
Es ist Samstag, die Sonne scheint, ein Kind spielt im Garten. Plötzlich fällt es hin und ein Stück Zahn ist abgebrochen. Bei solchen oder anderen akuten Zahnproblemen am Wochenende hilft der zahnärztliche Notdienst. Um ihn zu nutzen, müssen Patienten aus Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen nun möglicherweise weitere Fahrtwege in Kauf nehmen – beispielsweise von Bad Neustadt nach Burkardroth oder umgekehrt. Denn wie der Internetseite der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayern (KZVB) zu entnehmen ist, gibt es seit Jahresbeginn nur noch den Notdienst-Bezirk "Fränkische Rhön", statt wie bisher je einen eigenen Bezirk für Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen.
"Zu Jahresbeginn wurden die Notdienst-Bezirke in vielen Teilen Bayerns vergrößert. So wurden auch Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen zusammengefasst", bestätigt Leo Hofmeier, Leiter der KZVB-Pressestelle, auf Nachfrage dieser Redaktion. Die Änderung müsse sich nun bewähren: "Sollte es Probleme geben, können wir nachjustieren". Auch mit den vergrößerten Notdienst-Bezirken sei gewährleistet, dass jedem Patienten in einer maximalen Entfernung von 20 bis 30 Kilometern eine Notdienst-Praxis zur Verfügung steht, so Hofmeier. Derlei Fahrtwege seien zumutbar.
Dass größere Entfernungen allerdings gerade für nicht-mobile Patienten problematisch sein können, räumt der Leiter der Pressestelle ein: "Wer auf dem Land lebt und kein Auto hat, hat aber mit fünf Kilometern Entfernung genauso ein Problem wie mit 20". Wer am Wochenende starke Zahnschmerzen habe, müsse keine Praxis im eigenen Bezirk aufsuchen, sondern könne auch den Notdienst in einem benachbarten Bezirk nutzen, etwa in Schweinfurt, was in manchen Fällen kürzer sei.
Immer weniger Praxen, immer weniger Patienten im Notdienst in Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen
Die Umstellung sei nötig geworden, weil es auf dem Land immer weniger Zahnärzte gibt. Im Landkreis Rhön-Grabfeld existieren aktuell 30 Praxen, in Bad Kissingen 42. In Großstädten entstünden immer mehr medizinische Versorgungszentren (MVZ), deren angestellte Ärzte dem ländlichen Raum als Praxis-Betreiber fehlen. "Die Zahl der bayerischen Einzelpraxen hat sich vom Höchststand in den 1990er-Jahren mit etwa 8000 Praxen auf heute rund 5000 verringert. Dem stehen rund 1000 Berufsausübungsgemeinschaften und 244 MVZ in den Ballungsräumen gegenüber", so Hofmeier.

Ein weiterer Grund für die Vergrößerung der Bezirke ist laut Hofmeier, dass der zahnärztliche Notdienst heute seltener in Anspruch genommen wird, weil sich die Mundgesundheit verbessert und es einen enormen Rückgang bei Karies gegeben habe. "Da die meisten Patienten einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung gehen, nimmt die Zahl der Notfälle ab. Doch auch wenn nur wenige Patienten zum Notdienst kommen, fallen für Mediziner Kosten an, beispielsweise für das Praxispersonal", sagt Hofmeier. Der Zahnarzt rechne Behandlungen genauso ab wie unter der Woche, nur die Budgetierung gelte nicht. Eine Pauschale erhalte der Notdienst leistende Arzt allerdings nicht.
Zahnärzte müssen im Notdienst samstags und sonntags jeweils von 10 bis 12 und 18 bis 19 Uhr in ihrer Praxis anwesend sein. Hinzu kommt eine telefonische Rufbereitschaft während des gesamten Wochenendes. Es ärgere manchen Zahnarzt, sich für den Notdienst "das Wochenende um die Ohren zu schlagen" und dann womöglich draufzuzahlen, wenn niemand kommt.
Besuch beim Notdienst sollte gut überlegt sein
Nach wie vor sei aber jede Zahnarzt-Praxis mit kassenzahnärztlicher Zulassung – laut Hofmeier betrifft das etwa 98 Prozent aller bayerischen Praxen – verpflichtet, am Notdienst teilzunehmen. Mit dem neuen System werde die Anzahl Notdienste je Praxis auf drei bis vier pro Jahr begrenzt, was die Mediziner entlaste.
Hofmeier appelliert an Patienten, sich gut zu überlegen, ob sie mit ihrem Zahn-Problem wirklich den Notdienst aufsuchen müssen. "Wenn man sich einen Zahn ausgeschlagen hat oder eine Wunde stark blutet, ist das ein Fall für den Notdienst", sagt Hofmeier. In milderen Fällen sollten Patienten abwägen, ob es reicht, Schmerztabletten zu nehmen und am Montag zum Zahnarzt zu gehen. Denn so mancher Patient suche aus "Komfortdenken" den Notdienst auf, etwa weil er unter der Woche keine Zeit habe.
Der zahnärztliche Notdienst kann der Tageszeitung entnommen und unter www.notdienst-zahn.de abgerufen werden.