Ein 19-Jähriger aus Ostheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) hatte über Social Media zu einer Party eingeladen, rund 300 Personen kamen. Die Folge: ein Großeinsatz der Polizei in der 3300-Einwohner-Stadt in der Nacht zum Samstag.
Nachdem die Feier völlig aus dem Ruder gelaufen war, lösten die Polizisten sie mit Lautsprecherdurchsagen auf - und sahen sich plötzlich mit Gewalttätigkeiten konfrontiert. Aus einer Gruppe von etwa 50 Personen im Alter von 17 bis 25 Jahren heraus wurden die Beamten laut Polizei mit Flaschen und einem Böller beworfen und massiv beleidigt.
Ostheims Bürgermeister: Jugendliche und junge Menschen aus der Region sind verantwortlich
"Das waren Jugendliche ohne Migrationshintergrund aus dem Bereich Bad Neustadt, Münnerstadt und der Rhön", sagt Ostheims Bürgermeister Steffen Malzer. Der 19-Jährige, der zur Party eingeladen hatte, sei selbst nicht mehr Herr der Lage gewesen. "Er hatte mit dieser Dynamik auch nicht gerechnet", so Malzer. "Er war gegenüber der Polizei sehr kooperativ und hat wahrscheinlich sowieso die meisten Gäste nicht gekannt."
Parallelen zwischen der Eskalation in der Rhön und dem Silvester-Geschehen in Berlin, wo Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst massiv angegangen und bedroht worden waren, sieht auch CSU-Politiker Sandro Kirchner nicht: "Ostheim ist nicht Berlin. Das muss man klar differenzieren", sagt der Staatssekretär im bayerischen Innenministerium und CSU-Landtagsabgeordnete aus dem Stimmkreis Bad Kissingen, zu dem Ostheim zählt.
Innenstaatssekretär Sandro Kirchner: keine Parallelen zwischen Krawallen in Berlin und Ostheim
"Ostheim war eine nächtliche Ruhestörung", sagt Kirchner. "Die Polizei hat die Situation mit einem massivem Aufgebot schnell unter Kontrolle gebracht." Die Ermittlungen gegen die Partygäste, die sich gegen die Streifen gestellt hätten, würden laufen, so der Staatssekretär: "Das sind keine Kavaliersdelikte." Laut Philipp Hümmer vom Polizeipräsidium Unterfranken wird aktuell wegen "Landfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung und gegebenenfalls Beleidigung" ermittelt.
"Als Freistaat Bayern haben wir null Toleranz gegenüber Angriffen auf Einsatzkräfte, egal ob Polizei, Rettungskräfte oder Feuerwehr", sagt Kirchner. "Das ist ein No-Go." Entsprechend würden die Taten nun konsequent verfolgt und auch geahndet. Die Gewalt in Berlin habe eine "ganz andere Dimension" gehabt: "Dort wurden Rettungskräfte bewusst in den Hinterhalt geführt und mussten teilweise um ihre Gesundheit fürchten. Das ist auf keinen Fall vergleichbar mit den Vorkommnissen in Ostheim oder anderswo in Bayern."
Polizisten aus drei Bundesländern im Einsatz in Ostheim
Ein Großaufgebot mit rund 30 Streifenwagen und Beamten aus dem kompletten Bereich Main-Rhön und dem angrenzenden Thüringen und Hessen war in der Nacht zum Samstag in Ostheim im Einsatz. "Dort oben im Drei-Länder-Eck ist es normal, dass man sich gegenseitig in den Abendstunden im ländlichen Raum unterstützt", erläutert Kirchner. "Bei solch einem Vorkommnis ist die Strategie, dem auch mit einer gewissen Präsenz entgegenzuwirken und klar aufzuzeigen, dass die rote Linie überschritten ist."
Auch im bayerischen Kabinett in München waren die Vorfälle ein Thema. Ein Sprecher bestätigte, dass an diesem Dienstag in der Diskussion über die Silvester-Krawalle auch kurz über Ostheim gesprochen wurde. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) habe erklärt, die Lage dort sei schnell wieder unter Kontrolle gewesen, die Zusammenarbeit mit Polizisten aus Hessen und Thüringen habe gut funktioniert.
Angriffe auf Einsatzkräfte seien "unerträglich", sagte der Innenminister öffentlich. Die Vorfälle, die es auch in Bayern immer wieder gebe, seien aber "kein Vergleich zu den schwereren Straftaten in Berlin". Nicht zuletzt auch wegen des konsequenten Vorgehens der Einsatzkräfte und der Justiz in Bayern bei solchen Attacken, so Herrmann: "Wer Polizisten und Feuerwehrleute mit Böllern angreift, muss hart bestraft werden." Wichtig sei, dass im Freistaat die Politik konsequent hinter den Sicherheitskräften stehe.
