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Bad Neustadt
In Bad Neustadt leben rund 200 indische Frauen, Männer und Kinder: Wie sie sich eingewöhnt haben
Die meisten von ihnen arbeiten am Rhön-Klinikum Campus. Wie es dazu kam und was sie am Sonntag den Bad Neustädtern bei einem Kulturfest näher bringen wollen.
Sie freuen sich auf das indische Kulturfest am Sonntag, 30. Juli, im Mühlbacher Pfarrgarten (von links): Pfarrvikar Johnson Thottathil, Chinju Sebastian, Schwester Rosmintha, Betty Joseph, Schwester Miya, Dekan Andreas Krefft und Paeethi Lawrence, die ebenfalls in Mühlbach wohnt.
Foto: Sigrid Brunner | Sie freuen sich auf das indische Kulturfest am Sonntag, 30. Juli, im Mühlbacher Pfarrgarten (von links): Pfarrvikar Johnson Thottathil, Chinju Sebastian, Schwester Rosmintha, Betty Joseph, Schwester Miya, Dekan ...
Sigrid Brunner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:23 Uhr

Vor etwa sieben Jahren kamen die ersten Frauen aus Indien nach Bad Neustadt, um hier bessere Lebensbedingungen und Arbeitsmöglichkeiten zu finden. Ihren Ursprung hat diese Entwicklung in einer Pilgerreise nach Indien mit Pfarrvikar Johnson Thottathil, bei der auch Mitarbeiter des Rhön-Klinikums dabei waren. Auf dieser Reise wurde die Idee geboren, das Personal des Rhön-Klinikums mit Pflegekräften aus Indien zu verstärken. Mit vier Frauen, die im Herschfelder Pfarrhaus untergebracht wurden, fing es an. Inzwischen ist die Zahl der indischen Mitbürger auf rund 200 angewachsen. 

Die meisten von ihnen stammen aus dem südindischen Bundesland Kerala, das auch die Heimat des Bad Neustädter Pfarrvikars Johnson ist. Dieser kümmert sich intensiv um seine Landsleute, die wie er nahezu ausschließlich katholische Christen sind. Indien besitzt nicht nur eine alte hinduistische, buddhistische und islamische Tradition, erläutert er dieser Redaktion. Seit 200o Jahren ist das Land auch die Heimat einer kleinen christlichen Kirche, deren Mittelpunkt Kerala ist. Gemeinhin werden die Gläubigen "Thomas-Christen" genannt, ihr offizieller Begriff lautet jedoch "Syro Malabaren". 

122 weibliche Pflegekräfte sind am Rhön-Klinikum in Bad Neustadt beschäftigt

Im Campus des Rhön-Klinikums sind aktuell 122 weibliche Pflegekräfte beschäftigt. Etwa 35 davon sind verheiratet und haben ihre Männer mit nach Bad Neustadt gebracht. Laut Pfarrvikar Johnson haben alle Ehepartner bereits eine Arbeitsstelle hier in der Region gefunden, als Ingenieure, Handwerker, IT-Fachleute oder in der Gastronomie. Vereinfacht wird die Integration dadurch, dass die Frauen und Männer noch in Indien Deutsch lernen. Zirka 40 Kinder besuchen die hiesigen Kindergärten oder Schulen.

Einmal im Monat findet in der Mühlbacher Kirche ein indischer Gottesdienst statt. Rund 150 Menschen zieht es dann immer in die Kirche. Das Foto entstand beim letzten Gottesdienst im Juli.
Foto: Jibin Pambackal | Einmal im Monat findet in der Mühlbacher Kirche ein indischer Gottesdienst statt. Rund 150 Menschen zieht es dann immer in die Kirche. Das Foto entstand beim letzten Gottesdienst im Juli.

Regen Anteil an den indischen Mitbürgern nimmt auch Dekan Andreas Krefft. Er ist dankbar, in Johnson Thottathil einen "großen Kümmerer" an seiner Seite zu haben. "Er holt sie vom Flughafen ab, organisiert eine Wohnung und hilft ihnen, in einem fremden Land heimisch zu werden. Das ist eine Mammutaufgabe."

"Ich weiß, wie wichtig eine gute Integration ist", fährt der Dekan fort. Vor allem in den ersten Monaten. "Wir wollen keine Enklave haben", betont er, "sondern ein Miteinander und gegenseitiges Verständnis". Man müsse Brücken bauen, wünscht er sich, "und die indischen Mitbürger besser kennenlernen und nicht ängstlich sein". Er blickt zurück, als er vor 30 Jahren nach Deutschland gekommen ist. In die Großstadt Hamburg. "Ich habe mich wie verloren gefühlt. Man braucht in so einer Situation Menschen, die erklären und einen mitnehmen."

