
Wenn das Telefon von Rudolf Fischer aus Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) klingelt, ist vielleicht seine Tochter dran. Vielleicht aber auch eine Frau, die sich als sie ausgibt. Oder ein anderer Krimineller. Immer wieder wird der 85-Jährige von Personen angerufen, die am Telefon weinen, lügen und betrügen. Verkehrsunfall der Tochter, vermeintlicher Amazon-Kauf, urplötzlicher Geldgewinn: Fischer kennt inzwischen viele der Maschen. Deshalb ist es ihm ein Anliegen, vor dem Enkeltrick und anderen Telefonbetrügereien zu warnen.
Woran es liegt, dass gerade er immer wieder angerufen wird? "Vielleicht an meinem alt klingenden Namen oder meiner kurzen Telefonnummer", sagt Rudolf Fischer im Gespräch mit dieser Redaktion. "Da ich durch Zeitungsmeldungen, Gespräche mit meiner Umwelt und meinen eigenen Kopf gewarnt war und bin, fiel ich noch nie auf diese Versuche herein", sagt Fischer.
Warum Rudolf Fischer aus Bad Neustadt andere vor Telefonbetrug warnen will
Ob er auch in Zukunft alle Betrugsversuche erkennen wird, da ist sich der 85-Jährige nicht sicher. "Früher hätte ich jemanden für weniger schlau gehalten, wenn er auf solche Maschen hereinfällt", sagt der pensionierte Lehrer. "Aber heute sehe ich das anders: Die Methoden sind so raffiniert und immer wieder neu und anders."
Wie dieser Trick: Am Telefon erfährt er, er habe 40.000 Euro gewonnen. Eine Rechtsanwältin und ein Geldbote würden auf einem Parkplatz in Bastheim auf ihn warten. "Ich habe die Polizei angerufen, damit jemand in Zivil dasteht. Aber die Betrüger kamen nicht, die stellen ja auch Nachforschungen an", so Fischer.
Rudolf Fischer lässt seine Frau beim Betrugsanruf mithören
An ein Telefonat mit einem "Polizisten" und anschließend "seiner Tochter", die eine Frau totgefahren haben soll, kann er sich ebenfalls erinnern: "Ich habe so getan, als würde ich mitfühlen. Dann habe ich den Lautsprecher angemacht, damit meine Frau mithören konnte." Er fragt, ob er mit der "Tochter" sprechen kann, nennt absichtlich einen falschen Namen, wird aber trotzdem an sie "weitergeleitet". So weiß er sicher: "das ist Lumperei".

Ein anderes Mal ruft ein "Rechtspfleger vom Amtsgericht Frankfurt" an und fragt, warum Rudolf Fischer nicht vor Gericht erschienen wäre. Von seinem Konto seien Gelder an den IS geflossen und er ebenso wie drei Männer in der Türkei angeklagt. "Er nannte mir sogar mein 'Aktenzeichen', meinen 'Pflichtverteidiger' und dessen Handynummer. Ich habe mich extra betroffen gestellt", so Fischer. Durch einen Anruf beim Gericht in Frankfurt klärt sich auf, dass alles Schwindel und ein Betrugsversuch ist.
Trotzdem telefoniert er mehrfach mit seinem "Pflichtverteidiger", weil ihn interessiert, wie dieser an sein Geld kommen will. Er erfährt, er sei zwar freigesprochen worden, das Gericht müsse das aber noch bestätigen. Dazu müsse er nach Frankfurt fahren und 1500 Euro für einen Dolmetscher und den Notar zahlen. "Die Betrüger waren hartnäckig. Ich konnte den Betrug auf 500 Euro 'herunterhandeln', dann brach der Kontakt ab", so Fischer.
Einen finanziellen Schaden erleidet der Senior auch in diesem Fall nicht. Dennoch bestürze ihn, wie perfide die Betrugsmaschen inzwischen seien und wie leicht man darauf hereinfallen könne, so der 85-Jährige. Das wisse er seit dem letzten Versuch: "Der war so raffiniert, auch von der Sprache her", sagt Fischer.
Rudolf Fischers Tipps: Vorsichtig sein und kühl nachdenken
Der "Kundendienst von Amazon" sagt ihm, es bestünde der Verdacht, ein Betrüger habe unter Fischers Namen ein iPad bestellt. Er solle am Telefon die 1 drücken, wenn er das Gerät nicht gekauft hat. Fischer drückt die 1 und merkt, dass der Anrufer vielleicht eine Maschine ist. Wenig später meldet sich dann eine Person und stellt sich als Kundendienst-Mitarbeiter vor.
Am Computer zeigt er Fischer, wie der die vermeintlich gefälschte Bestellung stornieren kann. "Amazon-Website und Menü sahen einwandfrei aus und der Anrufer wirkte sehr überzeugend", erinnert sich Fischer. Dennoch erkennt der Senior rechtzeitig, was der Mann eigentlich will: Fischers Zugangsdaten zum Online-Banking. Die gibt er ihm nicht und beendet das Telefonat.
Damit auch andere die Tricks rechtzeitig erkennen, erzählt Rudolf Fischer Verwandten und Bekannten von den Anrufen. Er sei grundsätzlich ein vorsichtiger Mensch, das helfe dabei, nicht auf Betrugsversuche hereinzufallen. Welche Tipps hat er noch? "Man sollte sich nicht ängstigen lassen und immer kühl nachdenken. Außerdem nie direkt reagieren und möglichst alles schriftlich festhalten, damit man es später belegen kann", rät der 85-Jährige.