zurück
Bad Neustadt
Aiwanger in Bad Neustadt und bei Preh: Bayerns Wirtschaftsminister nimmt viele Hausaufgaben mit nach München
"Die wissen, was sie wollen": Der bayerische Wirtschaftsminister lernte selbstbewusste Rhöner kennen. Hoffnung für die bedrohten Arbeitsplätze macht er aber keine.
Hubert Aiwanger besuchte am Freitag das Landratsamt Bad Neustadt. Er hat zunächst mehr mitgenommen, als er mitbrachte.
Foto: Anand Anders | Hubert Aiwanger besuchte am Freitag das Landratsamt Bad Neustadt. Er hat zunächst mehr mitgenommen, als er mitbrachte.
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 11.07.2024 02:41 Uhr

"Du kriegst nur Geld, wenn du auch gute Ideen hast", erklärte Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann nicht ohne ein gewisses Selbstbewusstsein während der Pressekonferenz mit Hubert Aiwanger im Landratsamt in Bad Neustadt am Freitag. Weil dem von der aktuellen Arbeitsmarktkrise gebeutelten Rhön-Grabfeld Förderungen durchaus gut täten, hatte Habermanns Team in Zusammenarbeit mit einer Reihe von Akteuren im Vorfeld zum Besuch des bayerischen Wirtschaftsministers einiges an Vorarbeit geleistet. In einem Positionspapier präsentierten sie, was sie sich für die Zukunft Rhön-Grabfelds vorstellen.

Diskutierten mit rund 50 Akteuren über die aktuelle Arbeitsmarktsituation im Landkreis Rhön-Grabfeld: Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (rechts) und Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann (links) beim Runden Tisch im Landratsamt.
Foto: Anand Anders | Diskutierten mit rund 50 Akteuren über die aktuelle Arbeitsmarktsituation im Landkreis Rhön-Grabfeld: Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (rechts) und Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann (links) ...

Ein Vorstoß, der bei Aiwanger offenbar auf offene Ohren stieß: "Die wissen, was sie wollen", formulierte Aiwanger am Ende des Besuchs in einem kurzen Pressegespräch mit dieser Redaktion, nicht ohne den Satz hinterherzuschieben: "Und das unterstützen wir!" Konkreter sollten seine Zusagen an diesem Freitagmittag aber nicht werden.

Aiwanger: "Wohlstand in der Region sichern und strukturellen Abwärtssog verhindern"

Der bayerische Wirtschaftsminister war anlässlich des angekündigten Arbeitsplatzabbaus bei Bad Neustadts Automobilzulieferer Preh zu einem Runden Tisch zur aktuellen Arbeitsmarktsituation in den Landkreis gekommen, an dem rund 50 Akteure, darunter Vertreter des bayerischen Landtags, regionaler Unternehmen, der Arbeitnehmer und Gewerkschaften, der Kammern sowie der Regionalpolitik und Verwaltung teilnahmen. Habermann sprach in der anschließenden Pressekonferenz von einem "atmosphärisch sehr guten Gespräch" "mit vielen konstruktiven Ansätzen" und dem klaren Commitment von allen, "die Situation als Chance zu nutzen".

Rund 50 Akteure, darunter Vertreter des bayerischen Landtags, regionaler Unternehmen, der Arbeitnehmer und Gewerkschaften, der Kammern sowie der Regionalpolitik und Verwaltung diskutierten mit dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Vierter von links) im Landratsamt Rhön-Grabfeld.
Foto: Anand Anders | Rund 50 Akteure, darunter Vertreter des bayerischen Landtags, regionaler Unternehmen, der Arbeitnehmer und Gewerkschaften, der Kammern sowie der Regionalpolitik und Verwaltung diskutierten mit dem bayerischen ...

"Es geht darum, Wohlstand in der Region zu sichern und zu verhindern, dass sich ein struktureller Abwärtssog entwickelt", formulierte Hubert Aiwanger seine Zielsetzung. Angesichts der leistungsfähigen Unternehmen in der Region, die den Weltmarkt bedienen, sähe er "ganz gute Chancen".

