
GW3092f ist das Laborkürzel für eine Wolfsfähe, die in den vergangenen Monaten sowohl im hessischen als auch im bayerischen Teil des Spessarts für viele tote Weidetiere und entsprechende Schlagzeilen gesorgt hat. Nun ist sie erstmals in der Rhön, und zwar in Weißenbach im Landkreis Bad Kissingen, aufgefallen. In dem Ortsteil von Zeitlofs wurden am 8. September fünf Damhirsche gerissen, woraufhin das Landesamt für Umwelt (LfU) eine Genprobe entnehmen und testen ließ. Jetzt liegt das Ergebnis vor: Der Riss stammt von einem Wolf, und zwar von GW3092f.
Herkunft der Wölfin unbekannt
Woher das weibliche Tier stammt, ist nicht bekannt. In Hessen wurde die Fähe erstmals am 4. Januar 2023 an einem Wildtierriss in der Gemeinde Hessisch Lichtenau im Werra-Meißner-Kreis nachgewiesen. Dann lässt sich ihre Spur sehr deutlich anhand von Wildtier-, aber auch Nutztierrissen im hessischen Teil des Spessarts verfolgen.
Am 2. August schlug die Wölfin erstmals im Landkreis Main-Spessart zu und tötete bei Habichsthal zwei Schafe. Bei den dortigen Tierhaltern ist die Angst gewachsen, da seither weitere Risse gemeldet wurden, die teils noch untersucht werden. In einem Fall reichte das Probenmaterial nicht für eine Bestimmung.
Viel Appetit im August und September
Der erste Riss in der Rhön ist nun schon der 14. Fall, bei dem die Wölfin Nutztiere angegangen jat. Insbesondere im Juli und Anfang August schien die Fähe großen Appetit gehabt zu haben, wie die folgende Aufzählung zeigt:
Am 7. Juli riss sie in Bad Soden-Salmünster, Main-Kinzig-Kreis (MKK), ein Schaf.
Ebenfalls am 7. Juli riss sie im Gutsbezirk Spessart (MKK) eine Ziege.
Am 8. Juli riss sie in Bad Soden-Salmünster ein Schaf.
Ihr zuzuschreiben sind zudem am 26. Juli in Steinau a. d. Straße (MKK) ein Schaf.
Am 30. Juli in Flörsbachtal (MKK) zwei Schafe.
Am 31. Juli in Flörsbachtal ein Schaf.
Am 2. August zwei Schafe in Habichsthal (Main-Spessart).
Am 3. August ein Schaf in Lettgenbrunn (MKK).
Am 4. August zwei Stück Damwild aus einem Gatter in Pfaffenhausen (MKK).
Am 9. August acht Damhirsche aus einem Gatter in Pfaffenhausen.
Am 10. August ein Schaf in Flörsbachtal.
Am 6. September fiel die Fähe dann wieder auf, als sie ein Schaf in Sinntal (Main-Kinzig-Kreis) riss. Nun folgte der Nachweis aus Weißenbach vom 8. September. Dass die Wölfin in weiteren Bereichen der Rhön aktiv werden könnte, halten Experten für nicht sehr wahrscheinlich. Damit würde sie sich nämlich dem Territorium des Rudels auf dem Truppenübungsplatz nähern. Und das würde von dem Rudel nicht geduldet werden.
Tiere nicht ausreichend geschützt
Könnte es der Wölfin ans Leder gehen, weil sie gar so gerne Weidetiere reißt? Aus hessischer Sicht ist die Wölfin trotz der vielen Vorfälle in so kurzer Zeit und trotz Übergriffen mit viel mehr getöteten Tieren, als für das Stillen des Hungers nötig wäre, noch kein Problemwolf, der entnommen werden müsste, wie Annika Ploenes vom Wolfszentrum Hessen im Gespräch mit dieser Redaktion mitteilt. Denn bei allen Rissen von Nutztieren seien die angegriffenen Tiere zum Zeitpunkt des Übergriffs nicht ausreichend geschützt gewesen, etwa durch entsprechende Zäune.
Nur in einem Fall konnte nicht mehr nachvollzogen werden, wie der Schutz beim Zeitpunkt des Übergriffs war. Laut dem hessischen Wolfszentrum besteht bei Wölfen, die bei Nutztieren einmal leichte Beute gemacht haben, die Gefahr, dass sie erneut Weidetiere angreifen. Deshalb sollten Weidetiere unbedingt ausreichend geschützt werden.

Nach dem Bundesnaturschutzgesetz dürfen Wölfe entnommen werden, wenn diese sich etwa Menschen gegenüber auffällig verhalten und dies als gefährlich eingestuft wird. Außerdem dann wenn Wölfe geeignete Herdenschutzmaßnahmen überwinden. Nach dem hessischen Wolfsmanagementplan muss dies mehrfach geschehen.
Wolfsverordnung soll in Bayern Abschuss von Wölfen erleichtern
In Bayern jedoch gilt seit 1. Mai dieses Jahres die Bayerische Wolfsverordnung, die den Abschuss von Wölfen erleichtern soll. Das Bayerische Landesamt für Umwelt gibt sich auf eine Anfrage zu der hungrigen Spessart-Wölfin sehr wortkarg und verweist auf Internetseiten. Immerhin erfährt man so viel, dass die Bayerische Wolfsverordnung trotz einer Klage des Bunds Naturschutz dagegen derzeit gelte.
In der Verordnung ist geregelt, dass, "soweit es keine zumutbare Alternative gibt", Wölfen nachgestellt, sie gefangen, vergrämt oder geschossen werden dürfen, wenn diese in "nicht schützbaren Weidegebieten" ein Nutztier oder ein Pferd verletzen oder töten. Nicht schützbare Weidegebiete sind vom bayerischen Umweltministerium festgelegt als Gebiete, in denen ein Herdenschutz entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Spessart und Rhön sind, zumindest bislang, nicht dabei, sondern lediglich Gebiete in den bayerischen Alpen und Voralpen.