Jetzt zählt jede volle Leergutkiste. Diesen Hilferuf setzte die Initiative "Wir sind Rhöner Bier" vor kurzem ab. Der Grund: Die Situation beim Leergut verschärft sich momentan immer weiter. Und darunter leiden vor allem die kleinen Brauereien – so auch in der Rhön.
Welche Probleme hat Christian Schmitt von der StoXbräu in Stockheim?
Ein Betroffener ist Christian Schmitt, von der StoXbräu Stockheim. "Der Leergutrücklauf läuft sehr schleppend", zeigt er sich im Gespräch mit der Redaktion frustriert. Ein weiteres großes Problem: Er bekommt oftmals falsche Flaschen zurück.
Neben den 0,33-Liter-Glasflaschen (Longneck) füllt er sein Bier in Bügelflaschen ab. Wenn Letztere von fremden, oftmals größeren Brauereien bei ihm eintreffen, sind diese für ihn nicht nur wegen eines anderen Flaschenformats nicht zu gebrauchen. "Die Fremdflaschen müssen mit einem riesigen logistischen Aufwand dem Eigentümer zurückgegeben werden", so Christian Schmitt.
Dabei kommt es momentan auf dem nahezu leergefegten Markt auf jede einzelne Flasche an, die von den Kunden möglichst schnell zurückgebracht werden sollten. Denn: Gebrauchte Flaschen bekommen Schmitt und seine Kolleginnen und Kollegen nur schwer. Das Abfüllen von neuem Bier kann – je nach Verfügbarkeit von Flaschen – auch bei der StoXbräu nur kurzfristig erfolgen.
Neues Glas ist für Christian Schmitt und die Kollegen in der Rhön derzeit kaum bezahlbar
Zudem ist Nachschub an neuem Glas nicht in Sicht. "Und wenn, ist das nicht bezahlbar", nennt der Braumeister einen enormen Preisanstieg. Eine Glasflasche kostet ihn momentan 46 Cent (netto) im Einkauf, an Pfand gibt es aber nur 15 Cent zurück. Hinzu kommen deutlich gestiegene Preise für Malz, Reinigungsmittel oder (Flüssig-)Gas.
Doch nicht nur fehlende Flaschen sind das Problem. Oftmals gehen Christian Schmitt seine leuchtend gelben leeren Kisten ab. Hier und da tauchen diese dann als Utensil auf Baustellen auf, obwohl sie den Menschen nicht gehören – mit finanziellen Folgen. Denn ein Neukasten kostet ihn im Einkauf 7,20 Euro, an Pfand gibt es nur 1,50 Euro. Daran ändern kann er aber nur wenig.
Die Rhönbrauerei in Kaltennordheim besitzt unterschiedliche Arten von Flaschen
Das kann auch sein Kollege Lutz Reukauf von der Rhönbrauerei in Kaltennordheim nicht. Seine Brauerei im thüringischen Nachbarlandkreis Schmalkalden-Meiningen ist ebenfalls bei "Wir sind Rhöner Bier" vertreten. Die Familienbrauerei braut 16 Biersorten und ist aufgrund von verschiedenen Flaschenarten stark von den Problemen im Leergutbereich betroffen.
Die Rhönbrauerei benutzt für die Abfüllung neben den kleinen Longneck-Flaschen auch die sogenannten 0,5-Liter-NRW-Flaschen. "Wir helfen uns bei den Flaschen gegenseitig aus und daher funktioniert es im Moment noch", beschreibt Reukauf den Flaschenkreislauf dank der Unterstützung von anderen Mittelstandsbrauereien.
Doch bemerkt er in den vergangenen Jahren eine immer stärker werdende Individualisierung der Brauereien im Leergutbereich. Wenn darüber hinaus der Einzelhandel oder Getränkemärkte bestimmte Gebinde vom Markt nehmen und immer mehr falsche Flaschen zu Reukauf zurückkommen, wird die Luft dünner.