Aiwangers Verständnis für die Unternehmensleitung: "Unternehmen müssen Personal abbauen"

Kritik an der Ampel-Regierung blieb nicht aus: Aufgrund bundespolitisch hausgemachter Probleme – als Beispiele nannte er hohe Steuern und hohe Energiepreise – seien Unternehmen in eine Situation gekommen, dass sie "Personal abbauen müssen". Der Bund müsse endlich die standortpolitischen Rahmenbedingungen verändern: "Strompreis runter, Unternehmens- und Einkommensteuer runter, dafür Einsparungen bei Fehlentwicklungen im Bürgergeld für Arbeitsfähige."

Was die bayerische Staatsregierung tun könne? Bestehende Unternehmen mit einer Reihe von Förderprogrammen stützen, die es teils schon gebe, die man aber eventuell auch noch ausweiten werde. Darüber hinaus nannte er Kredit- und Darlehensangebote als Möglichkeiten. Zudem setze man auf Neugründungen und Start-up-Förderungen.

Der Wirtschaftsminister lädt Rhön-Grabfelds Akteure zu weiteren Gesprächen nach München

Ganz konkret lud der Wirtschaftsminister Rhön-Grabfelds Akteure zu einem gemeinsamen Gespräch mit Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium noch vor der Sommerpause nach München, "um in einen Arbeitsprozess einzusteigen, wo wir konkret Programme finden, wo wir wie Geld fließen lassen können".

"Wir haben Ideen entwickelt und Anstöße gegeben", so Habermann. Nun müsse man in den engen Austausch einsteigen. Eine der vorgestellte Lösungsstrategien trägt den Titel "regio FIT-NES". Dahinter verbirgt sich ein Fond für Innovation und Transformation, der Transformationsprojekte von regionalen Unternehmen und kommunalen Akteuren mit den Forschungseinrichtungen der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt gezielt fördern soll. Der Finanzierungsbedarf wird in der Projektskizze mit 50 Millionen Euro über eine Laufzeit von 63 Monaten beziffert.

Hubert Aiwanger beim Automobilzulieferer Preh in Bad Neustadt im Gespräch mit Betriebsratsvorsitzendem Daniel Rossmann. Im Hintergrund Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann (links) und Preh-CEO Charlie Cai.
Foto: Anand Anders | Hubert Aiwanger beim Automobilzulieferer Preh in Bad Neustadt im Gespräch mit Betriebsratsvorsitzendem Daniel Rossmann. Im Hintergrund Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann (links) und Preh-CEO Charlie Cai.

Wo es für den Landkreis Rhön-Grabfeld Zukunftsperspektiven gibt

Als weitere mögliche neue Geschäftsfelder in der Region, die im Rahmen der Diskussion angesprochen worden seien, benannte Aiwanger auf Nachfrage die Themen Kreislaufwirtschaft sowie das Thema Wasserstoff mit einem Windpark in der Region. "Vielleicht findet sich über kurz oder lang auch ein ganz neuer Player, der sich hier ansiedeln möchte." Auch der Wunsch nach einer Ertüchtigung des 110-kV-Netzes sei an ihn herangetragen worden. "All diese Dinge prüfen wir in alle Richtungen."

Nach dem Austausch im Landratsamt besuchte Wirtschaftsminister Aiwanger das Unternehmen Preh. Davor wie auch danach äußerte er sich wenig hoffnungsvoll, dass tatsächlich Arbeitsplätze gerettet werden könnten: "Da sind wir realistisch." Er sei nicht gekommen, um um Weiterbeschäftigung zu betteln, sondern setze "auf neue Perspektiven". Ziel des Treffens sei es nicht gewesen, das Unternehmen als "Buhmann" an den Pranger zu stellen. "Wir sehen deren Wettbewerbslage und sind dankbar, dass sie die Betriebe stabilisieren", so Aiwanger. Nun gehe es darum, die frei werdenden Mitarbeiter in anderen Unternehmen oder etwa in Start-ups unterzubringen.

