
1,5 Millionen Euro – das ist die Summe, die seitens der Stadt Bad Neustadt seit 2018 in das Projekt Fronhof, Umbau der Alten Amtskellerei zu einem kulturellen Zentrum, geflossen ist. "Geld, das in den Sand gesetzt wurde", wie manch einer hinter vorgehaltener Hand flapsiger formuliert. Durch den Bürgerentscheid am 5. Mai wurde das Projekt eingestellt, die Planung nicht fortgeführt, bereits vergebene Planungsleistungen wurden gekündigt.
Dass nach der Schlussrechnung die Projektkosten im Stadtrat vorgestellt werden, war der Wunsch der Stadträte. Rund 145.000 Euro der 1,5 Millionen, also etwa zehn Prozent, entfielen auf Schadensersatzleistungen, die durch die Kündigung bestehender Verträge entstanden sind. Bürgermeister Michael Werner dankte Stadtbaumeister Michael Wehner explizit für dessen Verhandlungsgeschick. Am Ende hatten einige Ingenieurbüros auf die Vergütung verzichtet, die ihnen rechtlich zugestanden hätte. "Das hat uns finanziell entlastet."
Bürgermeister Werner: Wie kann es künftig gelingen, die Bürger zu erreichen?
"Die Bürger konnten der Vision, die Teile von uns hatten, nicht folgen", ging Werner noch einmal auf den Bürgerentscheid ein. Am Bürgerentscheid selbst gebe es nichts zu rütteln. Die Frage, die er sich für kommende Projekte stelle: "Wie kann es gelingen, dass wir die Bürger erreichen, dass wir die Konzepte, die wir erarbeiten, auch bei den Bürgern platzieren?"
Bastian Steinbach (CSU), einer der Sprecher der Projektbefürworter, erklärte, für ihn sei das "einer der frustrierendsten Projektabschlüsse" und eine "Misere für die Innenstadt". Mehr als 1,3 Millionen Euro seien "umsonst" ausgegeben, er rechne mit mindestens 10.000 Arbeitsstunden, die verloren seien, die Regierung von Unterfranken habe man "verprellt". "Es gibt hier ja einige, die sind froh, glücklich und stolz darauf, was sie geleistet haben", so Steinbach Richtung Projektgegner. Persönlich ärgere ihn, dass man nicht zu einem Kompromiss kam. Bis heute habe er keine Alternativlösung gehört. "Etwas verhindern ohne Gegenvorschlag, ist mir für die Zukunft zu wenig."
Norbert Klein warf der Bürgerinitiative Plattitüden, Stammtischparolen und Halbwahrheiten vor
Norbert Klein kritisierte, wie es zum Bürgerentscheid gekommen war: Kollege Benkert, sprach er Stadtrat Johannes Benkert (Neuschter Liste) als einen der Initiatoren der Bürgerinitiative direkt an, habe sich mit der demokratischen Entscheidung des Stadtrats "nicht einverstanden erklärt": "Man hat sich eines Bürgerentscheids bedient", so Klein weiter. Das sei legitim, allerdings seien damit neue Entscheider eingesetzt, die man mit Informationen und Fakten versehen müsse, die den Tatsachen entsprächen. Richtung Bürgerinitiative formulierte er den Vorwurf: "Man hat sich in Plattitüden ergangen, Stammtischparolen und Halbwahrheiten in die Welt gesetzt."
Klein zeigte sich überzeugt: "Letztlich haben die Bürger auf Grundlage einer falschen Faktenlage entschieden." An diesem Punkt intervenierte Bürgermeister Werner: "Wir haben als Befürworter und Verwaltung Aufklärungsarbeit geleistet. Die Möglichkeit, sich zu informieren, bestand."
Emotionale Diskussion und ein persönlicher Angriff
Später in der Diskussion berief sich der stellvertretende Bürgermeister Klein auf eine angebliche Aussage zur Finanzlage der Stadt von Bettina Wagner (Grüne), die sich ebenfalls auf der Seite der Gegner engagiert hatte, die Klein zufolge jeder Grundlage entbehre und wurde in diesem Zusammenhang auch persönlich. "Gegenseitige Angriffe bringen uns nicht weiter", griff Werner erneut ein.
Doch Klein holte noch einmal aus: "Dieser Wahlkampf, diese Informationspolitik der Initiatoren ist in AfD-Manier gelaufen." "Oh, oh", tönten Stadtratskollegen erschrocken. Und: "Jetzt ist aber gut!" Werner bat um Sachlichkeit. Er verstehe, dass die Entwicklung ein "harter Rückschlag" für die Befürworter war, doch nun sei es angezeigt, sich zu schütteln und in Richtung Zukunft zu gehen.
Über den Vorwurf der "alternativen Fakten"
"Ich finde es eine ganz schöne Frechheit, dass der Bürgerinitiative unterstellt wird, dass von der Bürgerinitiative alternative Fakten geschaffen worden sind", so Bettina Wagner. Es seien immer die seitens der Stadt veröffentlichten Zahlen verwendet worden. Dass keine Alternativvorschläge eingingen, da müsse sich der Stadtrat "an die eigene Nase fassen". Schließlich sei keine Einladung an die Bürgerinitiative zwecks eines Runden Tisches oder ähnlichem ergangen.
Warum bislang keine Einladung zum Runden Tisch an die Bürgerinitiative erging
Zum Thema Einladung an die Bürgerinitiative erklärte Werner: Der Bürgerentscheid "lähme" das Thema für ein Jahr: "Vor Mai wird nichts gemacht." In der Zukunftswerkstatt hätten die Räte entschieden, im Herbst 2025 in die Findungsphase zu gehen und Abfragen zu starten. Doch in dieser Legislaturperiode würden keine neuen Planungen mehr angestoßen, die dann 2026 ein vielleicht neuer Stadtrat umsetzen müsste.
"Ich denke, wir müssen nach vorne gucken", mahnte Rita Rösch (SPD). "Wir sollten versuchen, dass wir eine Einheit sind, mit Für und Wider, aber eine Einheit."
Einer wurde mehrfach adressiert, aber schwieg in der ganzen Diskussion
Die Diskussion "mag unangenehm sein", so Anne Zeisner (CSU), eine der Befürworterinnen des Projekts, aber sie sei glücklich, dass sie in dem Raum geführt werde, in den sie gehöre. In den sozialen Netzwerken habe sie "zum Teil haarsträubende Anfeindungen" gegen Befürworter gelesen. Sie appellierte, dass man "heftig, aber sachlich" diskutiert, aber bitte am Ratstisch und eben nicht im Internet.
Johannes Benkert (Neuschter Liste), der als eine der Galionsfiguren die Gegnerseite im Vorfeld des Bürgerentscheids mit angeführt hatte, äußerte sich nicht in der Diskussion. Im Vorfeld der Sitzung hatte er auf seiner Facebook-Seite seine Erwartungen an den Abend formuliert und von einer absehbaren "Monty-Python-reifen Vorstellung bestimmter interessensgesteuerter Befürworter" gesprochen. Inzwischen sei offensichtlich, dass es "den Unbelehrbaren" nicht um Kultur, sondern um den "schnöden Mammon" ginge, so Benkert in den sozialen Medien. In der Sitzung schwieg er.