In Maroldsweisach, mitten im Naturpark Haßberge, da scheint die Welt noch in Ordnung. Marco Garnache (sprich: Gernisch) wohnt hier in einem großen Haus mit ebenso großem Garten. Im Erdgeschoss leben die Schwiegereltern des gebürtigen Bambergers, im ersten Stock der gelernte Elektrotechniker und Projektmanager mit seiner Frau, deren aus dem Kanadischen stammenden Nachnamen er angenommen hat. Zwei Kinder und ein Hund komplettieren die Familie. Garnache ist dennoch unzufrieden - vor allem mit der großen Politik. Die Entscheidungen von Kanzlerin Merkel, Ministerpräsident Söder oder Gesundheitsminister Spahn in den vergangenen Jahren seien großteils undurchsichtig, unlogisch oder nicht ausreichend erklärt, findet der 38-Jährige. Deshalb bewirbt er sich als Direktkandidat der Basisdemokratischen Partei Deutschlands (dieBasis) im Wahlkreis 248 Bad Kissingen um einen Sitz im Bundestag.
Den Eindruck, die Politik entferne sich zunehmend vom Volk, hatte der Maroldsweisacher, der vor einigen Jahren noch mit der Piratenpartei sympathisierte, schon vor Beginn der Corona-Pandemie. Die Tendenz hat sich aber in den vergangenen anderthalb Jahren verstärkt, sagt er. Und hat letztlich dazu geführt, dass er sich nicht nur der "Basis" angeschlossen hat, sondern auch aktiv Politik gestalten will. Seine Partei, die inzwischen über 25 000 Mitglieder zählt, ist aus der Querdenkerszene heraus entstanden. Das ist dem Direktkandidaten bewusst. Und er weiß auch, dass Corona-Leugner wie Reiner Fuellmich und Sucharit Bhakdi die Gesichter der Partei sind.
"Aber für mich ist Corona nicht der Grund, mich bei der Basis zu engagieren. Fuellmich oder Bhakdi sind nicht der rote Faden, der mich führt", sagt der 38-Jährige, der sich selber nicht als Querdenker oder Coronaleugner sieht. "Das Virus gibt es", sagt Garnache. Und das wüssten auch 99 Prozent der "Basis". So empfindet er es zumindest nach eigenen Worten, wenn er bei Stammtischen und anderen Treffen mit anderen Parteimitgliedern spricht. Er habe sich trotz seiner Zweifel am Kurs der Regierung in der Pandemie gegen Corona impfen lassen - wegen der Arbeit, wie er sagt. Und Garnache erkennt auch die Notwendigkeit, ältere Menschen per Impfung vor der Krankheit zu schützen.
Kritik an Drosten und Lauterbach
Doch er sieht in der Spritze nicht das Allheilmittel und findet, es müsse jedem Bürger selbst überlassen bleiben, ob er sich auf diesem Weg vor Covid schützen will. Es sei nicht in Ordnung, dass die Politik durch die diversen Corona-Schutzmaßnahmen derzeit Druck auf Ungeimpfte ausübe. Keine gute Rolle spielen seiner Überzeugung nach in der Pandemie auch Experten wie der Virologe Christian Drosten oder Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD. Diese würden zu oft ihre Meinung ändern. Deren Urteil traut der Maroldsweisacher deshalb genauso wenig wie den Medien - auch die hätten in der Vergangenheit viel Kredit bei ihm verspielt.
Skepsis gegenüber den Medien, Misstrauen gegenüber anerkannten Experten - das sind Ansichten, die auch in AfD-Kreisen weitverbreitet sind. Auch Garnache weiß, dass auf Anti-Corona-Demonstrationen neben "Basis"-Mitgliedern auch Neonazis und AfD-Anhänger mitlaufen. Darüber hinaus gibt es Verbindungen der "Basis" zur "ElternStehenAuf"-Bewegung. Führende "Basis"-Politiker fallen durch Verschwörungstheorien und durch rechtes Gedankengut auf. Das alles will der Maroldsweisacher persönlich noch nicht erlebt haben: "Ich habe noch keinen AfD-Nahen und keine rechts Angehauchten bei der Basis kennengelernt." Rechtes Gedankengut könne er bisher nicht erkennen, zumindest nicht in den Arbeitsgruppen, Chats oder Zoom-Meetings. Ob das für ihn ein Grund wäre, die "Basis" zu verlassen? "Ja... extrem rechts wäre für mich kein Ansatz. Das wäre für mich ein Grund, aus der Partei auszutreten", antwortet Garnache - nach einer kurzen, aber deutlichen Denkpause.
Ein neues Wir-Gefühl in Politik und Gesellschaft
Er sei in die "Basis" eingetreten, um zu helfen, in der Gesellschaft und in der Politik ein neues Wir-Gefühl zu schaffen. Was sich Garnache für Deutschland wünscht, das ist mehr direkte Demokratie. Im Rahmen von Volksabstimmungen solle jeder Bürger bei allen Themen die Möglichkeit bekommen, direkt mitzuentscheiden. "Man wählt jemanden, und dann hat man vier Jahre lang keinen Zugriff", beschreibt der "Basis"-Kandidat seine Einschätzung der Einflussnahme der Bürger auf die Politik in der Bundesrepublik. Die Politiker selbst würden großteils von Lobbys gesteuert. Deshalb wünscht sich der Maroldsweisacher, dass alle Bürger bei den Themen, die sie interessieren, mitbestimmen dürfen.
Und was hat der 38-Jährige zu den Themen zu sagen, die in seinem Wahlkreis die Leute interessieren? Den Bau der Stromtrasse Suedlink hält er für einen richtigen Ansatz im notwendigen Kampf gegen die Klimakrise. "Wir müssen wegkommen von fossilen Brennstoffen, aber ob Elektroautos die nachhaltigste Lösung sind, weiß ich nicht", sagt der Maroldsweisacher, der außerdem Photovoltaikanlagen auf Dächern befürwortet, bei Windrädern aber skeptisch ist. Großen Nachholbedarf sieht er beim Thema Digitalisierung. Keine wirkliche Lösung fällt Garnache für die kaum vorhandenen öffentlichen Verkehrsmittel in der Region ein.
Warum sollte ein Wähler ihm seine Stimme geben? "Ich bin engagiert und motiviert, etwas zu ändern. Ich möchte, dass die Leute wieder zufriedener sind", sagt Garnache, der freilich weiß, dass seine Chancen auf das Direktmandat bei der Bundestagswahl gering sind. Aber: "Wer am Ende dafür sorgt, dass unser System wieder demokratischer wird, ist mir persönlich völlig egal. Das darf auch ein Herr Söder machen oder ein Herr Laschet."
Zur Person
In einer vorherigen Version dieses Artikels war zu lesen, dass Karl Lauterbach gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion ist. Tatsächlich ist das Sabine Dittmar. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.