Der gemeinsame Wille, Bad Neustadt voranzubringen, die Zukunft der Stadt trotz aller weltpolitischer Widrigkeiten zu gestalten und verhaltener Optimismus – dies konnte man aus allen Reden heraushören, die die Fraktionssprecher und -sprecherinnen bei der Schlusssitzung des Stadtrats hielten.
Putins Angriffskrieg, die damit verbundenen Flüchtlingsströme, Klimawandel, Energiekrise und Inflation haben Einfluss auf das kommunalpolitische Geschehen vor Ort. Das machten alle Sprecherinnen und Sprecher deutlich. Doch sie ließen auch keinen Zweifel daran, dass sie durchaus Gestaltungsmöglichkeiten haben und diese auch nutzen wollen.
Bastian Steinbach: Wir brauchen weniger Bedenken, wir brauchen mehr Mut
Sehr konkret legte dies Bastian Steinbach für die CSU-Fraktion dar: Es brauche eine detaillierte Kostenschätzung für das geplante Kultur- und Begegnungszentrum Fronhof. Auf der To-do-Liste stehen unter anderem das Krankenhausareal und die "Brandstelle" am Busbahnhof.
Er legte zudem den Finger in eine Wunde, die auch in Bad Neustadt schon lange schwärt: Meinungsäußerungen zu kommunalpolitischen Themen kämen in der Regel von interessierten Seniorinnen und Senioren. Das sei nicht zielführend. "Wir müssen Diskurs entfachen, quer durch alle Bevölkerungsschichten. Wir müssen die Jugend heiß machen auf die Themen der Zeit", forderte er.
Johannes Benkert: 2022 passierte nichts für die Jugend
Dieses Generationenproblem treibt auch Johannes Benkert (Neuschter Liste) um. "2022 passierte nichts für die Jugend", beklagte er. Lokalpolitisch, sagte er, werde 2023 ein spannendes Jahr: Das Mobilitätskonzept, die Zukunft der Kur und des Tourismus seien Themen, an denen man arbeiten müsse.
Er regte auch an, darüber nachzudenken, ob manche Projekte, in die viel Energie und Geld gesteckt würden, überhaupt noch zeitgemäß seien. Konkret nannte er die Verbindungsachse vom Bahnhof in die Innenstadt. Seit 2008 laufe das Projekt. Er sieht die Gefahr, dass die Achse, wenn sie erstmal fertig ist, in eine verödete Innenstadt führt, wenn jetzt nicht gegengesteuert werde.
Janis Heller: Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen
Janis Heller machte für die SPD-Fraktion ebenfalls auf eine Diskrepanz aufmerksam: "Im Bereich Kindergärten, Horte und Schulen sind wir gut aufgestellt. Bei attraktiven Angeboten und Einrichtungen für unsere Jugendlichen besteht hingegen ein Mangel", sagte er.
Heller sieht den Stadtrat in der Pflicht, bei den Themen Wohnen, Arbeit und Leben klare Entscheidungen zu fällen und die Richtung vorzugeben. Gute Grundlagen in Infrastruktur und im Bereich Bildung seien Erfolgsgaranten für eine sichere Zukunft.
Viola Neugebauer: Bad Neustadts Ehrenamtliche machen Lust auf die Zukunft
Viola Neugebauer, Fraktionssprecherin der Freien Wähler, hatte einen erfrischenden Ansatz für ihre Rede zum Jahresschluss gewählt: "Ich werde versuchen, uns allen Lust auf die Zukunft zu machen", sagte sie. Nährboden für Optimismus sieht sie in vielen Bereichen: dem Engagement der Ehrenamtlichen in der Corona-Krise und bei der Betreuung von Flüchtlingen, dem guten Angebot an Kita-Plätzen, Energiekonzepten für neue Baugebiete, Freiflächen-Photovoltaikanlagen oder neue Konzepte für die Kur.
Und sie hatte ein Lob für die Stadtratskollegen der anderen Fraktionen parat: "Aktiv, konstruktiv und sachlich, ohne sich von der politischen Brille blenden zu lassen, das steht im Vordergrund." Und sie gab auch zu: "Stadtratsarbeit kann unfassbar frustrierend sein." Aber auch das sei kein Grund, pessimistisch zu werden.
Angelika Högn-Kößler: Die Kur von damals ist Schnee von gestern
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Gründen bedankte sich Angelika Högn-Kößler bei allen Stadtratskolleginnen und -kollegen für die konstruktive Zusammenarbeit. Sie sprach ein großes Thema der kommenden Jahre an: die Zukunft der Kur. Nach der Schließung des Kurhauses müsse sich der Stadtrat Gedanken darüber machen, wie man die Heilquellen richtig einsetzen und vermarkten kann. "Wir brauchen nicht dasselbe wie Bad Königshofen, Bad Kissingen oder Bad Brückenau. Das Passende für unsere Stadt muss gefunden werden. Etwas, das uns von den anderen unterscheidet", regte sie an.
Bürgermeister Michael Werner: Digitalisierung des Rathauses und Strategien für den Fortbestand der Kur
Das letzte Wort hatte Bürgermeister Michael Werner. Er blickte auf die Projekte des Jahres 2022 zurück und nannte zwei Aufgabenbereiche, die den Stadtrat 2023 beschäftigen werden: Den Umbau der Vill'schen Altenstiftung, die in der Innenstadt bleiben wird, und die Zukunft der Kur, für die es neue Visionen brauche. Sein Statement: Man will den Titel "Bad" behalten und man will Kuranwendungen anbieten können.