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Bad Neustadt
Bürgerentscheid zum Fronhof in Bad Neustadt: Warum die Gegner des Projekts den Fronhof-Umbau stoppen wollen
Die Debatte um den Fronhof wird heiß geführt: Was die Bürgerinitiative-Sprecher Johannes Benkert, Norbert Gross und Christian Marienfeld am Konzept skeptisch sehen.
Sind skeptisch, was das vorgelegte Umbau-Konzept angeht: Stattdessen plädieren sie aktuell dafür, das Gebäude kostenneutral zu erhalten: Stadtrat Johannes Benkert, Norbert Gross und Christian Marienfeld
Foto: Anand Anders | Sind skeptisch, was das vorgelegte Umbau-Konzept angeht: Stattdessen plädieren sie aktuell dafür, das Gebäude kostenneutral zu erhalten: Stadtrat Johannes Benkert, Norbert Gross und Christian Marienfeld
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 03.05.2024 02:43 Uhr

Hätten sich Kritiker nicht früher konstruktiv in die Planungen einbringen müssen? Welche Zukunftsvision haben die Projekt-Gegner für den Fronhof? Und weshalb sollte Bad Neustadt auf die in Aussicht gestellten Fördergelder verzichten? Als Sprecher der Bürgerinitiative Fronhof stellen sich Stadtrat Johannes Benkert (Neuschter Liste) und die Bürger Christian Marienfeld und Norbert Gross den Fragen dieser Redaktion.

Frage: 2019 hat der damalige Stadtrat einstimmig das Nutzungskonzept für den Fronhof mit Bibliothek und Museum beschlossen. Bereits seit mindestens fünf Jahren wird also an einem Fronhof-Konzept gearbeitet. Kommt der Bürgerentscheid nicht reichlich spät und hätte man sich als Kritiker nicht früher konstruktiv einbringen müssen?

Johannes Benkert: Bei den Kosten wusste anfangs keiner genau Bescheid. Begonnen hat das alles 2018 mit einer Summe in Höhe von "einer halben Stadthalle, die seinerzeit 16,9 Millionen Euro gekostet hatte", so die Main-Post im November 2018. Die Kosten des Projektes wurden dann in den vergangenen vier Jahren von der Verwaltung kontinuierlich auf 16,5 Millionen Euro tief gerechnet. Erst im vergangenen Herbst kam dann die Summe von 21,4 Millionen Euro Brutto-Baukosten auf den Tisch. Als Bürgerinitiative ziehen wir da bewusst die bislang nicht sichere Mehrwertsteuer-Gutschreibung von 1,1 Millionen Euro nicht ab. In den Besprechungen des Stadtrates zum Projekt war auch schon von 25 Millionen und mehr die Rede. Kritik wurde in den vergangenen Jahren immer von unserer Seite am Projekt geübt – es hat jedoch niemand im Stadtrat ernsthaft über Sinn und Widersinn des Projektes diskutieren wollen, weil die Befürworter sich aufgrund der Mehrheiten unangreifbar wähnten. Die Kritik an diesem Projekt zieht sich vom Kommunalwahlkampf 2020 durch die letzten Jahre bis heute. Das kann man unter anderem in den Protokollen der Stadtratssitzungen oder in der entsprechenden Presseberichterstattung nachlesen. Vielleicht hat aber auch die befürwortende Stadtratsmehrheit, aus welchen Gründen auch immer, die Stimmung in der Bevölkerung falsch eingeschätzt, denn immerhin hat die Bürgerinitiative innerhalb kürzester Zeit rund 2000 Unterschriften gegen den Fronhof eingesammelt. Dass jetzt vielleicht eine Mehrheit in der Bevölkerung den Umbau zu einem Kulturzentrum per Bürgerentscheid niederstimmt, sollte dem Stadtrat zu denken geben.

Weshalb sind Sie gegen den Umbau des Fronhofs nach dem vorliegenden Konzept?

Norbert Gross: Das Projekt ist nicht zukunftsträchtig, verfehlt sein Ziel als Frequenzbringer für die Innenstadt, bringt fast nicht zu kalkulierende Folgekosten von mindestens 450.000 Euro pro Jahr. Zudem ist es eine freiwillige Leistung der Stadt, deren Notwendigkeit man durchaus anzweifeln darf. Bad Neustadt hat so viele Probleme und Baustellen, die nach unserer Ansicht dringende Aufmerksamkeit benötigen. Nach unseren Berechnungen belaufen sich die Baukosten pro Quadratmeter auf rund 12.500 Euro, damit sind wir bei einem Baukosten-Niveau von Bestlage in München.

60 bis 80 Prozent Förderung sind nicht wenig. Greift Bad Neustadt die Gelder nicht ab, fließen sie in andere Kommunen für deren städtebauliche Projekte. Weshalb sollte Bad Neustadt dennoch auf die in Aussicht gestellten Gelder verzichten?

