Es ist der größte Haushalt in der Geschichte der Stadt Mellrichstadt. "Selbst die älteren VG-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter können sich nicht erinnern, dass jemals so viel Geld in die Hand genommen wurde", sagte Bürgermeister Michael Kraus, als er das Zahlenwerk am Donnerstagabend in der Sitzung des Stadtrats vorstellte. Mit einem Volumen von insgesamt 27,5 Millionen Euro setzt der Haushaltsplan den Rahmen für alle Vorhaben und Maßnahmen, die in diesem Jahr angegangen werden. "Mit dem Ziel, das Bestmögliche für die Stadt zu erreichen", wie Kraus vorausschickte.
Wer viel anpackt, braucht viel Geld. Auf den ersten Blick sieht die Finanzlage gut aus: Die Rücklagen betragen 10,8 Millionen Euro, die Schuldenlast liegt bei 3,8 Millionen Euro. Das dicke Rücklagenpolster verdankt die Stadt der heimischen Wirtschaft und den entsprechenden Gewerbesteuereinnahmen sowie der hohen Summe an Stabilisierungshilfe, die Mellrichstadt in den vergangenen Jahren vom Freistaat erhalten hat. "Das hat es uns ermöglicht, Großprojekte anzupacken, ohne Kredite aufnehmen zu müssen", machte der Bürgermeister deutlich.
Rücklagen werden deutlich schrumpfen
Doch das Polster wird im Laufe des Jahres deutlich dünner. 5,5 Millionen Euro werden aus den Rücklagen entnommen und in das umfangreiche Investitionsprogramm der Stadt fließen. "Einige Projekte, die bereits begonnen wurden, lassen die Summe rasant schmelzen", so Kraus. Dazu mache sich bemerkbar, dass die Stadt 2022 erstmals nach sieben Jahren bei der Zuweisung von Stabilisierungshilfe leer ausgegangen ist – und zwar ausgerechnet wegen des großen Finanzpolsters.
Zum Vergleich: 2020 und 2021 waren noch insgesamt über zwei Millionen Euro zur Schuldentilgung und für Investitionen bereitgestellt worden. In diesem Jahr hat die Stadt nun wieder einen Antrag auf Unterstützung durch den Freistaat gestellt. Die Entscheidung, ob Geld aus München nach Mellrichstadt fließt, wird allerdings erst Ende des Jahres fallen.
Weitere wichtige Zahlen: Die Schlüsselzuweisungen, die Mellrichstadt vom Freistaat erhält, betragen 335.000 Euro, errechnet aus der Steuerkraft 2021. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer werden auf 4,65 Millionen Euro geschätzt. In diesem Jahr werde auch erstmals wieder eine freie Finanzspanne von 263.900 Euro erwirtschaftet, so Kraus. Die Umlage an den Landkreis Rhön-Grabfeld schlägt mit 3,5 Millionen Euro zu Buche, die Umlage an die VG mit einer Million Euro.
Eine lange Liste von Maßnahmen
"Wir haben versucht, unsere Projekte im Spannungsfeld zwischen noch ungewissen Einnahmen und der Verfügbarkeit von Planern und Architekten bestmöglich zu planen", führte der Bürgermeister zu den Investitionen an.
Dass Mellrichstadt viele große Baustellen in Stadt und Stadtteilen auf der Agenda hat, ist kein Geheimnis. Kraus listete einige davon auf: die Freizeitanlage an der Stadtmauer mit Abriss der Gewächshäuser, die Erschließung von Baugebieten, darunter auch das Areal der ehemaligen Brauerei in Mellrichstadt, die Planungen für Sanierung und Neubau der Kindergärten in der Stadt, die Sanierung der Realschule und des Freibads, Glasfaserausbau, Straßenbauarbeiten und die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED. Photovoltaikanlagen sollen zudem auf dem Feuerwehrhaus und dem Bauhof errichtet werden. In den Stadtteilen sind die Renovierung des Kulturheims in Eußenhausen und des Dorfgemeinschaftshauses in Frickenhausen die größten Vorhaben.
