
Ist es in Unterfranken, einer der trockensten Regionen Deutschlands, noch angemessen, den Rasen im eigenen Garten zu bewässern? Diese Frage birgt Sprengstoff - liegt doch der Rasenanteil in hiesigen Gärten im Durchschnitt bei fast 40 Prozent. Dies war das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2018 im Auftrag der Bayerischen Gartenakademie unter über 1000 Freizeitgärtnern in Bayern. Wie sinnvoll ist es also, den eigenen Rasen zu gießen und welche Alternativen zum Rasen gibt es? Die Antworten gibt Marianne Scheu-Helgert, Gartenbauingenieurin und Leiterin der Bayerischen Gartenakademie an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim im Interview.
Marianne Scheu-Helgert: Das sollte man sich vor dem ersten Gießgang gut überlegen! Denn Rasen braucht, wenn er grün bleiben soll, bei 20 bis 25 Grad Celsius zwei bis drei Liter Wasser pro Quadratmeter. Bis zu 30 Grad Celsius braucht Rasen drei bis vier Liter Wasser pro Quadratmeter, bis 35 Grad schon vier bis sieben Liter Wasser pro Quadratmeter und bis 40 Grad sind es sieben bis neun Liter! Wer sich das reiflich überlegt, wird meist zu dem Schluss kommen, es gleich bleiben zu lassen und nur Obst und Gemüsebeete im eigenen Garten zu bewässern.
Scheu-Helgert: Im Großraum Frankfurt gab es vor Jahren schon einmal Gießverbote. Derzeit ist Franken zwar Wassermangelgebiet, doch vor Appellen, Wasser zu sparen, schrecken viele Wasserversorger noch zurück. Vernünftig ist es aber allemal.
Scheu-Helgert: Man sollte in einem Gießgang, der sich über ein bis zwei Stunden erstrecken sollte, mindestens zehn, besser 15 Liter je Quadratmeter Wasser ausbringen und danach wieder ein paar Tage mit dem Gießen aussetzen. Denn zehn Liter Wasser pro Quadratmeter sickern zehn Zentimeter tief in den Boden, wenn sie dafür ein bis zwei Stunden Zeit haben. Nur so kommt Wasser in die Wurzelzone des Rasens in etwa 15 Zentimetern Tiefe. Das klingt verschwenderisch. Doch noch verschwenderischer ist es, täglich ein, zwei Liter pro Quadratmeter zu versprenkeln - weil dabei kaum Wasser an der Wurzel ankommt und mindestens ein Liter je Quadratmeter verdunstet.

Scheu-Helgert: Nein. In den Hitzejahren 2018, 2019 und 2020 haben sich alle Grünflächen im Laufe des September wieder "von selbst" begrünt: Die Tage werden kürzer, die Sonne steht tiefer, die Temperaturen und damit der Wasserbedarf sinken. Wer zuvor allerdings hochwertigen Zierrasen hatte, hat hinterher eine andere Zusammensetzung - eben Arten, die mit der Trockenheit zurechtkommen.
Scheu-Helgert: Zisternen lohnen sich immer im Sinne der Umwelt. In Zukunft werden sie sich auch finanziell rechnen. Ich sollte mir aber vorher überlegen: Welche Gartenbereiche sind mir am wichtigsten? Ein unschönes Zahlenspiel: Wenn ich 100 Quadratmeter Rasen grün halten will, brauche ich in zwei Monaten, in denen es etwa 25 Grad warm ist, 18.000 Liter Wasser!
Scheu-Helgert: Meine Empfehlung ist, Rasen nur anzusäen, wenn er wirklich als Spiel- oder Liegefläche gebraucht wird und nur so groß wie unbedingt nötig. Man kann auf wiesenartige Strukturen mit nur wenig Mähgängen im Jahr umsteigen oder mehr Gehölze pflanzen, die sich nach ein, zwei Jahren des Anwachsens mit Wasser aus der Tiefe versorgen. Darunter lauschige Sitzplätze, schatten- und laubverträgliche Staudenpflanzungen - pflegeleichter geht es nicht. Anleitungen dazu geben wir von der Bayerischen Gartenakademie gerne.