Christian Marienfeld: Wenn andere Kommunen sinnvollere Projekte haben, nur zu. Außerdem wird die Bevölkerung von Verwaltung und Befürwortern mit den 80 Prozent geblendet. Fakt ist nämlich, dass nicht alles gefördert wird, weil nicht alles förderfähig ist. Das ist eine einfache Rechnung: Bei den von den Befürwortern angesetzten Baukosten von 20,3 Millionen Euro gäbe es bei einem Satz von 80 Prozent eben nicht 16,2 Millionen, sondern nur rund 13,5 Millionen Euro Förderung. Weil der Rest eben nicht förderfähig ist. Damit entfielen auf die Stadt Eigenkosten von rund 6,8 Millionen Euro. In Wahrheit sind wir also bei einem Verhältnis von zwei Drittel Förderung zu einem Drittel Eigenanteil. So rechnen selbst die Befürworter in ihren Veröffentlichungen. Mal davon abgesehen: Auch die Fördermittel sind Steuergelder und werden von uns allen bezahlt. Und: Die 80 Prozent hat die Regierung von Unterfranken nicht für die gesamte Maßnahme, sondern nur für das, was 2024 beantragt wird (ca. 2,8 Millionen Euro), in Aussicht gestellt.

Welche Zukunftsvision haben Sie für das vermutlich älteste Gebäude der Stadt Bad Neustadt?

Benkert: Für das ehemalige Gefängnis ist vieles vorstellbar. Genau deshalb haben wir von Anfang an vorgeschlagen, die weitere, zurzeit sehr unsichere Wirtschafts- und Finanzentwicklung abzuwarten und zu gegebener Zeit in Ruhe über sinnvolle Lösungen nachzudenken. Eine zeitliche Brisanz sehen wir tatsächlich nicht, denn man kann – unseren Berechnungen nach – das Gebäude im Sinne des Denkmalschutzes fast kostenneutral erhalten, wenn man die beiden Wohnungen und vor allem die zwölf Stellplätze im Hof zu ortsüblichen Konditionen vermieten würde.

Weshalb glauben Sie, dass andere Stadtentwicklungsprojekte eher vorankommen, wenn das Fronhof-Projekt gestoppt ist?

Gross: Das ist erstmal schon eine Frage der Personalkapazitäten. Man muss sich nur anschauen, wie viele Projekte noch aus der vergangenen Legislaturperiode in das Heute herüberstrahlen und Man-Power binden. Und da sind anstehende, auch finanzielle, Herausforderungen wie kommunales Wärmekonzept, der Ausbau des lokalen Stromnetzes und Projekte wie der Windpark Bildhäuser Forst noch gar nicht im Fokus. Einmal abgesehen vom Triamare. Oder nehmen wir die Vill'sche Stiftung– da wurde auch die ganze Zeit von Bürgermeister und Verwaltung gesagt, man habe da von Seiten der Stadt nichts mitzutun, das sei alles Stiftungssache, und jetzt ist dann doch plötzlich alles ganz anders gekommen, wie ja zuletzt ausführlich in der Zeitung zu lesen war.

Die Main-Post hätte gerne als neutrale Instanz ein Stadtgespräch zum Fronhof mit Gegnern und Befürwortern moderiert. Während die Befürworter zugesagt haben, haben die Gegner abgelehnt. Weshalb?

Benkert: Erstens ging es um eine Podiumsdiskussion und nicht um ein Stadtgespräch und zweitens ist von Seiten der Stadt spätestens seit der Infoveranstaltung im November alles gesagt gewesen: Pläne, Zahlen und Fakten liegen seitdem auf dem Tisch. Welchen Sinn also hätte diese Podiumsdiskussion gehabt? Zudem stellt sich die Frage, mit wem man hätte diskutieren sollen. Verwaltung und die drei Bürgermeister sind eigentlich mit der Feststellung des Bürgerbegehrens zur Neutralität verpflichtet. Diese Befürworter-Gruppe "Wir-für-den-Fronhof" ist in ihrem Handeln und Auftreten sehr ominös. Damit und mit dem Verhalten einzelner Involvierter werden wir uns nach dem Bürgerentscheid beschäftigen müssen. Zur Podiumsdiskussion: Wir als Bürgerinitiative haben für uns andere Formate ausgewählt, mit denen wir die Bürgerinnen und Bürger von der Unsinnigkeit des Fronhof-Projektes überzeugen wollen. Wir setzen da eher auf sachliche Argumentation als auf die Emotionalität der Befürworter. Unsere Argumente kann man auf Flyern und der Homepage www.der-fronhof.de nachlesen, um sich zu informieren.

Was, wenn die Gegner unterliegen und das Fronhof-Projekt weitergeführt wird?

Marienfeld: Dann akzeptieren wir das natürlich – das ist Demokratie. Weil dann alle Bürgerinnen und Bürger entschieden haben und nicht nur die Mehrheit von 16 Personen im Stadtrat. Meine Hoffnung besteht darin, dass die Wirkung der starken Bürgerinitiative eine Strahlkraft in den Stadtrat haben und das Projekt dadurch positiv beeinflussen würde.

360 Grad Ansicht des Bad Neustädter Fronhofs.
Foto: Anand Anders | 360 Grad Ansicht des Bad Neustädter Fronhofs.
 
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