entwicklung hin zu einem Wohnkomplex schlug beispielsweise Leserbrief-Schreiber Erwin Gruber im Mai dieses Jahres ein Seniorenheim als Alternative vor.
Stelle sich heraus, dass das aktuell geplante Projekt mit Museumsteil deutlich mehr kostet als erwartet, müssten laut Bürgermeister Werner "Alternativvorschläge" gemacht werden, sagte er im Gespräch mit dieser Redaktion im Juli dieses Jahres. Dann könnte diskutiert werden, ob man das Gebäude ohne Museum plant, erklärte Werner damals. Unabhängig von einem Museum sah er den Umzug der Stadtbücherei in das Gebäude als "optimal" an. "Und wenn man den kulturellen Bereich eventuell anders aufbaut, mit weniger Museum und mehr Multifunktionsbereich, den auch Vereine nutzen können, hätten wir auch etwas gekonnt", warf das Stadtoberhaupt mögliche andere Überlegungen für eine Begegnungsstätte in den Raum.
12. Was erwartet die Bürger bei der Info-Veranstaltung in der Stadthalle am Mittwoch?
Laut Stadtbaumeister Wehner werde der aktuelle Sachstand vorgestellt. Inzwischen liege nicht nur eine Kostenschätzung vor. Das Gebäude sei auch statisch und schadstoffmäßig überprüft. Auch die Förderkulisse sei ausgelotet. Hätten Bürger "gute Ideen", dürften sie diese bei der Veranstaltung vor Ort äußern. Dass sich der Stadtrat in der Stadthalle zum Projekt positioniere, sei laut Wehner nicht geplant. Zunächst will die Stadt Bad Neustadt Stimmungen aufnehmen und erst anschließend in einer der nächsten Stadtrat-Sitzungen selbst öffentlich diskutieren.