Ostheims Bürgermeister fassungslos, weil sich Eltern über Polizei empörten
Ostheims Bürgermeister Steffen Malzer, der in der Nacht vor Ort war und selbst ehemaliger Polizist ist, zeigte sich nach der ausgeuferten Party vor allem über die Eltern der beteiligten Jugendlichen verwundert: "Sie haben sich bei der Polizei beschwert, dass den Jugendlichen die Handys abgenommen wurden und wollten, dass sie die zurückbekommen."
Malzer hat dafür kein Verständnis: "Ich muss doch in diesem Moment ganz andere Fragen stellen und mit meinem Kind sprechen, wie es überhaupt soweit kommen konnte." Die Polizei nehme "nicht wahllos Handys weg", so der Bürgermeister, "es gibt für alles eine Rechtsgrundlage und eine entsprechende Begründung." Bei solch einem Einsatz sei klar, dass etwas vorgefallen sein muss: "Das sollte ein Weckruf sein!" Anstatt kritisch mit der Situation umzugehen, suche man den Schuldigen bei der Polizei, dies erschrecke ihn: "Das ist doch eine verkehrte Welt!"
Laut Polizeisprecher Philipp Hümmer stellten die Beamten von rund 50 Personen die Personalien fest. Bei den Ermittlungen würden nun die Beweismittel - sichergestellte Handys und Videoaufnahmen von Zeugen - ausgewertet und überprüft, um die Beteiligten zu identifizieren.
Konfiszierte Handys: Beschwerden von Eltern bei der Polizei
Hümmer bestätigt, dass es bei der Polizei Beschwerden von Eltern gab: "Wir bitten hier um Verständnis. Die Handys sind für das Strafverfahren relevant und wurden als Beweismaterial gesichert", sagt der Polizeisprecher. "Nach so einem massiven Vorfall muss sauber ermittelt werden." Die Handys würden danach wieder zurückgegeben.
Ostheims Bürgermeister hat selbst zwei Töchter im Alter von zehn und 13 Jahren. "Mir ist das vollkommen bewusst, dass so etwas passieren kann", sagt Steffen Malzer. "Die Jugendlichen sind unterwegs und bekommen eine WhatsApp, dass eine Party in Ostheim ist und gehen dahin. Das bekommt schnell eine Dynamik."
Er selbst habe sich gleich am Samstag noch mit seinen Kindern hingesetzt und über die Nacht gesprochen: "Ich habe ihnen gesagt, dass es passieren kann, dass man in so eine Situation kommt, sich dann aber seine Freundin schnappt und geht. Und dann aber nicht durch eine dunkle Gasse, sondern zu den Einsatzkräften."
Reaktionen von Eltern auf Facebook
Über Facebook hätten ihn auch zwei Eltern der betroffenen Jugendlichen angeschrieben, berichtet der Bürgermeister: "In der einen Nachricht hieß es, dass der Sohn dringend sein Handy wieder zurück brauche und was man tun könne. In der anderen Nachricht hat ein Vater geschrieben, dass seine Tochter nichts damit zu tun hatte, aber dabei war und jetzt eben die Erfahrung machen muss."
Daran sehe man, wie man mit der gleichen Situation völlig unterschiedlich umgehen könne: "Ich frage mich wirklich, warum manche Eltern hier nicht hellhörig werden. Da müssen doch bei mir als Vater oder Mutter alle Alarmglocken angehen", sagt Malzer. "Die Frage ist doch: Wo fliegt mein Kind 'rum, wenn ich nicht dabei bin?"
Mitarbeit: Henry Stern
Und zur Info, bis Dato dachte ich das mein Kind eigentlich sehr gut erzogen ist, aber Alkohol enthemmt, immer hin war er geständig bzgl. Beleidigungen, jedoch Böller und Glaswürfe weist er von sich. Immerhin wurden mir Videos zugespielt die ich der Polizei zur Verfügung gestellt habe, evtl entlastet ja das auch den ein oder anderen.
Nein! Doch! Ooooooh!
Natürlich müssen Kirchner, Herrmann & Co. zu Berlin differenzieren. Zum einen hat Ostheim nichts mit Silvester zu tun, zum anderen müssten sie ja sonst zugeben, dass wir hier in Bayern eine vergleichbare Enthemmung haben. Seit Jahren kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Events zu Krawallen, Angriffe auf Einsatzkräfte, usw.
Parallel ist genau das richtige Wort.
Diese Entwicklung hat ihren Ursprung nicht ausschließlich in Berlin.
wenn die "Eltern" so ein Verhalten an den Tag legen...
wir waren früher auch keine Engel
aber wenn wir scheiße gebaut hatten
dann standen wir dazu...
und versteckten uns nicht hinter unseren Eltern..
die haben uns sowieso noch den Marsch geblasen
und das mit Recht!