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Bad Neustadt
Haushalt des Landkreises Rhön-Grabfeld steht: Praktisch bis zur letzten Minute wurde um die Kreisumlage gerungen
Statt um 2,5 wird die Kreisumlage nur um 1,5 Prozentpunkte erhöht. So verbleiben rund 900.000 Euro bei den Kommunen. Für den Kompromiss wurde hart gerungen, hinter verschlossenen Türen.
War ganz schön schweißtreibend: In mehreren Verhandlungsrunden wurde der Haushalt des Landkreises Rhön-Grabfeld erarbeitet.
Foto: Gerhard Fischer | War ganz schön schweißtreibend: In mehreren Verhandlungsrunden wurde der Haushalt des Landkreises Rhön-Grabfeld erarbeitet.
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:21 Uhr

Der Haushalt des Landkreises Rhön-Grabfeld steht. Praktisch bis zur letzten Minute wurde an ihm geschraubt. Am Samstag ging die finale Fassung an die Fraktionen, am Montag stimmte der Kreistag über das Werk ab. Was sich im Vorfeld schon abzeichnete, fand Eingang in die Haushaltssatzung. Das toxische K-Wort der Debatte, die Kreisumlage, war Zentrum der Verhandlungen. Die Kreisumlage wird nicht um 2,5 Prozentpunkte auf 47,2 Prozent angehoben, wie es noch im ersten Entwurf stand. 1,5 Prozentpunkte müssen dem Landkreis reichen. Den Kommunen in Rhön-Grabfeld bleiben so rund 900.000 Euro in ihren Säckeln.

Der Brandbrief der Bürgermeister zeigte Wirkung

Das ungewöhnliche Aufbegehren der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis gegen die ursprünglich geplante Umlage-Erhöhung von 2,5 Prozent zeigte offensichtlich Wirkung. Anfang März hatte Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus als Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags im Namen seiner Kolleginnen und Kollegen einen Brandbrief an Landrat Thomas Habermann geschrieben. Viele Rathäuser ächzten schon jetzt unter der Finanzlast, die Erhöhung der Umlage würde weitere, massive Folgen haben.

In der Diskussion im Vorfeld der Haushaltssitzung vom Montag wurde betont, dass Kreishaushalt und Kommunalhaushalte gleichrangig zu bewerten seien und ein Ausgleich auf Augenhöhe gesucht werden müsse. Die Finanzbedarfe beider Seiten seien gleichwertig zu betrachten. Praktische Folge dieser rechtlichen Systematik: Wenn die Kommunen sparen müssen, muss es der Landkreis auch. Also wurde in mehreren Verhandlungsrunden am Entwurf gearbeitet, bis er die Zustimmung der Mehrheit fand. 

Verhandlungen wurden hart geführt

"Wir hatten das erste Mal seit vielen Jahren eine Diskussion um die Finanzierung", sagte Landrat Thomas Habermann. Er zeigte Verständnis für die kritischen Fragen aus den Rathäusern. "Die Gespräche über die Eckdaten wurden direkt und hart geführt", ließ der Landrat durchblicken. Der präsentierte zusammen mit seinem Kämmerer Michael Eisenmann auch einen Überblick über die Finanzsituation der Gemeinden, die ja neben staatlichen Mitteln ein maßgeblicher Geldgeber für die Aufgaben des Landkreises sind.

Habermann bemerkte eine gewisse Wende bei den öffentlichen Haushalten. Mit der Corona-Krise seien die biblischen fetten Jahre vorbei gewesen. Ob es eine Konsolidierung gibt oder einen weiteren Abstieg, bleibe abzuwarten. Der Haushalt 2023 sei kein ungewöhnlich kostspieliger. Die meisten Großprojekte wie Schulsanierungen seien rechtzeitig abgewickelt worden. Was den Landkreis treffe, seien die Energiekosten und zu hohe Standards zum Beispiel bei Bauprojekten. "Macht mal langsam!", forderte er ein Ende der steigenden Regelungswut übergeordneter Behörden.

Personalkosten weiterhin hoch

Der dicke Brocken Personalkosten dürfte erstmal bleiben, zumal die aktuellen Tarifverhandlungen weitere Steigerungen erwarten lassen. Rund fünf Prozent Lohnsteigerungen sind im neuen Etat vorsichtshalber eingepreist. Rund 4,5 Millionen Euro wende der Landkreis für Personalkosten auf, um Arbeiten zu erledigen, die eigentlich nicht zum Aufgabenfeld des Landkreises gehörten. Immerhin: Die Kosten für die Bewältigung der Coronakrise wie der Migration übernehme der Freistaat.

