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Burglauer
Ministerpräsident Söder lobt das Politiker-Derbläggn in der Rhön als den"fränkischen Nockherberg"
Viel Polit-Prominenz lauschte der Fastenpredigt von Bruder Elisäus alias Fredi Breunig in Burglauer. Michl Müller wurde als "Franke mit Rückgrat" ausgezeichnet.
Ein Niederbayer singt das Frankenlied? Beim 15. fränkischen Politiker-Derbläggn in Burglauer war das kein Problem. Ihr Gesangstalent bewiesen (von links) Landrat Thomas Habermann, Burglauers Bürgermeister Marco Heinickel, Innen-Staatssekretär Sandro Kirchner, Wirtschaftsminister Hubert Auwanger, Digitalministerin Judith Gerlach, MdL Steffen Vogel und Ministerpräsident Markus Söder.
Foto: Martina Müller | Ein Niederbayer singt das Frankenlied? Beim 15. fränkischen Politiker-Derbläggn in Burglauer war das kein Problem.
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:45 Uhr

Der Unterschied ist glasklar hörbar: Das Steinkrug-Geklapper am Münchner Nockherberg ist nicht das Gleiche wie das vom fränkischen Politiker-Derbläggn in Burglauer (Lkr. Rhön-Grabfeld). Letzteres ist rauer im Ton, derber. Es kann nicht an den Gästen liegen.

Denn auch in München saßen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Ministerpräsident Markus Söder kürzlich in bester Kameraposition am Biertisch. Am Samstagabend taten sie es wieder in der Rudi-Erhard-Halle fast am anderen Ende des Freistaats. Wahrscheinlich gibt der Inhalt, frisches Rhöner Kreuzbergbier, den klanglichen Ausschlag.

Fotoserie

Die Rudi-Erhard-Halle in Burglauer von Polizei umstellt

Die vielen Mannschaftswagen der Polizei rund um die Burgläurer Festhalle hatten es zu Beginn des 15. Derbläggn angedeutet: Erstmals war mit Markus Söder ein amtierender Ministerpräsident zu Gast bei der Fastenpredigt – bei seinen früheren Besuchen war der CSU-Chef noch Minister. Begleitet wurde er von viel Polit-Prominenz auf den vorderen Bänken und Tischen: Aiwanger, Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) als 'Aschebärtscherin', Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel, Porsche-Fan Klaus Ernst von der Linken oder Ronja Endres, Landesvorsitzende der Bayern-SPD.

Bruder Elisäus alias Fredi Breunig konnte an zehn Fingern abzählen, was die große und die kleine Politik wieder an Fehlleistungen zu beichten hatte beim Derbläggn in Burglauer.
Foto: Martina Müller | Bruder Elisäus alias Fredi Breunig konnte an zehn Fingern abzählen, was die große und die kleine Politik wieder an Fehlleistungen zu beichten hatte beim Derbläggn in Burglauer.

Ins Visier wurden die Politikerinnen und Politiker dennoch genommen – von Bruder Elisäus alias Fredi Breunig. Zum 15. Mal gab er den Klosterbruder vom Kreuzberg, der den Großkopferten die Leviten liest. Das halbrunde Jubiläum hätte schon vor vier Jahren gefeiert werden können, wenn Corona nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte.

Stammgast Hubert Aiwanger als "Schneekanone vom Sudelfeld"

Und tatsächlich hat das Virus den Abend über eine Rolle gespielt, die man dem einstigen Lockdown-Schurken nicht mehr zugetraut hätte. Dass die Behörden in der Hoch-Zeit der Pandemie an den Wochenenden keine Corona-Statistik führten: eigentlich vergessen. Nicht bei Bruder Elisäus, der sich in der freien Wirtschaft keine solche Pause vorstellen könnte. Schnell war er beim Maskenskandal gelandet und brachte als Auszeichnung ein  "Bundesnebenverdienstkreuz" ins Spiel.

Da konnte Hubert Aiwanger von den Freien Wählern laut mitlachen. Fast ein halbes Dutzend Mal schon fand er den Weg aus dem Landkreis Landshut hoch in die Rhön, um dem Rhöner Derbläggn beizuwohnen. "Am Anfang hat er auf dem Weg hierher noch schnell Wahlplakate in Schweinfurt geklebt, aber jetzt hat er es ja geschafft", witzelte Bruder Elisäus. Und ließ nicht unerwähnt, dass die aktuelle bayerische Regierung von der Klima-Fachwelt kein allzu gutes Zeugnis bekommt. "Hubsi, die Schneekanone vom Sudelfeld" war da ein Wink mit dem Zaunpfahl vom Geistlichen persönlich.

