Es gibt nichts Schnelllebigeres als Jugendkulturen: Umso beeindruckender, dass der 2012 gegründete Verein "initiative for music and youth culture nes e.V." seit mittlerweile zehn Jahren Konzerte im ehemaligen Juze Bad Neustadt veranstaltet.
Aus einem vor sich hin dümpelnden Jugendtreff formte die ehrenamtliche Vereinscrew einen Konzertort für die alternative Musikszene, der auch die Corona-Zeit halbwegs unbeschadet überlebte. Das soll rund um Weihnachten mit zwei Events gefeiert werden: mit dem DJ-Abend "Merry Crisis" am 25. Dezember und dem Jubiläumskonzert "Ska-Punk-Christmas" am 27. Dezember.
Die meisten Gründungsmitglieder, wie der 33-jährige Marcel Schäfer aus Wollbach, derzeit stellvertretender Vorsitzender, sind heute noch im Verein aktiv. Einige junge, engagierte Leute sind dazu gekommen, etwa der aktuelle Vorsitzende Philipp Hense aus Fridritt, seit vier Jahren Vereinsmitglied und selbst gerade einmal 20 Jahre alt. Gemeinsam mit ihrem Kassier Daniel Weipert, 30, aus Herschfeld blicken die Jungs zurück und erzählen von zehn Superlativen der vergangenen zehn Jahre.
1. Das erfolgreichste Konzert im Juze Bad Neustadt:
Das Re-Opening am 13. September 2013. Dem waren ein halbes Jahr Umbau- und Renovierungsarbeiten vorausgegangen. Das erste HipHop-Event im Anschluss schlug so richtig ein: Rund 150 Besucher drängten damals ins Juze.
2. Der größte Flop in dem Jugendzentrum:
Zwei Konzerte komplett ohne Besucher. Schlecht angenommene Konzerte gebe es immer wieder einmal. Darauf folgen dann im besten Fall sehr gut besuchte. Das dürfe und solle auch so sein, findet Kassier Daniel Weipert. Als gemeinnütziger Verein sei man nicht dem Gewinn-Machen verpflichtet, sondern stelle die Musik in den Mittelpunkt. "Wenn zehn Leute die Band geil fanden, hat es sich schon gelohnt."
3. Die schönste Rückmeldung für den Verein "initiative for music and youth culture nes":
Der "Applaus". Den mit 5000 Euro dotierten Preis erhielt die Initiative 2015 für ihr Livemusikprogramm im Jahr 2014 von der damaligen Kulturstaatsministerin Monika Grütters in München verliehen. "Applaus" steht für "Auszeichnung der Programmplanung unabhängiger Spielstätten". Die Bad Neustädter waren bis dato die jüngste Spielstätte, die den Preis erhielt. "Das hat die Leute gepusht", erinnert sich Marcel Schäfer, "die waren danach wieder richtig motiviert". Eingesetzt hat der Verein das Preisgeld dafür, weitere Ton- und Lichttechnik anzuschaffen.
4. Die entscheidendste Investition in das Juze Bad Neustadt:
Die Renovierung des Juze von Mai bis September 2013, große Teile davon in Eigenleistung. Marcel Schäfer spricht von einer "riesigen Kraftanstrengung mit viel Herzblut". Bis zu 20 Leute waren täglich am Werkeln. Entkernt wurde der Saal komplett in Eigenleistung. Die Stadt Bad Neustadt, Vermieter und Projekt-Förderer, kümmerte sich um den Einbau einer Akkustik-Decke, Materialkosten, die Neuverkabelung, Maler und Verputzer. Wichtig seien die Anschaffung eines digitalen Veranstaltungsmischpults sowie der Sound- und Lichtanlage gewesen. Angeschafft wurde das Equipment von den ersten Konzerteinnahmen. "Das hat uns eine gewisse Selbstständigkeit und Flexibilität ermöglicht."
5. Der härteste Rückschlag für das Jugendzentrum:
Der Verlust eines aktiven Mitglieds, das mit Anfang 20 gestorben ist. "Das war vereinsintern ein großer emotionaler Rückschlag", erinnert sich Marcel Schäfer. Abgesehen davon hat Corona seine Spuren hinterlassen. Die Corona-Pause selbst war nicht problematisch, da der Verein keine laufenden Kosten hatte. Zäh gestaltete sich allerdings das Wiederankurbeln im Anschluss. Am 30. März dieses Jahres fand das erste Konzert nach der Pause statt. "Sehr langsam" sei das Geschehen seither wieder angelaufen. "Gegen Ende des Jahres geht es jetzt Schlag auf Schlag."
6. Der romantischste Moment im Juze:
Beim Gründungskonzert haben sich zwei heute noch aktive Mitglieder kennen gelernt und sind ein Paar geworden. Sie feiern im nächsten Jahr ihr Zehnjähriges.
7. Das jüngste und das älteste Mitglied des Vereins "initiative for music and youth culture nes":
Die fünfjährige Runa Göppner, Tochter der ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden Jule Göppner. Seit vier Jahren schon ist sie nicht nur passives Mitglied, sondern mitunter auch bei Konzerten in der Küche helfend im Einsatz. Das älteste Mitglied ist mit 51 Jahren Ulrike Lingerfelt, selbst Musikerin mit Herzblut und eigenem Gesangsstudio in Wollbach.
8. Der engagierteste Helfer rund um das Jugendzentrum:
Michl Haubner, ursprünglich aus Hohenroth, jetzt in Bahra zu Hause. Eines der Vereins-Gründungsmitglieder, das heute noch aktivst ist. "Wenn du irgendwas brauchst, gehst du zu ihm", so Vorsitzender Philipp Hense. Haubner ist sechs Stunden vor Konzertbeginn da und verkabelt und oft der Letzte, der nach dem Abbau geht. Außerdem ist er Hauptorganisator des Sommerfestivals.
9. Die härteste Aufgabe für die "initiative for music and youth culture nes":
Die Präsentation des Konzertangebots, und dabei vor allem die jüngere Generation zu erreichen. Viel hat die Gruppe schon versucht, etwa Workshops in Schulen. Über einen solchen hat Michl Haubner den heutigen Vorsitzenden Philipp Hense rekrutiert. "Die Frage, wie viel, wo und was an Werbung machen", sagt Marcel Schäfer, das treibe die Crew immer wieder um. Ordentliche Reichweite über Social Media zu generieren, sei nicht billig, ebenso wenig wie Plakate aufhängen.
10. Die größte Vision für den Verein "intitiative for music and youth culture nes:
Weitere zehn Jahre als Verein überleben. Dass das, was die Gruppe aufgebaut hat, bestehen bleibe. Im besten Falle mit noch mehr engagierten Helfern. "Nicht einfach überleben, sondern mit Leben gefüllt weiterleben!", hoffen die Vereinsverantwortlichen übereinstimmend.