Es klingt paradox, zeigt aber auf, wo sich für Kommunen derzeit Probleme auftun: Die Stadt Mellrichstadt will investieren, Projekte zur Stadtentwicklung umsetzen – und hängt in der Warteschleife. Denn Planer, Firmen und Handwerker sind augenscheinlich derart ausgelastet, dass für diverse Ausschreibungen keine Angebote bei der Stadt eingehen. "Wir haben heuer ein wohl außergewöhnliches Problem mit dem Geld ausgeben", machte Bürgermeister Eberhard Streit bei der Stadtratssitzung am Donnerstagabend deutlich, bei der die Verabschiedung des Haushalts 2019 im Mittelpunkt stand.
"Wir freuen uns, dass die Stabilisierungshilfe, die uns 2018 gewährt wurde, 800 000 Euro für Investitionen vorsieht", so Streit. Das Geld könnte die Stadt etwa bei der weiteren Sanierung des Altbaus der Realschule gut gebrauchen, doch wie an Handwerker kommen? Gleiches trifft auf weitere für das laufende Jahr geplante Maßnahmen zu: "Wir haben Förderzusagen für den Kreisel an der Aldi-Kreuzung, den Mehrgenerationenspielplatz am Hainberg, die Gestaltung des Pausenhofs der Mittelschule und die Freizeitanlage Loose-Areal, aber es gibt nicht genügend Planer-Kapazitäten und keine Firmen, die Projekte anpacken und zeitnah umsetzen können, so dass noch in diesem Jahr Gelder fließen", beklagte Streit.
Förderung ist an Auflagen geknüpft
Ganz besonders deutlich werde die paradoxe Situation bei der Sanierung der Stadtmauer. "Hier haben wir zu unserer hellen Freude die Zusage, dass diese, bei voraussichtlichen Gesamtkosten von 2,5 Millionen, mit 1,5 Millionen Euro aus dem Entschädigungsfonds für Denkmäler des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst gefördert wird. Allerdings mit der Auflage, dass wir noch in diesem Jahr beginnen und in vier Jahren fertig sind." Die Stadt kann diese Auflage wohl nicht erfüllen, weil dafür keine Fachfirmen zur Verfügung stehen. Eberhard Streit will daher das Gespräch mit den Verantwortlichen im Kultusministerium suchen, um zu verhindern, dass der Stadt Förderung verloren geht.
Weitere eingeplante Projekte in Mellrichstadt sind die Anschaffung eines neuen Löschfahrzeugs für die Feuerwehr Mellrichstadt (Eigenanteil der Stadt: rund 137 500 Euro), die Fertigstellung der Erweiterung im Baugebiet Heckenweg, Investitionen in die Spielplätze, der Abschluss des Umbaus der ehemaligen jüdischen Mädchenschule und der Abbruch des Schwesternwohnheims am Hainberg. Zudem stehen der Wasseranschluss des Stadtteils Mühlfeld und die Sanierung der Wasserversorgung in Verbindung mit dem Wasserzweckverband Mellrichstädter Gruppe auf der Agenda, dazu kommt die Sanierung des Friedhofs in Sondheim/Grabfeld, die rund 235 000 Euro kosten wird.
Hallenbad ist immer ein Thema
Das Thema Hallenbadsanierung ist immer im Blick des Stadtrats. Hier hofft man darauf, dass der Freistaat ein Förderprogramm für Bäder auflegt, da die Stadt nicht in der Lage ist, Kosten von mehr als zehn Millionen Euro aus eigener Kraft aufzubringen.
Mellrichstadt hat in den vergangenen Jahren konsequent auf Schuldenabbau gesetzt, derzeit liegt der Schuldenstand der Stadt bei 6,4 Millionen Euro (etwa der Stand von 2006). Zudem wurde auf ausreichend Rücklagen geachtet, die Kämmerin Anette Goldbach auf 4,6 Millionen Euro beziffert. Rund 1,83 Millionen Euro sollen heuer daraus entnommen werden. "Mit Blick auf die allgemeinen wirtschaftlichen Unwägbarkeiten in der Welt haben wir zur Sicherung der Handlungsfähigkeit in den nächsten Jahren auch die Kreditaufnahme von einer Million Euro vorgesehen, die wir angesichts der Zinssituation natürlich nur in Anspruch nehmen werden, wenn unser Guthaben entsprechend abgeschmolzen wird", wie Streit versicherte.
Gewerbesteuer spült Geld in die Kasse
Zur Freude der Bürgervertreter kann Mellrichstadt auf sprudelnde Gewerbesteuer-Einnahmen setzen. Für das laufende Jahr wurden rund vier Millionen Euro einkalkuliert. "Ein gutes Niveau, das davon ausgeht, dass unsere Unternehmen sich auch in schwierigeren Zeiten behaupten und eine gute Auftragslage haben", so der Stadtchef.
Ganz klar hat der Stadtrat für den Haushaltsentwurf im Blick gehabt, "die Lebensqualität und Standortkraft für Mellrichstadt und seine Stadtteile zu erhalten und zu stärken und die Stadt trotz schwieriger Rahmenbedingungen zukunftsfähig zu machen“, hob der Bürgermeister hervor. Dabei soll die Haushaltskonsolidierung weitergehen. Auch für das Jahr 2019 wurde ein Antrag auf Stabilisierungshilfe gestellt. Die Entscheidung, ob Mellrichstadt eine weitere staatliche Finanzhilfe erhält, wird allerdings erst zum Ende des Jahres feststehen.
Gute Lösungen für Stadt und Stadtteile
Dritter Bürgermeister Frank Vetter lobte am Ende die gute Zusammenarbeit quer über die Fraktionen hinweg bei der Aufstellung des Haushalts und sprach für alle Stadtratsmitglieder, als er feststellte, dass gute Lösungen erarbeitet wurden, die Mellrichstadt und die Stadtteile weiter voranbringen. Das Interesse der Bürger an der wichtigsten Stadtratssitzung des Jahres hielt sich indes in Grenzen: Gerade einmal drei Zuhörer wollten wissen, welche Weichen für die Zukunft gestellt werden.