Haushalt des Landkreises Rhön-Grabfeld steht: Praktisch bis zur letzten Minute wurde um die Kreisumlage gerungen

Habermann freute sich, dass die Kreismusikschule als freiwillige Leistung bei den Kreisrätinnen und Kreisräten nicht zur Debatte stehe. Über die nächsten Jahre wolle man vor allem beim ÖPNV große Einsparungen erreichen. Am liebsten wäre es Habermann, wenn man noch heuer aus der Linie "Der Coburger" aussteigen könnte. 600.000 Euro jährliche Kosten bei kaum genutzten Bussen seien nicht vermittelbar. Die Grünen-Kreisrätin Birgit Reder-Zirkelbach hoffte indes, die Einführung des 49-Euro-Tickets könnte die Linie attraktiver machen und bat sozusagen um verlängerte Probezeit. Trappstadts Bürgermeister Michael Custodis wiederum fand es ökologisch bedenklich, täglich Hunderte Liter Diesel sinnlos zu verbrennen.

Schülerwohnheim: Baubeginn noch in diesem Jahr

Das Großprojekt Neubau eines Schülerwohnheims kann noch in diesem Jahr starten. Rund elf Millionen Euro sind insgesamt kalkuliert, in diesem Jahr könnten davon rund 2,6 Millionen Euro in die ersten Arbeiten fließen. "Das Wohnheim ist ein integraler Bestandteil der Berufsschule", so Habermann. Der Neubau werde die Wettbewerbsfähigkeit unter den Berufsschulstandorten steigern. Die Metall- und Elektroberufe seien ein Fundament der Wirtschaftskraft im Landkreis. Mit Luxus habe das Bauvorhaben nichts zu tun.

Habermann sprach von geordneten Finanzverhältnissen. Der Schuldenstand sei von 34 Millionen auf 12,6 Millionen in den letzten Jahren reduziert worden. Von Kämmerer Michael Eisenmann kamen einige Ergänzungen. Von den 71 bayerischen Landkreisen würden 44 eine Erhöhung der Kreisumlage vornehmen. Bei der Umlagekraft rangiere der Landkreis nur auf Rang 69. Die Kreisumlage werde 2023 um 5,5 Millionen Euro niedriger ausfallen als im Vorjahr. Am Ende bleibe keine freie Finanzspanne für den Landkreis, die Rücklagen seien praktisch aufgebraucht.

Rund 1205 Euro gebe der Landkreis heuer für jeden Bürger und jede Bürgerin im Landkreis aus, rechnete Eisenmann vor. Und schloss mit einer emotionalen Geste an die Kommunen: "Wir gehören zusammen!"

 
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  • G. Z.
    Wieviel lässt sich der Landkreis die Trinkwasserversorgung im Grabfeld kosten ? Schließlich ist der Landkreis dem Zweckverband Fernwasserversorgung Oberfranken bei getreten. Ein Beitritt ohne Kosten oder weil es sowieso nichts wird mit dem Trinkwasser. Also bleibt die Planung stehen. Nix wird gemacht. Die anderen aus München sollen es wieder richten. Was ist mit der Energieversorgung der E-Zukunft von Morgen. Bekanntlich kann sich der Grundversorger kein Umspannwerk zur Einspeisung leisten. Also muss der Landkreis ran. Oder gehts wie bei der elektrischen Grundversorgung wie es bei der Gesundheit (Verkauf ans Rhönklinikum, die Station um Station schließt) oder bei der Trinkwasserversorgung (München solls richten). Das sind alles Grundversorgungsthemen. Da wird der Landkreisbürger im Stich gelassen. Oder ist diese Aufgabe auch schon an irgend einen verkauft?
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  • A. K.
    Hier hilft vielleicht ein Blick in die Gemeindeordnung und auf die dort genannten Pflichtaufgaben der Gemeinden (nicht des Landkreises!!!): dort steht die Wasserversorgung an maßgeblicher Stelle. Dem Landkreis und dem Landrat hierfür erste Verantwortung zuzuschieben -wie Sie es andeuten - ist somit kommunalrechtlich falsch. Dass der der Landkreis schon vor Jahrzehnten bei diesem sich schon abzeichnenden Problem im Grabfeld helfen wollte, hat er durch die damalige Mitgliedschaft bei der Fernwasserversorgung Oberfranken bewiesen. Es waren die Kommunen im Grabfeld, die diese Lösung damals nicht wollten. Deshalb hat der Landkreis vor mehr als 20 Jahren seine über 10-jährige Mitgliedschaft bei der FWO wieder aufgekündigt. Wenn jetzt der Wiedereinstieg in die damals favorisierte Lösung nun nur mit deutlich höheren Kosten möglich wird, liegt das nicht in der Verantwortung des Landkreises. Die Tür, die der Landkreis damals offen gehalten hatte, haben die Kommunen zugeschlagen.
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