Ob der Wettergott ein Preh'ler ist? Beim "Zukunftstag" gegen den von Preh angekündigten Abbau von 420 Arbeitsplätzen am Dienstagvormittag vor dem Entwicklungsgebäude neben der Stadthalle konnte man diesen Eindruck gewinnen: Pünktlich zu Beginn um 10 Uhr schoben sich die dunklen Wolken zur Seite und machten Platz für ein paar Sonnenstrahlen. Die gedrückte Stimmung unter den etwa 200 Anwesenden – darunter Vertreter der lokalen Politik und von anderen Industrieunternehmen in der Region – konnten diese aber nicht erhellen.
"Die Mitarbeitenden sind verunsichert und ängstlich, wen der Stellenabbau trifft und wie es für sie weitergeht", hatte Nadine Knauff (IG Metall-Gewerkschaftssektretärin und Betriebsbetreuerin) bereits am Vortag der Aktion im Gespräch mit dieser Redaktion gesagt. Das gelte für die diejenigen, die demnächst erfahren werden, dass sie das Unternehmen verlassen müssen. Aber auch für die, die bleiben dürfen.
Betriebsrat fordert Brückenlösungen statt Entlassungen bei Preh in Bad Neustadt
Laut Preh-Betriebsratsvorsitzendem Daniel Rossmann gebe es keine wesentlichen Veränderungen bei der Anzahl der Jobs, die abgebaut werden sollen: "Zehn Personen haben bereits das Unternehmen verlassen, doch es steht noch immer der Abbau von 410 Stellen im Raum". In der vergangenen Woche habe es eine erste Annäherung in Sachen Freiwilligenpaket und Sozialplan gegeben, die nächsten Gespräche seien für Mitte Oktober geplant, so Knauff.
Auf der Bühne rief Daniel Rossmann den Anwesenden zu: "Geil, dass ihr alle da seid. Wie Ihr wisst, ist die Stimmung momentan von Angst und Unsicherheit geprägt. Es ist zum Kotzen, wenn man es auf Deutsch sagt". Statt des Arbeitsplatzabbaus seien Brückenlösungen sinnvoller, weil man das Personal vielleicht schon in ein oder zwei Jahren wieder brauche. Mitarbeitende hätten auch in der Vergangenheit immer wieder derlei Ideen eingebracht, der Betriebsrat ein Zukunftskonzept vorgelegt. Seit vier Monaten liefen die Verhandlungen, doch der Arbeitgeber bewege sich nicht.
"Wenn man eine Perspektive für den Standort sieht, entlässt man keine 420 Personen", sagte Rossmann, begleitet von Klatschen und zustimmenden Pfiffen. Dass diese fehle, zeige, dass der Arbeitgeber angekündigt habe, 2025 keine dual Studierenden und Auszubildenden einzustellen und die des aktuellen Jahrgangs nicht zu übernehmen. "So wird die Zukunft des Unternehmens mit Füßen getreten", so Rossmann. Eine Bestätigung des Arbeitgebers gab es dazu gegenüber dieser Redaktion bisher nicht.
Landrat Thomas Habermann moniert "kurzfristiges Denken"
An diesem Thema nahm auch Landrat Thomas Habermann Anstoß. "Die Wertschöpfung passiert durch die Menschen im Unternehmen. Wenn ich sie schlecht behandle oder wegrationalisiere, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich keinen Gewinn mehr erziele. Das ist ein kurzfristiges Denken, das nicht zum Erfolg führen wird", so Habermann.
Auf seine Nachfrage habe die Geschäftsleitung im ersten Gespräch Gerüchte dementiert, dass nicht mehr ausgebildet werde bei Preh. "Da bin ich stinkig, wenn ich erst höre, dass die Auszubildenden übernommen werden. Und dann wird nicht mehr ausgebildet", so der Landrat. Wenn ein Unternehmen nicht mehr bereit sei, auszubilden, habe es den Glauben an sich selbst verloren und keine Zukunft mehr. "Das ist der Einstieg zum Ausstieg, der Anfang vom Ende. Wir müssen alle zusammenstehen und Widerstand leisten", so der Landrat.
Neben einer "Meile des Rückblicks", die mit Dokumenten, Presseartikeln und Fotos den Weg von der ersten Ankündigung der Abbaupläne bis zum Aktionstag aufzeigte, waren beim Aktionstag Wandtafeln aufgebaut, auf denen Preh'ler Verbesserungsvorschläge und Ideen für die Zukunft niederschreiben konnten. Diese will der Betriebsrat dem Arbeitgeber vorlegen.
Die Mitarbeiter des Unternehmens mehr wertschätzen
Außerdem stellte das Landratsamt Rhön-Grabfeld das regioFIT-Programm von Stadt Bad Neustadt, Landkreis Rhön-Grabfeld und der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) vor. Zugegen war auch Betriebsseelsorger Klaus Hubert.
Auch auf der Bühne konnten die Preh'ler ihre Sorgen zum Ausdruck bringen. So ergriff etwa Steffen Wehner das Wort, der 2007 als dualer Student zu Preh kam. "Mein Ziel war es, auch bei Preh in Rente zu gehen. Damit bin ich nicht die Ausnahme, sondern die Regel", so Wehner. Die Werte des Unternehmens seien die Mitarbeiter, weshalb unbedingt an Ausbildung und Studium festgehalten werden sollte und daran, die Leute danach zu übernehmen.
"Wir sollten stoppen, Abbaumaßnahmen anstelle der Zukunft zu finanzieren", so Wehner. Nicht Jeff Wang sei Preh, auch nicht alleine die Geschäftsführung. "Preh sind wir, die Mitarbeiter, die sich jahrzehntelang den Arsch für die Firma aufgerissen haben und den Wohlstand erarbeitet haben".