Ein langer Gang, links und rechts Türen, hier und da Bildschirme: In der Zentralen Notaufnahme des Rhön-Klinikums Campus Bad Neustadt sieht es so aus, wie sich die meisten Menschen diese Station wohl vorstellen würden. Von anderen gängigen Klischees wie Lärm und Hektik ist dagegen nichts zu spüren. "Es wäre hier nur laut und hektisch, wenn unsere Arbeit nicht richtig organisiert wäre. Wenn es gut läuft, ist es leise und die Mitarbeitenden rennen nicht", sagt Dr. Michael Schneider, Chefarzt und Leiter der Zentralen Notaufnahme beim Gang durch die Räumlichkeiten.
Dort gibt es einen Wartebereich für diejenigen, die weniger dringend behandelt werden müssen und selbst die Notaufnahme aufsuchen. Bildschirme informieren per telemedizinischer Datenübertragung aus Rettungswagen oder Hubschrauber darüber, welche Patienten demnächst vom Rettungsdienst gebracht werden.
Die Wege in der Zentralen Notaufnahme in Bad Neustadt sind kurz
Sie werden in einem der Schockräume, deren Ausstattung eine bestmögliche Versorgung ermöglicht, versorgt. Patienten, die hier behandelt werden, kommen wegen Herzinfarkten, Schlaganfällen oder schweren Unfällen. Sowohl die Radiologie als auch das Herzkatheter-Labor liegen wie der Anfahrtsplatz der Rettungsfahrzeuge nicht weit entfernt.
Ein tierischer Besucher in der Notaufnahme des Rhön-Klinikum Campus
"Ein Stockwerk darüber befindet sich die Intensivstation und auch der Hubschrauberlandeplatz ist schnell erreichbar", erklärt Schneider. Obwohl er bei seiner Arbeit mit vielen dramatischen Schicksalen konfrontiert wird: Sein Job bereite ihm Freude und sei abwechslungsreich, sagt der Mediziner. Vom Schlaganfall über einen Patienten, der seinen Ring nicht mehr vom Finger bekommt, bis hin zu Herzinfarkten oder Hirnblutungen sei alles dabei.
An einen kuriosen Fall kann er sich gut erinnern. "Um 2 Uhr fragt ein Mann: 'Könnt ihr meinem Kumpel helfen? Ihm geht es nicht gut, er bräuchte vielleicht eine Infusion'", so Schneider. "Dann macht er seinen Mantel auf und da ist ein Papagei drin", sagt Schneider und lacht. Schließlich sei die Notaufnahme für menschliche und nicht für tierische Patienten da.
Wirkt sich der Hausarztmangel auf die Notaufnahme in Bad Neustadt aus?
Um einzuschätzen, wie dringend eine Person behandelt werden muss, wird laut dem Chefarzt eine fünfstufige Triage angewendet. "Zentrale Fragestellung ist, ob der Patient lebensbedrohlich erkrankt oder verletzt ist", so Schneider. "Patienten der Kategorie vier und fünf kann man meist ins Wartezimmer setzen, in drei fällt eine schwere Lungenentzündung. Eins ist ein Schwerstverletzter oder ein schwerer Schlaganfall".
Pro Jahr verzeichne die Zentrale Notaufnahme rund 28.000 Patienten. "Durchschnittlich 80 bis 100 pro Tag. Es sind auch mal 140 bis 160, wenn zum Beispiel Glatteis ist. Zuletzt stiegen unsere Patientenzahlen jährlich um rund 1000 Personen", so der Chefarzt. Damit liege man im deutschlandweiten Trend. Eine ständige Überlastung der Notaufnahme sieht er nicht. Es gebe jedoch Spitzenzeiten, an denen die Kapazität der Notaufnahme und die Bettenkapazität der Klinik aufgrund des hohen Patientenaufkommens an ihre Grenzen stößt. Man könne durch die gute Zusammenarbeit im eigenen Team und mit den anderen Abteilungen des Rhön-Klinikum Campus flexibel reagieren.
Wer keine akute Versorgung braucht, wird untersucht und an die Kassenärztliche Bereitschaftspraxis direkt neben der Notaufnahme oder seinen Hausarzt verwiesen. "Es sind seit mehreren Jahren konstant rund zehn Prozent der Patienten hier, die besser für den Hausarzt geeignet wären", so der 52-Jährige. Diese Zahl habe sich im Vergleich zum allgemeinen Patientenaufkommen nicht erhöht.
Womit in die Notaufnahme, womit eher zum Hausarzt?
Dass viele Menschen keinen Hausarzt mehr haben, sieht Schneider nicht als Ursache für die höheren Patientenzahlen. So könnten für manchen auch ein eintägiger Durchfall, langanhaltende Ohrenschmerzen oder Fieber eine Notlage darstellen. "Da lassen sich keine Rückschlüsse ziehen. Der Patient definiert sich selbst als Notfall".
Hat er Tipps, um unnötige Besuche in der Notaufnahme zu vermeiden? "Bei nicht akuten Problemen erst den Hausarzt fragen oder sich über die 116 117 vom Ärztlichen Bereitschaftsdienst beraten lassen", rät er. "Bei akuter Atemnot, Brustschmerz, Schlaganfall-Symptomen wie Halbseitenlähmungen, schweren allergischen Reaktionen, Knochenbrüchen oder Herzrhythmusstörungen zu uns kommen. Dafür gibt es eine Notaufnahme".