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Herschfeld
Warum vier indische Pflegerinnen ins Herschfelder Pfarrhaus zogen
Für das Pflegeintegrationsprogramm am Rhön-Klinikum zogen vier indische Pflegerinnen nach Herschfeld. Wie das Programm läuft und wie es zur Unterbringung im Pfarrhaus kam.
Durch das Pflegeintegrationsprogramm am Rhön-Klinikum kamen vier indische Krankenschwestern nach Bad Neustadt. Im Bild (von links) Betty Joseph (Pflegerin aus Indien), Andreas Eckhardt (Krankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin) und Christiane Hanshans (Internationale Fachkräftegewinnung und Personalentwicklung).
Foto: Maria Faiß | Durch das Pflegeintegrationsprogramm am Rhön-Klinikum kamen vier indische Krankenschwestern nach Bad Neustadt. Im Bild (von links) Betty Joseph (Pflegerin aus Indien), Andreas Eckhardt (Krankenpfleger für Anästhesie ...
Maria Faiß
Maria Pfister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:23 Uhr

Seit Februar arbeiten am Rhön-Klinikum Campus  vier neue Gesundheits- und Krankenpflegerinnen aus Kerala. Die Frauen absolvierten das Pflegeintegrationsprogramm am Campus. "Bei dem Programm blicken wir auf sechs Jahre Arbeit", sagt Christiane Hanshans, Leitung Internationale Fachkräftegewinnung und Personalentwicklung. Damals habe sich bereits der Fachkräftemangel in der Pflege abgezeichnet.

"Eine Motivation für das Programm war die Personalergänzung über eine zusätzliche Schiene", so Hanshans. Außerdem habe der Campus seit zehn Jahren ein ähnliches Integrationsprogramm für Ärzte, mit dem gute Erfahrungen gesammelt werden konnten. "Damit solche Programme funktionieren, muss man natürlich mit Herzblut bei der Sache sein", weiß die Organisatorin. 

Wie läuft das Programm ab?

Begonnen wurde vor sechs Jahren mit zwei Pflegekräften aus Bosnien und Herzegowina – diese seien mittlerweile fester Bestandteil des Teams. "Das Programm wird laufend weiterentwickelt. Bis jetzt konnten wir 99 Pflegekräfte über das Programm gewinnen", sagt Hanshans.

Am Anfang stehen die behördlichen Prozesse. Zunächst müssen die Pflegekräfte noch im Heimatland die B2-Deutschprüfung ablegen. Danach können das Visum und die Arbeitserlaubnis beantragt werden. Dabei steht Hanshans selbstverständlich unterstützend zur Seite und kümmert sich um die deutschen Behördenkontakte.

"Das Programm wird laufend ausgebaut. Bis jetzt konnten wir 99 Pflegekräfte über das Programm gewinnen."
Christiane Hanshans, Rhön-Klinikum

Dies sei zwar eine aufwendige Prozedur, die sich aber zu 100 Prozent lohne. "Mittlerweile haben wir Übung mit den notwendigen Abläufen und ausländischen Unterlagen. Die Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde und allen weiteren beteiligten Instanzen funktioniert sehr gut und unkompliziert – dies sei nicht unbedingt selbstverständlich. "Das Projekt steht und fällt mit diesen funktionierenden Kooperationen", sagt sie.

Die Anfangsphase in der Klinik gestalte sich für das ausländische Pflegepersonal sehr individuell. "Die Ausgangslage ist immer unterschiedlich – zum Beispiel in Bezug auf Vorkenntnisse", sagt Andreas Eckhardt, Leiter der Intermediate Care Station. Zunächst liefen die Pflegekräfte bei Kollegen mit, um sich alles anzuschauen und Fragen zu stellen. Diese Phase werde darüber hinaus von regelmäßigen Mitarbeitergesprächen begleitet. Außerdem haben die Pflegekräfte wöchentlich Deutschunterricht, um Sprachbarrieren abzubauen.

Besondere Umstände für die Pflegekräfte aus Indien

"Der Zündpunkt für den Kontakt zu den indischen Krankenschwestern war eine Reise zweier Mitarbeiter nach Kerala", erklärt Hanshans. Dort hätten sie Pater Johnson kennengelernt, der ehrenamtlich in Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche die Pflegekräfte nach Bad Neustadt vermittelt habe. 

Zunächst waren die indischen Krankenschwestern im Hotel zum Goldenen Löwen untergebracht. Dort mussten sie dann aufgrund einer Corona-Infektion 24 Tage in Quarantäne verbringen. "Das war natürlich erst einmal das Gegenteil der eigentlich geplanten Integration, aber die Situation haben wir gemeinsam gut gemeistert", sagt Hanshans.

