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Bad Neustadt
Enkeltrick, Telefonbetrug und Schockanrufe immer perfider: Weinende "Tochter" ist nicht mehr die einzige Masche
Rudolf Fischer erhielt bereits zahlreiche Betrugsanrufe. Warum er bisher nicht darauf hereinfiel, welchen neuen Trick er erlebte und was er anderen Menschen rät.
Rudolf Fischer (85) aus Bad Neustadt wird immer wieder von Betrügern angerufen. Er erlebt dabei ständig neue Maschen und gibt anderen Tipps, wie sie vermeiden können, darauf hereinzufallen.
Foto: Anand Anders | Rudolf Fischer (85) aus Bad Neustadt wird immer wieder von Betrügern angerufen. Er erlebt dabei ständig neue Maschen und gibt anderen Tipps, wie sie vermeiden können, darauf hereinzufallen.
Kristina Kunzmann
 |  aktualisiert: 13.02.2025 02:42 Uhr

Wenn das Telefon von Rudolf Fischer aus Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) klingelt, ist vielleicht seine Tochter dran. Vielleicht aber auch eine Frau, die sich als sie ausgibt. Oder ein anderer Krimineller. Immer wieder wird der 85-Jährige von Personen angerufen, die am Telefon weinen, lügen und betrügen. Verkehrsunfall der Tochter, vermeintlicher Amazon-Kauf, urplötzlicher Geldgewinn: Fischer kennt inzwischen viele der Maschen. Deshalb ist es ihm ein Anliegen, vor dem Enkeltrick und anderen Telefonbetrügereien zu warnen.

Woran es liegt, dass gerade er immer wieder angerufen wird? "Vielleicht an meinem alt klingenden Namen oder meiner kurzen Telefonnummer", sagt Rudolf Fischer im Gespräch mit dieser Redaktion. "Da ich durch Zeitungsmeldungen, Gespräche mit meiner Umwelt und meinen eigenen Kopf gewarnt war und bin, fiel ich noch nie auf diese Versuche herein", sagt Fischer.

Warum Rudolf Fischer aus Bad Neustadt andere vor Telefonbetrug warnen will

Ob er auch in Zukunft alle Betrugsversuche erkennen wird, da ist sich der 85-Jährige nicht sicher. "Früher hätte ich jemanden für weniger schlau gehalten, wenn er auf solche Maschen hereinfällt", sagt der pensionierte Lehrer. "Aber heute sehe ich das anders: Die Methoden sind so raffiniert und immer wieder neu und anders."

Wie dieser Trick: Am Telefon erfährt er, er habe 40.000 Euro gewonnen. Eine Rechtsanwältin und ein Geldbote würden auf einem Parkplatz in Bastheim auf ihn warten. "Ich habe die Polizei angerufen, damit jemand in Zivil dasteht. Aber die Betrüger kamen nicht, die stellen ja auch Nachforschungen an", so Fischer.

Rudolf Fischer lässt seine Frau beim Betrugsanruf mithören

An ein Telefonat mit einem "Polizisten" und anschließend "seiner Tochter", die eine Frau totgefahren haben soll, kann er sich ebenfalls erinnern: "Ich habe so getan, als würde ich mitfühlen. Dann habe ich den Lautsprecher angemacht, damit meine Frau mithören konnte." Er fragt, ob er mit der "Tochter" sprechen kann, nennt absichtlich einen falschen Namen, wird aber trotzdem an sie "weitergeleitet". So weiß er sicher: "das ist Lumperei".

Wenn das Telefon von Rudolf Fischer aus Bad Neustadt klingelt, sind manchmal auch Betrüger am Apparat. Auf die Maschen hereingefallen ist er bisher zwar nicht, möchte aber andere davor warnen.
Foto: Anand Anders | Wenn das Telefon von Rudolf Fischer aus Bad Neustadt klingelt, sind manchmal auch Betrüger am Apparat. Auf die Maschen hereingefallen ist er bisher zwar nicht, möchte aber andere davor warnen.

