Auf dem Schreibtisch von Simon Schlauß liegen keine Akten und in seinem Büro ist kaum Papier zu sehen. Kein Wunder, schließlich ist Schlauß der Mitarbeiter des Landratsamtes, der die Digitalisierung der Kreisverwaltung und - für die Öffentlichkeit noch wichtiger - ihrer verschiedenen Verwaltungsdienstleistungen organisieren soll. An seinem Arbeitsplatz scheint der Weg zur papierlosen Behörde schon großteils bewältigt. Andernorts liegt beim Thema Digitalisierung aber noch viel Arbeit vor ihm.
Einzigartig in Bayern: Ein Sachgebiet für Digitalisierung
Da ist zum Beispiel die Umstellung der Anträge und Dienstleistungen, die künftig online erstellt oder beantragt werden können - nach dem Onlinezugangsgesetz möglichst noch in diesem Jahr. Eine Mammutaufgabe, aber der 40-Jährige sieht dem Ganzen mit Gelassenheit und zuversichtlich entgegen. Nicht zuletzt, da er bei seiner Arbeit viel Unterstützung durch die Leitung der Kreisverwaltung erfährt. Hier habe das Thema Digitalisierung absolute Priorität und werde mit Hochdruck vorangebracht.
Das wird alleine schon daran deutlich, dass - so zumindest sein Kenntnisstand - das Amt für Digitalisierung in Rhön-Grabfeld, dessen Sachgebietsleiter er ist, das einzige seiner Art in ganz Bayern ist. "Im Gegensatz zu einigen Kollegen in anderen Landkreisen, die gegen Windmühlen ankämpfen, renne ich hier nur offene Türen ein", beschreibt er das Arbeitsklima und den hohen Stellenwert, den die Arbeit seines Teams im Haus genießt.
Das besteht aus insgesamt fünf Mitarbeitern, deren jeweilige Funktion auch einige der verschiedenen weiteren Aufgaben des Sachgebiets verdeutlichen. Zwei Kollegen seien unter anderem für das zentrale Thema Datenschutz zuständig, erläutert der Sachgebietsleiter.
Einer für die geografischen Informationssysteme und den technischen Betrieb der Internetseiten des Landkreises sowie er selbst und ein weiterer Kollege für die Digitalisierung der Abläufe im Amt selbst und die Online-Angebote, die den Bürgern das persönliche Erscheinen dort ersparen sollen. "Hausübergreifende Koordinierungsstelle für E-Government und Digitalisierung", fasst Schlauß zusammen, dass alle Digitalisierungsbemühungen in der Kreisverwaltung über sein Sachgebiet laufen.
Elektronische Aktenführung als Kernthema
So sind Schlauß und sein Team Ansprechpartner und Dienstleister für alle im Haus bei Digitalisierungsfragen. Wichtige Themen seien zum Beispiel die elektronische Rechnung oder eine elektronische Vergabeplattform, ein absolutes Kernthema die elektronische Aktenführung.
Dann sind da mehr als 600 Leistungen, wegen derer sich Bürgerinnen und Bürger an das Landratsamt wenden können. Die Palette reicht dabei vom Thema Abfall bis zu Zweckverbandssatzungen. Nicht alle angebotenen Leistungen sind mit einem Formular verbunden, einige sind beispielsweise Beratungsangebote der Fachstellen im Haus, die weiterhin im persönlichen Gespräch behandelt werden, so Schlauß.
Als Beispiele nennt er Schwangeren-Beratung oder Beratung bei der Gestaltung von Gärten. Aber 200 bis 250 Leistungen könnten seiner Schätzung nach online abgewickelt werden. Man arbeite sich da gemeinsam mit den jeweiligen Kollegen durch die Sachgebiete und informiere sich über die Anträge und Dienstleistungen. Bei der Digitalisierung genüge es dann nicht, die Formulare einfach online zu stellen, oft müssten auch Arbeitsläufe in den Abteilungen aufwändig umgestaltet werden.
Bürgerfreundlich statt schnell
Gestartet sei man mit derartigen Angeboten bereits 2015, als die Online-Zulassung für Autos möglich wurde. Mit der Corona-Epidemie habe das Thema 2020 Fahrt aufgenommen, in diesem Jahr habe sich die Entwicklung noch einmal beschleunigt. 59 Online-Verfahren hat man im Amt für Digitalisierung in Rhön-Grabfeld bereits online gestellt. Von "Antrag einer Gaststättenerlaubnis" bis zum Mietzuschuss beim Wohngeld reicht dabei das Angebot.
Viele weitere sollen bis zum Jahresende noch folgen, so Schlauß. Man strebe 100 Prozent an, müsse aber davon ausgehen, dass das nicht erreicht werden könne. Zum Beispiel könne es sein, dass die Software, über die das Thema Führerschein künftig online abgewickelt werden kann, erst zum Jahresende oder gar erst Anfang 2023 geliefert werde.
Bald auch digitale Bauanträge möglich
Aber das sieht Schlauß gelassen. Wichtiger als Schnelligkeit sind für ihn die Genauigkeit, mit der gearbeitet wird und die Bürgerfreundlichkeit des jeweiligen Verfahrens. Für nicht sonderlich relevant hält er daher auch Vergleiche, welcher Landkreis wie viele Onlineangebote schon freigeschaltet habe. Es sei zu kurz gedacht, von der Zahl der Online-Anträge auf den Digitalisierungsgrad zu schließen.
Für eine solche Art von Ranking seien die Landkreise und auch die Themen viel zu unterschiedlich. So würden eine Handwerker-Parkgenehmigung oder der in Rhön-Grabfeld formlose Antrag für die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit höchst komplexen Projekten wie einem digitalen Bauantrag gleichgesetzt. Nicht ohne Stolz weist der Sachgebietsleiter hier darauf hin, dass nach zweieinhalbjähriger Entwicklungszeit es demnächst in Rhön-Grabfeld tatsächlich möglich sein wird, Bauanträge digital abzuwickeln.
Bei einem weiteren Thema spricht der Sachgebietsleiter klare Worte: Die Digitalisierung von Verfahren bedeute nicht, dass sie schneller abgewickelt werden. Als Beispiel führt er das Thema Auto-Zulassung an. Natürlich müsse man das Angebot machen, dass jeder zu jeder Tageszeit und ohne in die Zulassungsstelle kommen zu müssen ein Fahrzeug zulassen kann. Aber alleine der Postversand der erforderlichen Plaketten zum Antragsteller dauere etwa zwei Tage und damit wesentlich länger als die Wartezeiten in einer der Zulassungsstellen des Landkreises.