Beim SV Herschfeld gibt es seit neuestem eine Cricket-Abteilung

"Wir versuchen alles zu tun, damit die Bevölkerung mit den Indern in Kontakt kommt", so der Dekan. Nicht nur innerhalb der Kirche. Ein schönes Beispiel sei die vom SV Herschfeld jüngst gegründete Cricket-Abteilung. Cricket ist in Indien eine der wichtigsten Sportarten. 

Eine weitere Kontakt-Möglichkeit bietet sich einmal im Monat in der Mühlbacher Kirche, wenn ein indischer Sonntagsgottesdienst gefeiert wird. Dieser ist für alle offen. "Das ist ein sehr schöner Gottesdienst, sehr lebendig und mit viel Gesang", ist Krefft begeistert. Man erlebe in diesen Gottesdiensten eine andere Spiritualität als die gewohnte. Pfarrvikar Johnson ist es aber auch wichtig, dass die indischen Frauen und Männer die normalen Gottesdienste in ihren Wohngemeinden besuchen. "Wir legen sehr viel Wert darauf, dass sich die indischen Bürger in den lokalen Lebensgemeinschaften integrieren", sagt Johnson.

Sie sind schon längere Zeit in Deutschland und haben sich hier gut eingelebt: Betty Joseph (links) und Schwester Rosmintha.
Foto: Sigrid Brunner | Sie sind schon längere Zeit in Deutschland und haben sich hier gut eingelebt: Betty Joseph (links) und Schwester Rosmintha.

Die indischen Mitbürger haben aktiv an der letzten Fronleichnamsprozession der Bad Neustädter Pfarrgemeinde teilgenommen, auf dem Pfarrfest von Maria Himmelfahrt traditionelle indische Speisen angeboten und auch beim Afrika-Festival Ende Juni geholfen und gekocht. 

Indisches Kulturfest mit Speisen, Musik und Tanz in Mühlbach

Am Sonntag, 30. Juli, findet in Mühlbach im Pfarrgarten ein "Indisches Kulturfest" statt. Die indischen Bürgerinnen und Bürger aus Kerala laden alle ein, ihre Kultur und Küche kennenzulernen. Das ganz tägliche Programm sieht um 10 Uhr einen zweisprachigen Festgottesdienst vor. Weiterhin vielfältige indische Speisen, Musik und Tänze. Pfarrvikar Johnson und Dekan Krefft würden sich über zahlreiche Besucher freuen.

Sind schon Gurken oder Tomaten reif? Chinju Sebastian (links) und Betty Joseph im Pfarrhof in Mühlbach.
Foto: Sigrid Brunner | Sind schon Gurken oder Tomaten reif? Chinju Sebastian (links) und Betty Joseph im Pfarrhof in Mühlbach.

Auch wenn die indischen Frauen und Männer Katholiken sind, so haben sie dennoch einen anderen Ritus, erläutert der Pfarrvikar. In Indien würden 90 Prozent der Christen ihren Glauben praktizieren und regelmäßig am Sonntagsgottesdienst teilnehmen. Jeden Abend würde sich die Familie zum Abendgebet treffen. Die indischen Christen seien große Marien-Verehrer. 

Im Mühlbacher Pfarrhaus, in dem auch Pfarrvikar Johnson wohnt, leben derzeit zwei indische Familien, darunter die Nichte des Vikars. Zudem wohnen seit Mai zwei indische Ordensschwestern – Franziskanerinnen – im Gemeindehaus. Beide arbeiten ebenfalls als Krankenschwestern im Rhön-Klinikum.

Schwester Rosmintha arbeitet in der Neurologischen Klinik in Bad Neustadt

Schwester Rosmintha ist 37 Jahre alt und lebt bereits seit neun Jahren in Deutschland. Sie fühle sich sehr wohl in Bad Neustadt. Am Rhön-Klinikum ist sie in der Neurologie tätig. Ein bisschen habe sie sich umstellen müssen, da sie vorher in der Gefäßchirurgie in einem Krankenhaus im Emsland tätig gewesen ist. Die Kollegen seien aber alle sehr hilfsbereit.

Die Nichte des Pfarrvikars, Betty Joseph, lebt mit ihrer Familie bereits sei über drei Jahren in Bad Neustadt. Die deutsche Sprache zu lernen, sei schon schwierig gewesen, meint sie. Das bestätigt auch Chinju Sebastian, die ebenfalls im Pfarrhaus mit ihrer Familie wohnt. Auch die Pflege in indischen Krankenhäusern sei anders als in Deutschland.

In Indien sei der Aufgabenbereich der Pflege viel größer. Mit dazu würden auch Arbeiten gehören, die in Deutschland den Ärzten obliegen. Beide haben in Indien ein vierjähriges Studium in Gesundheits- und Krankenpflege absolviert. Mittlerweile hätten sie sich gut eingelebt. Auch seien sie Fans der deutschen Küche geworden. Während Chinju Sebastian vor allem Schnitzel mit Kartoffelsalat mag, bevorzugt Betty Joseph Schweinebraten.

 
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