Söders Rache für die Wahlrechtsreform der Ampel

Ganz aktuell war Bruder Elisäus beim Thema Wahlrechtsreform, die Bayern ein paar Bundestagssitze kosten könnte. Mit einer Reform des Landeswahlrechts ließe sich das freilich abwenden. "Nur Parteien mit einem C am Anfang und einem Vokal am Ende" sollten wählbar sein. Oder aber wenn sie aus zwei Worten wie die Freien Wähler bestehen. Bündnis 90/Die Grünen haben Pech, denn Parteien mit Ziffern sind verboten. 

Die Formation Spilk mit (von links) Joachim Bühner, Frank 'Franky' Schmitt und Martin Reinhard war mit ihren derb-bissigen Stücken ein Highlight des Abends.
Foto: Martina Müller | Die Formation Spilk mit (von links) Joachim Bühner, Frank "Franky" Schmitt und Martin Reinhard war mit ihren derb-bissigen Stücken ein Highlight des Abends.

Den Zeigefinger gegen Söder erhebt Bruder Elisäus noch, weil der für Bayern Lehrer aus anderen Bundesländern abwerben will. Das sei ein Niveau wie beim Geschacher der Vereinsgrößen im Fußball. Die Spitzen gegen Söder werden doch nicht der Grund dafür gewesen sein, dass der Ministerpräsident als einer der Ersten durch den Hinterausgang den Saal verließ?

Rechnen wir es besser dem dichten Terminkalender des Ministerpräsidenten zu. Wenig später allerdings twitterte Söder schon über die "großartige Stimmung" in Burglauer: "Das ist der fränkische Nockherberg! Fränkischer Humor at it's best." 

Die Großen der bayerischen Politik standen am Ende der rund einstündigen Fastenpredigt von Bruder Elisäus, dessen Vorbild Franziskaner-Bruder Johannes Matthias auch wieder vor Ort war. Auch dem Rhöner Lokalgeschehen verschaffte Breunig Raum: Dass der Sälzer Sportplatz so hell beleuchtet wird, dass die Vögel mit dem Nestbau schon im Winter beginnen, war so eine Episode.

Am Ende wurde das Kreuzberg-Lied gesungen

Der Abriss des "Schmitts Mary Haus" war ihm eine eigene Predigt-Strophe wert. Und natürlich auch der Wolf, der sich bei Hohenroth herumtreibt, also auch in der Nähe des Waldkindergartens. "Ich habe gehört, dass da im Moment gerade sieben Kinder betreut werden", spannte Bruder Elisäus den galgenhumorigen Bogen zum Märchen mit den sieben Geißlein.

So ging es munter durch den Rhön-Grabfelder Jahreslauf, alle politischen Farben hatten etwas zu lachen. Die Bierkrüge klapperten, die Lacher hallten durch den Bierdunst hoch zur Decke, bis am Ende der ganze Saal das Kreuzberglied anstimmte.

500 Besucher in der proppenvollen Halle

Einer der Höhepunkte war auch das derb-komische Volksmusiktrio "Spilk" mit Franky Schmitt. Das hatte als Einheizer nicht nur ein Lied extra für die Burgläurer Bauhofmitarbeiter im Gepäck, das allerdings nicht gerade für den Arbeitswillen des Trupps sprach. Auch der Steinacher Wolf war Thema und überhaupt Corona, das manche illegale Garagen-Party brachte. Für die Drei gab es Standing Ovations in der mit über 500 Besuchern ausverkauften und proppenvollen Rudi-Erhard-Halle.

Der Garitzer 'Dreggsagg' Michl Müller wurde zum 'Franken mit Rückgrat', da durfte auch der Eintrag ins Goldene Buch der Gemeinde nicht fehlen.
Foto: Martina Müller | Der Garitzer "Dreggsagg" Michl Müller wurde zum "Franken mit Rückgrat", da durfte auch der Eintrag ins Goldene Buch der Gemeinde nicht fehlen.