"Der Zündpunkt für den Kontakt zu den indischen Krankenschwestern war eine Reise zweier Mitarbeiter nach Kerala."
Christiane Hanshans, Rhön-Klinikum

Die katholische Kirchengemeinde in Herschfeld bot sich sehr bald an, das Pfarrhaus zur Verfügung zu stellen. "Die Idee entstand Anfang Februar bei einer Sitzung der Kirchenverwaltung. Der Vorschlag kam dabei vom Dekan Andreas Krefft", sagt Udo Halbig von der Kirchenverwaltung.

Wie kam es zur Unterbringung im Pfarrhaus?

Das Haus stand seit 2019 leer und bot sich somit als Unterkunft an. Mithilfe der Gemeindemitglieder und der Kirchenverwaltung der katholischen Kirchenstiftung St. Nikolaus wurde das Haus renoviert und komplett eingerichtet. "Durch die gute Zusammenarbeit konnten wir die Arbeiten trotz Corona in kurzer Zeit verrichten, so dass wir zügig eine schöne Wohnung übergeben konnten", so Rudolf Nöth von der Kirchenverwaltung. 

Die Integration in die Herschfelder Gemeinde gestaltet sich aufgrund von Corona und dem Schichtdienst schwieriger. Dennoch seien die Mitglieder sehr daran interessiert. "Hier hat vor allem auch Pater Johnson die Brücke geschlagen", sagt Hanshans. Er ist wichtiger Ansprechpartner für die Krankenschwestern.

So sehen das auch Halbig und Nöth. Der Kontakt zu den Gemeindemitgliedern wachse stetig. "Sie nehmen auch an Gottesdiensten teil und stehen in regem Austausch", so Halbig. Er sei öfter im Haus, um kleinere Arbeiten zu erledigen. "So stehe auch ich immer wieder im Austausch und darf, wenn gerade gekocht wird, auch mal probieren."

Durch das Pflegeintegrationsprogramm wurden vier indische Krankenschwestern im Pfarrhaus der katholischen Kirchgemeinde Herschfeld untergebracht.
Foto: Maria Faiß | Durch das Pflegeintegrationsprogramm wurden vier indische Krankenschwestern im Pfarrhaus der katholischen Kirchgemeinde Herschfeld untergebracht.

Wie haben sich die Pflegekräfte mittlerweile eingelebt?

Betty Joseph ist eine der vier Krankenschwester aus Kerala. Sie ist verheiratet und hat eine zweijährige Tochter. Ihr Mann und Kind leben bei ihren Schwiegereltern in Indien, sollen im November aber ebenfalls nach Bad Neustadt kommen. Dass sie so lange von ihrer Familie getrennt ist, sei für sie natürlich eine psychische Belastung. "Trotzdem fühle ich mich in Herschfeld und am Rhön-Klinikum Campus wohl", so Joseph.

"Trotzdem fühle ich mich in Herschfeld und am Rhön-Klinikum Campus wohl."
Betty Joseph, indische Krankenpflegerin

Der Alltag war zu Beginn noch eine Herausforderung. Vor allem die Übersetzung der Diagnosen und die Interaktion mit den Patienten waren nicht leicht, da sie ihr Studium in Indien in englischer Sprache absolviert habe. "Nach dem zusätzlichen Deutschkurs wurde es besser und die Kollegen haben viel geholfen", sagt die Krankenschwester. Auch der fränkische Dialekt sei nicht außer Acht zu lassen. Dieser wirft bei der jungen Frau immer wieder Fragen auf. "Dafür zeigen die Patienten aber Verständnis, und bis jetzt habe ich eigentlich nur schöne Erfahrungen im Umgang mit ihnen gemacht." 

Projekt wurde zum Selbstläufer

Joseph sei in ihrer Einarbeitung schon weit und könne bereits selbständig Patienten betreuen. "Bei manchen Kollegen dauert das aber auch etwas länger. Deswegen kann man nicht mit allen den gleichen Weg gehen", erklärt Hanshans. So müsse sie individuell auf den Lernfortschritt und die Bedürfnisse der Pflegekräfte eingehen. 

"Der Idealfall wäre natürlich, die so gewonnen Mitarbeiter von der Ausbildung bis zum Ruhestand am Campus zu halten und die Familien in Bad Neustadt eine neue Heimat finden zu lassen."
Christiane Hanshans, Rhön-Klinikum

Das Projekt sei mittlerweile zum Selbstläufer geworden. "Wir bewerben es gar nicht aktiv, sondern werden durch Mundpropaganda auf Bewerber aufmerksam", sagt Hanshans. An dem Integrationsprojekt wolle die Klinik festhalten, natürlich mit regelmäßigen Evaluierungen. "Der Idealfall wäre natürlich, die so gewonnen Mitarbeiter von der Ausbildung bis zum Ruhestand am Campus zu halten und die Familien in Bad Neustadt eine neue Heimat finden zu lassen."

 
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