
Der erste Corona-Fall in einer Betreuungseinrichtung in Ostheim hat in der vergangenen Woche auch im Rathaus für viel Wirbel gesorgt. Ein Kindergartenkind aus dem Schobert-Haus hatte sich infiziert, in der Folge wurden knapp 180 Personen aus dem Umfeld der Einrichtung getestet. Im ganzen Trubel mit der Sorge um mögliche Infektionsketten und der Fürsorge für die Bevölkerung haben Bürgermeister Steffen Malzer und seine Stellvertreterin Karina Werner ihr erstes Krisenmanagement souverän gemeistert. Und konnten schließlich aufatmen: Nach derzeitigem Stand der Testergebnisse hat sich keine weitere Person mit dem Corona-Virus angesteckt.
Es waren nervenaufreibende Tage für den Stadtchef, der seit viereinhalb Monaten im Amt ist. Bis dahin hatte Steffen Malzer durchweg erfreuliche Nachrichten zu verkünden. Die seiner Meinung nach schönste: Die Ostheimer Grundschule ist endlich fertiggestellt, die Kinder konnten zum neuen Schuljahr einziehen. "Dieses Projekt hat sehr viel Energie gekostet", sagt der 36-Jährige.
Baumängel, Probleme mit dem Brandschutz und mit der Wärmedämmung hatten immer wieder für Verzögerungen gesorgt, die Bauzeit auf insgesamt vier Jahre hingezogen. "Ich bin jetzt heilfroh, dass alle sicherheitsrelevanten Baumaßnahmen rechtzeitig zum Schulstart abgeschlossen werden konnten. Was jetzt noch folgt, sind kleine Arbeiten an der Außenanlage", freut sich der Stadtchef. Und hat dabei auch Corona im Blick: Wenn die Kinder noch in Containern in Willmars unterrichtet werden müssten, hätte es bei den Abstandsregeln Probleme gegeben. Im weitläufigen Schulhaus mit großen Klassenzimmern sieht er die Ansteckungsgefahr deutlich geringer.
Selbst anpacken und entscheiden
Steffen Malzer ist seit 2008 im Ostheimer Stadtrat vertreten und sitzt seit 2014 auch im Kreistag. 2018 wurde er dritter Bürgermeister. Ein Jahr vor der Kommunalwahl beschloss der Polizeihauptmeister, sich für das höchste Amt der Stadt zu bewerben. "Interesse an der Kommunalpolitik hatte ich schon immer, dann kam der Punkt, an dem ich selbst anpacken und entscheiden wollte", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Nachdem feststand, dass Ulrich Waldsachs nicht mehr kandidiert, warf der CSU-Mann seinen Hut in den Ring. Natürlich in Absprache mit der Familie. "Meine Frau hält mir daheim den Rücken frei", sagt Malzer.
Das gemeinsame Frühstück auch mit den beiden zehn und sechs Jahre alten Töchtern gehört fest zum Tagesablauf, insbesondere, wenn abends Termine im Kalender stehen. An den Wochenenden kann Steffen Malzer bislang viel Zeit mit den Kindern verbringen, was auch darin liegt, dass coronabedingt nur wenige Veranstaltungen stattfinden. "Das hat die ersten Monate im Amt doch recht entschleunigt", blickt er zurück.
Chef eines kleinen mittelständischen Unternehmens
Im Rathaus hat er sich schnell in seine neue Aufgabe eingefunden. "Als Stadtrat kratzt man im Vergleich doch eher an der Oberfläche, die Arbeit als Bürgermeister ist sehr vielfältig und intensiv", beschreibt er seine Erfahrungen. Malzer ist zugleich Vorsitzender der VG Ostheim, des Wasserzweckverbands Willmarser Gruppe und des Schulverbands. "Über Nacht war ich Chef eines kleinen mittelständischen Unternehmens mit 45 Mitarbeitern", sagt er lächelnd. Gut, dass er sich auf das Team in Verwaltung und Bauhof verlassen kann. "Ulrich Waldsachs hat hier eine gut eingespielte Mannschaft aufgestellt", lobt er seinen Vorgänger.
In seinen ersten 100 Tagen im Amt hat Steffen Malzer natürlich auch Kontakt zu seinen Bürgermeisterkollegen im Streutal gesucht und Erfahrungen ausgetauscht. Insbesondere mit Bastheims Gemeindeoberhaupt Tobias Seufert pflegt er eine enge Freundschaft, die schon seit Schülerzeiten hält. Überhaupt gebe es eine gute Stimmung unter den Bürgermeistern der Streutalallianz, versichert der Ostheimer Stadtchef. "Das Arbeiten in der Gemeinschaft macht Spaß und menschlich passt es."
Bauplätze und Gewerbeflächen erschließen
Für die kommenden Monate hat sich der Oberwaldbehrunger einiges vorgenommen. An oberster Stelle: neues Bauland erschließen. "Die Nachfrage nach Bauplätzen ist riesengroß, und wir haben aktuell in Ostheim keinen Bauplatz mehr in städtischer Hand", macht Malzer deutlich. Und auch für neue Gewerbeflächen ist Bedarf da. Ein großes Thema in Ostheim ist auch die Innenentwicklung. Die Weichen für die Stadtentwicklung in den kommenden Jahren sind gestellt. "Wir haben in Ostheim viele historische Gebäude, fünf Schlösser, zwei Burgen und insgesamt eine einmalige Kulisse", beschreibt er seine Stadt. Diese gilt es, lebendig und lebenswert zu erhalten.
"In Ostheim gibt es Ärzte, Apotheken, Geschäfte, und auch die Kinderbetreuung ist gut aufgestellt", listet Malzer auf. Diese Infrastruktur soll erhalten beziehungsweise ausgebaut werden. "Ich möchte, dass den Leuten bewusst wird, was wir hier vor Ort noch alles haben", so der 36-Jährige. Das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) soll dafür sorgen, dass die Bürger ihre Stadt zu schätzen wissen.
Den Blick auf regionale Produkte richten
Den Fokus auf Regionalität zu schärfen, dazu trägt auch der Rhöner Wurstmarkt bei, der heuer wegen der Corona-Pandemie zwar nur virtuell stattfinden kann, aber eines deutlich machen soll: "Wir haben in der Region eine Spitzenqualität an Lebensmitteln", sagt Steffen Malzer. Für die heimischen Metzger biete diese neue Form des Wurstmarkts die Chance, den Onlinehandel für sich zu entdecken und damit völlig neue Zielgruppen zu erschließen. So kann man sich erstmals in diesem Jahr Schlemmerpakete für den Genuss zu Hause bestellen.
Mit einem Schlemmerpaket hat auch Steffen Malzers erster Arbeitstag im Rathaus begonnen. Die Mitarbeiter der Verwaltung hatten ihren neuen Chef mit einer Kiste Malzbier und einem Herz aus Malzbonbons empfangen. "Das hat mir die Aufregung genommen und gezeigt, dass mich die Kollegen akzeptieren", beschreibt er den Moment. Seither ist er mit Herzblut bei der Sache, ist sich aber auch eines gewiss: "Bürgermeister ist man 24 Stunden sieben Tage die Woche. Ich muss aufpassen, dass mich der Job nicht völlig vereinnahmt."