Markus Pfister von Central Getränke in Wülfershausen: Aktuell wird fast zu viel gefeiert
Wie vielschichtig das System rund um den Kauf und die Rückgabe von Kästen, Flaschen und Pfand ist, weiß Markus Pfister aus Wülfershausen. Gemeinsam mit Andreas Bogendörfer übernahm er im vergangenen Jahr von Brauereibesitzer Werner Lang die Geschäftsführung von Central Getränke. Die Firma betreibt einen kleinen Getränkehandel, beliefert aber vor allem den Getränkegroßhandel und verschiedene Kunden im Gastronomiebereich.
Was Pfister momentan bemerkt: "Es gibt sehr viele Veranstaltungen. Da kann es schon mal vorkommen, dass ich an einem Dienstagabend mal schnell drei Paletten Bier verkaufe", so Pfister. So ist eine große Anzahl an Getränken im Umlauf.
Hinzu kommt eine Änderung im Kaufverhalten. "Mein Vater hat früher immer samstags seine Kiste Wasser und Limo gekauft. Die hat ihm eine Woche gereicht, dann kam er wieder her und hat die Kisten durchgetauscht", erinnert sich Markus Pfister. Nun kaufen die Leute mehr Getränke auf einen Schlag und geben diese zum Teil erst viel später wieder zurück.
Sei es wegen der Angst vor einer Corona-Quarantäne oder zum Eindecken für das heiße Wetter, vermutet Pfister. Er vergleicht die Situation beinahe mit dem Horten von Klopapier oder Nudeln im Lockdown.
Was sollte man bei der Rückgabe von Leergut beachten?
Bei der Rückgabe gibt es wichtige Dinge zu beachten. "Man sollte den Kasten dort zurückbringen, wo man ihn gekauft hat", spricht Markus Pfister den Idealzustand an. Dann ist gewährleistet, dass Flaschen und Kästen auch wieder beim Eigentümer landen. Leisten können dies auch die hier ansässigen Getränkemärkte.
Anders könnte es bei der Rückgabe über Leergutautomaten in größeren Supermärkten aussehen. Vor allem, wenn der Markt die jeweilige Getränkemarke gar nicht führt. Mit viel Glück, so Pfister, könnten die Brauereien ihre Flaschen von größeren Sortierzentren wieder bekommen. Oftmals sind Flaschen und die teuren Kästen aber endgültig weg.
Wäre eine deutliche Pfanderhöhung auf einen Kasten die Lösung?
"Wir bräuchten deshalb eigentlich schon seit langem sechs, sieben oder acht Euro Pfand auf einen Kasten, damit die Einkaufskosten gedeckt sind", so Pfister. Hier würden sich aber die großen Märkte querstellen. Vereinzelt haben lokale Brauereien ihr Pfand aber dennoch schon erhöht – mit der möglichen Konsequenz, aus dem Sortiment des Marktes zu fliegen.
"Ein spannendes und gleichzeitig komplexes Thema mit vielen Kleinigkeiten und kleinen Wegen", fasst Markus Pfister die Leergutproblematik zusammen. In den aktuellen Appell von "Wir sind Rhöner Bier" stimmt auch er mit ein. Auf Facebook heißt es: "Bierleergut aus dem Keller, aus der Garage oder der Vorratskammer ins Auto laden und morgen abgeben."
Initiative "Wir sind Rhöner Bier"
sowie die Klosterbrauerei am Kreuzberg
Das Leergut geht schon Jahrelang in dieser Zeit aus...
Jetzt jammern sie über "zuviele Feste".
Ich glaube die wenigsten bunkern Leergut bei sich zu Hause oder auf "Baustellen", zumindest dürfte sich das Problem in den vergangenen 20 Jahren kaum verschärft haben.
Kann es sein, dass vor 20 Jahren z.B. einfach mehr Flaschen und Kästen im Umlauf war als es heutzutage der Fall ist? Ist das möglicherweise auch ein Grund?
Von der Flaschen- und Pfandproblematik hört man nämlich erst seit. ca. 5 Jahren regelmäßig in der Zeitung oder im Fernsehen.
Beweis:
schaut euch hinter dem NETTO-Lager in Kitzingen das Leergutlager mal an, wieviel Tausend Kästen da warten