Im Mittelpunkt stehen die Bedürfnisse der Einwohner
"Bei allen Maßnahmen, die wir anpacken, haben wir uns die Frage gestellt, ob die Bürgerinnen und Bürger das bekommen, was sie brauchen beziehungsweise ob sie das auch brauchen, was sie bekommen", führte Kraus aus. Die Antwort gab der Stadtchef gleich mit: "Die Stadt wird modernisiert, entwickelt sich weiter und bleibt lebenswert. Das ist unsere Maßgabe."
Für die Aufstellung des Haushalts war VG-Geschäftsstellenleiter Peter Hehn als Kämmerer eingesprungen, bedankte sich Michael Kraus. Dem schloss sich Wolfgang Stahl (SPD) an, der in diesem Jahr die gemeinsame Haushaltsrede für alle Fraktionen hielt. Der Haushalt sei ausgewogen und lasse Spielraum für die Entwicklung der Stadt, fasste er zusammen. Als größte Überraschung bezeichnete er die Förderzusage des Bundes mit 3,78 Millionen Euro für die Sanierung des Freibads.
Missstimmung im Gremium nach Antrag der SPD-Fraktion
Zu guter Letzt nahm Stahl Stellung zu einem Antrag seiner SPD-Fraktion, der vor der Haushaltsverabschiedung zu deutlichen Missstimmungen im Gremium geführt hatte. Demnach fehle der SPD im aktuellen Haushaltsentwurf ein besonderes Augenmerk auf den sozialen Sektor. Beantragt wurde daher, Gelder für eine offene Jugendarbeit in Mellrichstadt bereitzustellen. Als Modell dient die Stadt Bad Königshofen, bei der die Jugendarbeit mit einer 50-Prozent-Stelle bei der Vhs (Kosten trägt die Stadt) sowie mehreren geringfügig Beschäftigten organisiert wird. 40.000 Euro sollen dafür noch nachträglich im Mellrichstädter Haushalt eingestellt werden – Geld, das die Stadt durch die niedriger als geplant ausgefallene Kreisumlage in Höhe von 80.000 Euro ja nun übrig habe.
Insbesondere der CSU-Fraktion stieß dieses Vorgehen sauer auf. Christian Herbig kritisierte den Zeitpunkt der Antragstellung, direkt vor der Verabschiedung des ausgearbeiteten Haushalts. "In allen Vorberatungen hat die SPD dieses Anliegen nicht einmal zur Sprache gebracht, und jetzt soll der Haushalt umgeworfen werden - das ist nicht die feine englische Art." Markus Groenen sprach von taktischen Spielchen und plädierte für ein gutes Miteinander im Stadtrat, wie bislang in Mellrichstadt üblich.
Erst informieren, dann Geld ausgeben
Gegen die Stimmen der beiden Mitglieder der SPD-Fraktion wurde die Bereitstellung von Mitteln für die Jugendarbeit zu diesem Zeitpunkt abgelehnt. Dabei gehe es nicht um das Thema an sich, sondern die Art und Weise des Umgangs, wie Markus Groenen hervorhob. Bürgermeister Michael Kraus sagte dazu, dass das Thema Jugendarbeit im Blick behalten werde und einer Entscheidung erst einmal umfassende Informationen zu den Möglichkeiten zugrunde liegen sollten. Dafür hatte auch Horst Ullmann (Freie Wähler) plädiert.
"Unser Antrag sorgte im Vorfeld der Sitzung offensichtlich für etwas Verwirrung", sagte Wolfgang Stahl und fügte an: "Wir streben natürlich auch weiterhin eine gute Zusammenarbeit im Gremium an." Die neue Konstellation des Haushalts und der ihrer Meinung nach zeitliche Druck habe die SPD-Fraktion dazu bewogen, den Antrag jetzt zu stellen, so sein Schlusswort.