Seit 1. Februar dieses Jahres bietet das BRK-Alten- und Pflegeheim in Bad Neustadt eine "eingestreute Nachtpflege" an. Das Angebot soll der Entlastung pflegender Angehöriger dienen und ihnen ermöglichen, eine Nacht durchzuschlafen oder abends auszugehen. Der Neuerung kommt jedoch noch eine weitaus größere Bedeutung zu. Wenn das Ganze funktioniert, wird das Konzept in den staatlichen Rahmenvertrag aufgenommen und kann auch von anderen realisiert werden.
Bislang sehen die staatlichen Vorgaben für die Nachtpflege unter anderem ein eigenes Gebäude mit eigenem Personal vor. "Das ist für uns räumlich und personell nicht umsetzbar und vor allem nicht zu finanzieren", sagte Einrichtungsleiterin Elke Müller im Januar kurz vor Inbetriebnahme der Nachtpflege gegenüber dieser Redaktion.
Die Nachtpflege von Bad Neustadt ist in den Wohnbereich integriert
Sie und ihre Kolleginnen, Pflegedienstleiterin Celine Mildner und die stellvertretende Einrichtungsleiterin Kornelia Siebenschuck, entwickelten als Alternative das Konzept einer "eingestreuten Nachtpflege". Eingestreut bedeutet integriert in den Wohnbereich. Ein Zimmer der Einrichtung wird für die Nachtpflege reserviert und der Gast wird vom Personal des Wohnbereichs mitbetreut.
Das Konzept wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie von der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Kulmbach für förderungswürdig erklärt und auf den Weg gebracht. Die Projektphase dauert ein Jahr und wird von der Universität Bayreuth wissenschaftlich begleitet.
Somit hängt vom Erfolg des Pilotprojektes im BRK-Heim sehr viel ab. Bislang wird die Nachtpflege in Bayern und auch darüber hinaus nicht allzu oft angeboten. Wenn die Rahmenbedingungen staatlicherseits gelockert werden, folgen vielleicht weitere Einrichtungen dem Beispiel aus Bad Neustadt und etablieren ebenfalls die eingestreute Variante.
Mit vielen Interessenten pro Woche das BRK-Heim in Bad Neustadt rechnete
Wie ist es bislang gelaufen? Die Nachfrage sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben, bedauert Elke Müller. Sie rechnete mit etwa zwei bis drei Interessenten pro Woche. Tatsächlich habe es bislang vier Anfragen gegeben, von einem Ehepaar und zwei weiteren Personen.
Mit diesen beziehungsweise den Angehörigen seien Informationsgespräche geführt worden. Dabei habe sich herausgestellt, so Müller, dass drei der vier Personen in den beschützenden Wohnbereich gemusst hätten, da sie Hinlauftendenzen haben. Mit "Hinlauftendenzen" umschreibt man ein Umherlaufen, das sich häufig bei Menschen mit einer Demenz zeigt und das die Gefahr in sich birgt, dass die Betroffenen das Gebäude unbemerkt verlassen und sich verlaufen.
Nachfrage besteht nach dem beschützenden Wohnbereich
Für eine Unterbringung im beschützenden Wohnbereich sei jedoch ein Beschluss durch das Betreuungsgericht notwendig, erläutert Elke Müller. Das biete das BRK-Alten- und Pflegeheim von Bad Neustadt nicht an. Das für die Nachtpflege vorgesehene Zimmer liegt nicht im beschützenden Wohnbereich.
Im vierten Fall erkundigte sich eine Person, die ihren Ehepartner pflegt, ob sie diesen "im Notfall" bringen könne. Das heißt, wenn sie ausfällt. Insofern würde sie die Nachtpflege nur flexibel und kurzzeitig nutzen wollen, meint Müller. In dem Fall wäre eine Kurzzeitpflege zudem angebrachter. Generell sei die Interessentin jedoch froh, dass es das Angebot gibt.
Wie die wissenschaftliche Begleitung durch die Universität Bayreuth abläuft
Mittlerweile fand ein erster Termin mit der Uni Bayreuth statt. Diese erarbeitet einen Fragenkatalog für die Leitungskräfte, das weitere Personal, die Angehörigen und die zu Pflegenden. Erste Erfahrungen und die Abläufe werden dokumentiert. Hinterfragt werde dabei auch, erklärt die Heimleiterin, inwieweit die eingestreute Nachtpflege eine Störung für die festen Bewohnerinnen und Bewohner sein könnte.
"Ist hier der Bedarf für eine Nachtpflege da? Das soll mit dem Projekt herausgefunden werden", sagt Elke Müller. "Wir müssen abwarten, wie es weiter läuft."
Die Heimleiterin appelliert jedoch auch an die Bürgerinnen und Bürger, für die Nachtpflege offen zu sein, sie anzunehmen und mal auszuprobieren. "Ansonsten ist das Angebot fort." Pflegedienstleiterin Celine Mildner ergänzt: "Wir lassen den Kopf nicht hängen und hoffen auf mehr Anfragen."