Wird ein Familienmitglied pflegebedürftig, sind die Angehörigen mit der neuen Situation oftmals überfordert und stehen hilflos vor einem Berg von Problemen. Unterstützung erhalten sie im Pflegeübungszentrum, kurz PÜZ, in Mellrichstadt. Hier können die Angehörigen alles rund ums Thema Pflege lernen, und die zu pflegenden Menschen erhalten Hilfestellung für ihren Alltag.
Das Angebot ist einzigartig, ein Modellprojekt in Bayern und könnte im ganzen Bundesgebiet und darüber hinaus Nachahmer finden. Dafür will der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, nun die Werbetrommel rühren: "Sie haben einen Fan. Wir werden das Projekt bundesweit bekannt machen", versprach er Angelika Ochs, Geschäftsführerin des Caritasverbands für den Landkreis Rhön-Grabfeld, bei seinem Besuch am Donnerstagnachmittag in Mellrichstadt.
Lücke im Bereich der häuslichen Pflege schließen
Sechs Jahre lang war das Konzept gereift, bis das Pflegeübungszentrum neben dem Gebäude der Caritas im Lohweg Ende April 2019 offiziell eröffnet wurde. Johanna Dietz, Leiterin der ambulanten Altenhilfe im Kreiscaritasverband, und Ulli Feder, Pflegedienstleitung der Sozialstation St. Kilian, entwickelten die Idee, dass Angehörige in einem eigens eingerichteten Haus Pflege üben können, um eine Lücke im Bereich der häuslichen Pflege zu schließen. Andrea Ebert von der Sozialstation St. Kilian war ebenfalls im Boot, als die Pläne Gestalt annahmen.
"Wir mussten mit Ämtern und Behörden hart darum ringen, dass wir unser Projekt umsetzen konnten", machte Angelika Ochs im Gespräch mit Andreas Westerfellhaus deutlich. Bürokratische Hürden, die Frage der Finanzierung – "wir waren manchmal kurz davor, aufzugeben", so Ochs. Sie lobte die Unterstützung von Seiten der Politik und hob auch hervor, dass sich die Abgeordneten der hiesigen Wahlkreise sehr für das PÜZ eingesetzt hatten. Westerfellhaus nickte anerkennend: "Hier ist Politik auch wirklich gefordert."
Mit Hilfestellung die Angst vor der Pflege nehmen
Bei einem Rundgang durch das PÜZ, an dem auch die Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar (SPD) teilnahm, zeigte sich der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung beeindruckt von dem durchdachten Konzept, das nichts dem Zufall überlasst. Von den beiden Appartements, in die pflegebedürftige Menschen bis zu drei Wochen einziehen können, ist derzeit eines belegt. "Dadurch, dass wir hier zeigen können, wie der Alltag zu Hause auch mit Pflege funktionieren kann, können wir vielen Menschen die Angst vor der neuen Situation nehmen", machte Ulli Feder deutlich.
Die Macherinnen der Caritas sind gerade dabei, Leitlinien für das PÜZ zusammenzufassen, damit auch andere Träger das Konzept nutzen können. Andreas Westerfellhaus versprach, das fertige Werk bei einem erneuten Besuch in Mellrichstadt abzuholen. "Darauf können auch andere ambulante Pflegedienste bauen", ist sich der Experte sicher. "Mit dem, was Sie hier anbieten, sprechen Sie mir in vielen Bereichen aus der Seele." Der Staatssekretär äußerte sich derart begeistert von den innovativen Ideen des Teams in Mellrichstadt, dass Angelika Ochs prompt fragte: "Wollen Sie bei uns anfangen?"
Pflege-Ko-Pilot und das PÜZ ergänzen sich
Wenn ein Mensch pflegebedürftig wird, bricht für ihn, aber auch für die Angehörigen oft eine Welt zusammen. Was kann man tun, an wen kann man sich wenden? Westerfellhaus hat mit seinem Team für die Hilfe bei der häuslichen Pflege das Konzept des Pflege-Ko-Piloten entwickelt, das er als eine Unterstützung des PÜZ-Angebots in Mellrichstadt sieht. An diesem Freitag wurde der Pflege-Ko-Pilot auf seiner Internetseite (https://www.pflegebevollmaechtigter.de/) vorgestellt. Der Ko-Pilot soll Pflegebedürftige und Pflegepersonen regelmäßig vertrauensvoll und unabhängig unterstützen und beraten – so wie es im Übungszentrum in Mellrichstadt praktiziert wird. "Eine gelungene Ergänzung", waren sich am Ende alle einig.