Ein anderes Mal ruft ein "Rechtspfleger vom Amtsgericht Frankfurt" an und fragt, warum Rudolf Fischer nicht vor Gericht erschienen wäre. Von seinem Konto seien Gelder an den IS geflossen und er ebenso wie drei Männer in der Türkei angeklagt. "Er nannte mir sogar mein 'Aktenzeichen', meinen 'Pflichtverteidiger' und dessen Handynummer. Ich habe mich extra betroffen gestellt", so Fischer. Durch einen Anruf beim Gericht in Frankfurt klärt sich auf, dass alles Schwindel und ein Betrugsversuch ist.

Trotzdem telefoniert er mehrfach mit seinem "Pflichtverteidiger", weil ihn interessiert, wie dieser an sein Geld kommen will. Er erfährt, er sei zwar freigesprochen worden, das Gericht müsse das aber noch bestätigen. Dazu müsse er nach Frankfurt fahren und 1500 Euro für einen Dolmetscher und den Notar zahlen. "Die Betrüger waren hartnäckig. Ich konnte den Betrug auf 500 Euro 'herunterhandeln', dann brach der Kontakt ab", so Fischer.

Einen finanziellen Schaden erleidet der Senior auch in diesem Fall nicht. Dennoch bestürze ihn, wie perfide die Betrugsmaschen inzwischen seien und wie leicht man darauf hereinfallen könne, so der 85-Jährige. Das wisse er seit dem letzten Versuch: "Der war so raffiniert, auch von der Sprache her", sagt Fischer. 

Rudolf Fischers Tipps: Vorsichtig sein und kühl nachdenken

Der "Kundendienst von Amazon" sagt ihm, es bestünde der Verdacht, ein Betrüger habe unter Fischers Namen ein iPad bestellt. Er solle am Telefon die 1 drücken, wenn er das Gerät nicht gekauft hat. Fischer drückt die 1 und merkt, dass der Anrufer vielleicht eine Maschine ist. Wenig später meldet sich dann eine Person und stellt sich als Kundendienst-Mitarbeiter vor.

Am Computer zeigt er Fischer, wie der die vermeintlich gefälschte Bestellung stornieren kann. "Amazon-Website und Menü sahen einwandfrei aus und der Anrufer wirkte sehr überzeugend", erinnert sich Fischer. Dennoch erkennt der Senior rechtzeitig, was der Mann eigentlich will: Fischers Zugangsdaten zum Online-Banking. Die gibt er ihm nicht und beendet das Telefonat.

Damit auch andere die Tricks rechtzeitig erkennen, erzählt Rudolf Fischer Verwandten und Bekannten von den Anrufen. Er sei grundsätzlich ein vorsichtiger Mensch, das helfe dabei, nicht auf Betrugsversuche hereinzufallen. Welche Tipps hat er noch? "Man sollte sich nicht ängstigen lassen und immer kühl nachdenken. Außerdem nie direkt reagieren und möglichst alles schriftlich festhalten, damit man es später belegen kann", rät der 85-Jährige.

 
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  • Norbert Dümpert
    Morgen, ich habe das Telefon über Netz (Router) hier trage ich die Abzock-Nummern die ich erfahre oder ab und zu im Internet suche, in die Sperre ein, außerdem habe ich in meinen Telefonen (Wohnzimmer u. oberer Stock) die Nummern meiner Bekannten, Verwandten also der Menschen mit denen ich sprechen will, eingetragen. Klingelt es schau ich auf´s Display wird der Name zB. "Sabine" angezeigt, so geh ich ran, wird nur die Nummer angezeigt kann er klingeln bis zum "Nimmerleinstag" oder er schreibt auf´s Handy SMS oder er mailt. Dies alles sollten sie berücksichtigen dann können sie ihre Bankkarte dort lassen wo sie ist.
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