Auch einen Franken mit Rückgrat gab es wieder. Nach der Krankenschwester Renate Bauer vom Schweinfurter Leopoldina war es diesmal kein Geringerer als der Dreggsagg Michl Müller aus dem Bad Kissinger Stadtteil Garitz. Der erstürmte gut aufgelegt die Bühne, fühlte sich bei Kultusminister Michael Piazolo eher an ein Erdmännchen erinnert und hatte Angst vor der Energiewende, weil bei ihm im Wohnzimmer schon das Licht flackert, wenn der Nachbar sein E-Auto auflädt. Michl Müller hätte wohl am liebsten noch ein paar Pointen verteilt, wurde aber etwas schnell vom Conférencier Sven Schröter eingebremst.

Aiwanger und Söder: Liebe vergeht, Hektar besteht

Der entlockte der Prominenz aber auch viele schöne Zitate. Die Frage, ob die politische Liaison Aiwanger-Söder eine Liebesheirat sei, beantworte der schlagfertige Söder mit: "Liebe vergeht, Hektar besteht." Politik hat nunmal mit Bauernschläue zu tun.

So ging das knapp vier Stunden munter hin und her, die Lauertaler Musikanten unter Hubert Ziegler spielten zünftig dazu und der Heimatverein Burglauer mit Mathias Mangold als Vorsitzendem hatte seinen 15. Kracher gelandet.

Nicht am Katzentisch, sondern nahe am Zentrum der Macht: Der Linke und Gewerkschaftsmann Frank Firsching und die SPD-Landesvorsitzende Ronja Endres genossen den Abend in Burglauer.
Foto: Martina Müller | Nicht am Katzentisch, sondern nahe am Zentrum der Macht: Der Linke und Gewerkschaftsmann Frank Firsching und die SPD-Landesvorsitzende Ronja Endres genossen den Abend in Burglauer.

Bleibt am Ende nur die Frage, wer im nächsten Jahr der "Franke mit Rückgrat" werden könnte. Vielleicht ja Charlotte, die Tochter der Bundesabgeordneten Dorothee Bär. Die hatte der Mutter zuliebe ihren zwölften Geburtstag in Burglauer verbracht. Nicht nur wegen der lehnenlosen Bierbänke verlangt dies mehr als nur ein bisschen Rückgrat.

 
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  • M. S.
    Von einem bekannten Politiker hab ich mal den Satz gehört "man muss dort erscheinen, es ist gewissermaßen Pflicht!"

    Im meinen Augen ist dieser Satz wirklich traurig! Von einem Politiker sollte man gute Arbeit verlangen und nicht das er an Wochenenden seichte Veranstaltungen in Bierzelten besucht.

    Traurig auch, dass so eine seichte Veranstaltung, welche alles andere als Pflicht sein sollte wichtiger zu sein scheint als eine Geburtstagsfeier mit der 12jährigen Tochter im angemessenen Kreis! Wenn "berufliches und privates unter einem Hut bringen" so verstanden wird dann wurde etwas missverstanden!

    Als Vater würde ich mich schämen meiner Tochter so einen Geburtstag zu bescheren, erst recht wenn ich beruflich bedingt eh nicht so oft zu Hause sein kann.
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  • M. S.
    Wem nutzen solche Werbeveranstaltungen?

    Den Veranstaltern vor Ort als kostengünstige Möglichkeit Einnahmen zu generieren und den anwesenden Politikern zur scheinbar billigen Imagepflege beim anwesenden Bierzeltvolk.

    Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten d.h. für den Veranstalter und für anwesende Politiker jeglicher Colour!

    Da lobe ich mir jeden Politiker der dieses Spiel nicht mitspielt und für den der Ernst der Lage im Vordergrund steht. Ich empfinde es nicht als Schwäche dort nicht aufzutauchen.

    Billige Werbung spricht leider viele an. Wenn das Niveau dabei ebenfalls nicht zu hoch ist umso besser! Die sogenannten Leviten die gelesen werden sorgen höchstens für den ein oder anderen Lacher. Anders geht es kaum, würde die Politiker hier ernsthaft Kritik erwarten kämen sie nicht.

    Die Qualität eines Politiker bemesse ich in seiner Arbeit nicht in seinem Freizeitverhalten! Da sollte manche Politiker an ihrem Schwerpunkt arbeiten.
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  • H. E.
    Ernst war da? Und Ronja wer?

    Hmmm.

    Da schon lieber den Staatssekretär Sandro Kirchner und die Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär und Markus Hümpfner.

    Wo war eine Rottmann? Totalausfall!
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