Was Betriebsrat und Gewerkschaften vermissten

Auf dem Betriebsgelände empfingen etwa 15 Angestellte den Wirtschaftsminister mit einem Protestbanner. Preh-Betriebsratsvorsitzender Daniel Rossmann äußerte sich im Anschluss mit der Begegnung nur teilweise zufrieden: "Teils hat er uns Möglichkeiten in Aussicht gestellt, was man tun kann für die, die freigesetzt werden. Aber natürlich gibt es momentan noch keine Lösung für den Erhalt der Stellen hier."

Hubert Aiwanger bei Preh: Marcus Kneifel (Preh-CTO) erklärte ein Produkt.
Foto: Anand Anders | Hubert Aiwanger bei Preh: Marcus Kneifel (Preh-CTO) erklärte ein Produkt.

"Aus unserer Sicht gab es leider keine konkreten Lösungsvorschläge", monierte auch IG-Metall-Gewerkschaftssekretärin Nadine Knauff. Dass Aiwanger Preh Bad Neustadt besuchte, zeige zwar seine große Wertschätzung für den Standort. Seine Aussagen zu den gefährdeten Arbeitsplätzen hätten sie aber "tief betroffen" gemacht. Sowohl Betriebsrat als auch die Gewerkschaft erneuerten ihr Bekenntnis "für jeden Arbeitsplatz zu kämpfen".

Derweil besichtigte der bayerische Wirtschaftsminister Teile des Werksgeländes. Was er aus Bad Neustadt mitnehme? "Dass man hier sehr bewusst mit der Situation umgeht, nicht unter Panikreaktionen leidet, sondern sowohl Politik, Landrat, Abgeordnete, Bürgermeister und Unternehmen an einem Strang ziehen und eine Strategie entwickeln, wie man wieder mehr Boden unter den Füßen kriegt."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Neustadt
Ines Renninger
Hubert Aiwanger
Landratsamt Bad Kissingen
Personalabbau
Preh
Standorte
Thomas Habermann
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Klaus - Peter Eschenbach
    Den Besuch hätte er sich sparen können, oder glaubt den wirklich jemand daran das ein Herr Aiwanger interessieren würde wieviel Arbeitsplätze hier verloren gehen? Sein Verständnis für die Unternehmer zeigt deutlich die Haltung Deutschland, Wirtschaftsministers. Unternehmenssteuer runter (ausländische Firmen verlegen ihren Sitz nach Deutschland, weil man hier Steuern sparen kann) und ebenso Einkommenssteuer runter. Das dies nur den gut situierten etwas bringt wird dabei nicht erwähnt. Vielleicht sollte ein Wirtschaftsminister statt mit Polemik mal die Unternehmen aufrufen schreien Verantwortung gerecht zu werden. Seit Jahren schreien diese nach mehr Unterstützung bei nie da gewesenen Gewinnen. Da läuft etwas falsch. Aber Bürgergeldempfänger kann man natürlich eher an den Pranger stellen als sich mit der Wirtschaft anzulegen. Herr Aiwanger unterstreicht dies eindrucksvoll.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hubert Endres
    Herr Eschenbach. Sind sie Unternehmer und haben eine eigene Firma mit Angestellten und Arbeitern ? Wenn nein, dann sollten sie einfach mal den Mund halten oder sich vorab informieren. Die aktuelle Situation ist vielerlei Dingen geschuldet. Kann ihnen gerne Nachhilfe dabei geben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus - Peter Eschenbach
    Nur zu Ihrer Info. Ich war selbstständig und hatte Angestellte. Die aktuelle Situation ist sicher vielerlei Dingen geschuldet, unter anderem auch der unternehmerischen Verantwortung die in Deutschland (nachweislich) abnimmt. Ich habe mit keinem Wort die alleinige Schuld den Unternehmen zugeschoben, sondern eine Mitschuld. Fragen sie die Preh Mitarbeiter, die noch eine Rosemarie Preh gekannt haben, ob sich unternehmerische Verantwortung gewandelt hat. Ihr Angebot der Nachhilfe ist sicher nett gemeint, aber dazu müsste man auch alle Aspekte betrachten und nicht nur die die einem gefallen. Somit halte ich Ihr Angebot als, wie gesagt nett, aber überflüssig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten