Mal eben eine Meldebescheinigung oder einen Parkausweis vom heimischen Sofa aus beantragen, ohne dafür extra ins Rathaus zu müssen - das soll bald überall möglich sein. Zumindest, wenn es nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) des Bundes geht. Die Vorschrift verpflichtet Kommunen, spätestens ab Januar 2023 wichtige Verwaltungsdienste online anzubieten.
Doch der Weg zur papierlosen Behörde ist lang und steinig. Eine exklusiv für diese Redaktion zusammengestellte Liste des Bayerischen Digitalministeriums zeigt, wie es aktuell um die Digitalisierung in unterfränkischen Amtsstuben steht. Wo stockt der digitale Umbau? Welche Gemeinden stechen hervor? Welcher Landkreis in Unterfranken bietet online am meisten? Ein Überblick.
Was ist mit der Digitalisierung der Kommunen gemeint?
Von der An- und Abmeldung eines Autos, der Ummeldung der Wohnadresse oder der Anmeldung eines Hundes: Künftig sollen Bürgerinnen und Bürger über die Webseite der zuständigen Behörde, also Rathaus oder Landratsamt, wichtige Verwaltungsleistungen bequem von zu Hause aus abwickeln können, erklärt Hans Oberberger, Pressesprecher des Bayerischen Digitalministeriums.
Den Grad der Digitalisierung misst das Ministerium anhand der konkret zur Verfügung gestellten Leistungen und Antrags- und Onlineverfahren, die auf der Webseite der Behörde für Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stehen und online an die Ämter gesendet werden können. Den aktuellen Stand zeigt das Digitalministerium in einer Übersicht auf seiner Webseite. Aus dem digitalen Umbau verspreche man sich eine effizientere und schnellere Zusammenarbeit sowohl mit den Menschen, als auch den Ämtern untereinander, sagt Oberberger.
Wer kümmert sich um die Digitalisierung in Rathäusern und Landratsämtern?
Für den internen Umbau ist die jeweilige Behörde selbst verantwortlich. Allerdings, so Oberberger, werde ein Großteil der Leistungen vom Freistaat über das sogenannte BayernPortal angeboten. Der Freistaat biete zudem Kurse und Schulungen für Mitarbeiter in den Behörden an.
Das Erstellen der Webseite übernimmt dann in der Regel eine externe Firma zusammen mit geschulten Behördenmitarbeitern, erklärt Thomas Helbling, Bürgermeister der Stadt Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld). Sein Rathaus sei auf diese Weise Abteilung für Abteilung digitalisiert worden. Bad Königshofen gehört mit 51 Online-Leistungen zum oberen Drittel im Behördenranking.
Wann gilt eine kommunale Behörde als digitales Amt?
Einen genauer Richtwert, ab wann eine Behörde als digital gilt, gibt es nicht, sagt Oberberger. Da Gemeinden, Städte und Landratsämter unterschiedliche Zuständigkeiten haben, könne man sie nur indirekt miteinander vergleichen. Behörden, die beim digitalen Umbau besonders aktiv sind und mehr als 50 Leistungen online anbieten, verleiht der Freistaat die Auszeichnung "Digitales Amt". In ganz Bayern sind aktuell 100 von 2000 Ämtern damit ausgezeichnet - also 5 Prozent. Zudem handelt es sich bei der Digitalisierung um einen dynamischen Prozess. Die Zahlen und Leistungen einzelner Städte und Gemeinden können sich laufend ändern.
Wo stehen die unterfränkischen Behörden bei der Digitalisierung im Vergleich?
Die Daten des Digitalministerium mit Stand 1. Juni zeigen: Von den 186 Kommunen in Unterfranken kommen nur 25 Kommunen auf mindestens 50 digitale Leistungen. 161 Ämter liegen mit ihrem digitalen Angebot noch darunter. Auffallend ist, dass vor allem kleiner Gemeinden und Städte wie etwa die Stadt Königsberg (6 Leistungen) bei der Digitalisierung bisher schlechter abschneiden als größere Kommunen.
Von den unterfränkischen Landkreisen liegen vier von neun Landratsämtern über der Marke von 50 Leistungen. Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg wurden vom Freistaat dafür mit der Auszeichnung "Digitales Amt" ausgezeichnet. Bei den kreisfreien Städten liegt ebenfalls Aschaffenburg mit 89 digitalen Leistungen deutlich vor Würzburg (64) und Schweinfurt (59). Bayerischer Spitzenreiter der kreisfreien Städte ist derzeit die Stadt Nürnberg mit 241 Online-Leistungen. Die größeren Kreisstädte in Unterfranken wie Bad Kissingen und Kitzingen liegen dagegen mit 20 bis 30 Leistungen in der unteren Hälfte der Tabelle.
Bei den kleineren Rathäusern liegen (Stand 1. Juni) Veitshöchheim im Landkreis Würzburg (82), Karlstadt im Landkreis Main-Spessart (68), der Markt Sulzbach am Main im Landkreis Miltenberg (64), die Gemeinde Sandberg im Landkreis Rhön-Grabfeld (58) und die Stadt Eltmann im Landkreis Haßberge (54) an der Spitze.
Am unteren Ende der Liste liegen (Stand 1. Juni) neben der Stadt Arnstein in Main-Spessart (6) und der Stadt Königsberg in den Haßbergen (6), die Verwaltungsgemeinschaft Fladungen in Rhön-Grabfeld (7) sowie die Verwaltungsgemeinschaft Partenstein in Main-Spessart (8) und die Gemeinde Thüngersheim im Landkreis Würzburg (8).
Warum sind manche Kommunen schneller in Sachen Digitalisierung als andere?
Während die vergleichsweise kleine Gemeinde Veitshöchheim mit 82 Leistungen nach der Stadt Aschaffenburg am 1. Juni mit an der Spitze aller Behörden in Unterfranken stand, lag die Stadt Gemünden (Lkr. Main-Spessart) mit gerade mal zwölf Leistungen im unteren Drittel des Rankings - obwohl beide Gemeinden mit etwa 10.000 Einwohnern etwa gleich groß sind.
Warum Gemünden im Vergleich hinterherhinkt? Laut Belinda Köhler vom Personalamt der Stadt fehlt kleineren Kommunen dafür häufig Personal. Es benötige viel Zeit, die Anträge und Leistungen rechtssicher digital abzubilden, sagt die Verwaltungsfachwirtin. Gleichzeitig gebe es hohe Ansprüche an die Ämter: "Die Erwartung der Bürger ist, dass der Abruf von Verwaltungsdienstleistungen so einfach funktioniert, wie das Bestellen bei einem Online-Händler."
Was die Kosten des Umbaus betrifft, stehen den Kommunen Fördergelder vom Freistaat zur Verfügung. Die Anträge dafür müssten allerdings zuerst von der übergeordneten Behörde - also der Regierung von Unterfranken - bewilligt werden, sagt Köhler. So habe die Stadt Gemünden ihren Förderantrag bereits im Dezember 2021 eingereicht, bewilligt worden sei er erst im Juni 2022.
Manche Kommunen gehen indes einen Schritt weiter und bauen nicht nur Online-Verfahren auf, sondern auch interne Abläufe um. Im Rathaus der Stadt Bad Königshofen sei das komplette Kassensystem mittlerweile digitalisiert, sagt Bürgermeister Helbling. "Früher hatte ich jeden Tag drei Mappen mit Rechnungen vor mir liegen, von der ich jede handschriftlich unterschreiben musste." Nun könnten die Rechnungen schnell und bequem über das digitale Kassensystem abgewickelt werden – ohne sich durch stapelweise Papier kämpfen zu müssen.
Trotz des Aufwands rät auch Jürgen Götz, Bürgermeister von Veitshöchheim, dazu, die internen Prozesse anzugehen und zu digitalisieren. Seine Gemeinde erhielt Ende März 2022 als erste Gemeinde im Landkreis Würzburg die Auszeichnung "Digitales Amt". Der grundsätzliche Wille zur Veränderung sei wichtig, um eine Behörde umzubauen, sagt Götz: "Wir sind auch noch nicht bei 100 Prozent, da sich immer wieder Bereiche auftun, bei welchen eine Digitalisierung oder zumindest Teil-Digitalisierung in der Zukunft denkbar wäre."
Was droht Kommunen, wenn sie den Umbau zum digitalen Amt nicht bis Ende 2022 schaffen?
Was, wenn eine Behörde nicht bis Jahresende ihre Leistungen digitalisiert hat? Dies sei noch unklar, sagt der Sprecher des Digitalministeriums, Hans Oberberger. Einerseits verlange das Gesetz, alle Leistungen digital anzubieten. Jedoch könne der Bund den Kommunen im Bereich ihrer Selbstverwaltung nichts direkt vorschreiben. Zumindest sei das die Auffassung kommunaler Spitzenverbände, so Oberberger: "Deswegen gibt es bislang auch keine erkennbaren Sanktionen, die Kommunen drohen, die es nicht erfüllen."
Schaffen Unterfrankens Behörden den digitalen Umbau bis 2023?
Was die unterfränkischen Behörden betrifft, lasse sich aus Sicht des Freistaats keine exakte Prognose treffen, sagt Oberberger. Aber: "Wir sind auf Freistaatsebene zuversichtlich, dass wir alle staatlichen Leistungen bis Ende des Jahres online anbieten können."
Bis dato habe das Land Bayern knapp 70 Prozent seiner staatlichen Leistungen digitalisiert. Bei den Kommunen werden aktuell laut Digitalministerium im Schnitt rund 55 Prozent der möglichen Angebote online zur Verfügung gestellt. Mit der Verwaltungsgemeinschaft Iphofen wurde gerade die 100. Kommune in Bayern als digitales Amt ausgezeichnet.
Im Rathaus der Stadt Königsberg in Bayern, die mit nur sechs Leistungen im Ranking hinten liegt, gibt man sich jedenfalls zuversichtlich. Ein entsprechender Zugang zum Onlineportal werde "bis Jahresende umgesetzt", verspricht Johannes Mücke vom Hauptamt der Stadt.
Eine aktuelle Übersicht über die einzelnen Gemeinden gibt es auf der Webseite des Bayerischen Digitalministeriums
Natürlich wünsche ich mir, dass die Behörden als eine der Möglichkeiten eine vollständige Digitalisierung anbieten (und nicht nur das Formblatt zum Ausdrucken bereitstellen). Vielfach ist dies nicht der Fall, da man zwar meinen Antrag Online stellen kann, jedoch das persönlich unterschriebene Formular per Post hinterher schicken muss. Insgesamt besteht da erheblicher Nachholbedarf.
Andererseits muss aber auch vom Bürger erwartet werden, dass dieser selbst die Voraussetzungen für die Nutzung eines volldigitalen Angebots schafft, z.B. für seine eigene IT-Sicherheit in der Kommunikation mit den Behörden sorgt und auch elektronisch sicher unterschreiben kann (Personalausweis mit Signierfunktion, Signaturkarte). Also nicht nur fordern sondern selbst aktiv dazu beitragen.
Für weniger IT-affine Personen sollte zumindest aber immer noch die Möglichkeit des "Papierkriegs" bleiben.
Was machen dann die weniger IT-affine Mitarbeiter in den Behörden?
Weiter mit Papier.
Der Fax-Bediener im Titelfoto wird wohl nicht mehr gebraucht.
vielen Dank für die Frage. Den Grad der Digitalisierung misst das Ministerium anhand der konkret zur Verfügung gestellten Leistungen und Antrags- und Onlineverfahren, die auf der Webseite der Behörde für Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stehen und online an die Ämter gesendet werden können. Ein Amt gilt aus Sicht des Freistaats also erst dann als digital, wenn die Anträge oder Verfahren auch online an die Behörde übermittelt werden können.
Beste Grüße
Marcel Dinkel