
Ein Mittwochabend in diesem Sommer, kurz nachdem der Deutsche Bundestag in die Ferien gegangen ist. Bis zum Urlaub von Bernd Rützel - "eine Woche Rügen ohne Handy" - dauert es noch ein paar Tage. Noch ist der SPD-Abgeordnete, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, in seinem Wahlkreis Main-Spessart unterwegs. In Lohr hat Rützel zu "Brotzeit, Bier & Politik" geladen.
Seit über zehn Jahren bietet Rützel diesen politischen Stammtisch an, bei dem Bürgerinnen und Bürger Fragen stellen und Wünsche äußern können. Bei dem sie ihren Frust über "die da oben" loswerden können - "aber gerne auch mal Lob".

An diesem Abend kann sich der 55-jährige SPD-Politiker nicht beklagen. Unter den knapp zwei Dutzend Zuhörerinnen und Zuhörern im Nebenraum des "Ristorante Italia" sind doch einige wohlgesonnene dabei. Die anerkennen, wie sich Rützel beispielsweise darum gekümmert hat, dass der Lohrer Glashersteller Gerresheimer den Umstieg zu CO₂-neutraler Produktion vom Bund gefördert bekommt.
Neben der Lobbyarbeit für Kommunen und Unternehmen aus Unterfranken ist der SPD-Politiker, der 2013 in den Bundestag gewählt wurde, als Fachmann für Arbeit und Soziales gefragt. Rützel war noch keine 15, als er 1983 als Maschinenschlosser-Azubi bei der Deutschen Bundesbahn (DB) in Würzburg anfing. Bei der Bahn war er in vielen Funktionen - "auch als Lokführer" - tätig. Er qualifizierte sich bis zum Abteilungsleiter weiter und setzte sich viele Jahre als Betriebsrat für die Kolleginnen und Kollegen ein.
Ein Erfahrungsschatz, den der Gemündener vielen Sozialpolitikern voraus hat. Und den er einsetzt, wenn er für Tariftreue, Mindestlohn und eine auskömmliche Altersversorgung streitet. Das Rentenpaket, das die Ampel-Koalition in diesem September im Bundestag verabschieden möchte, trägt nicht zuletzt die Handschrift Bernd Rützels. Er gilt als enger Vertrauter von SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil.
SPD-Politiker Rützel: "Ordentliche Renten sind eine Frage der Gerechtigkeit"
Mit der Gesetzesvorlage will die Regierung das Rentenniveau dauerhaft sichern, ohne das Eintrittsalter weiter anzuheben oder Regelungen wie die "Rente nach 45 Beitragsjahren" abzuschaffen. Die Kritik, dass dies künftige Generationen zu stark belaste, weist der SPD-Politiker als "Missachtung der Lebensleistung von Millionen Menschen" zurück. Ordentliche Renten seien eine "Frage der Generationengerechtigkeit".
Der Unterfranke, nicht gerade als politischer Scharfmacher bekannt, kann richtig sauer werden, "wenn da regelmäßig neue Querschüsse aus der FDP und der Union kommen". Er selbst habe schon die 2007 von CDU/CSU und SPD beschlossene schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 für einen Fehler gehalten, sagt Rützel. "Und dabei bleibe ich."

Neulich sei ihm beim Aufräumen seines Arbeitszimmers daheim in Gemünden ein Flyer mit dem berühmten Satz von Norbert Blüm in die Hände gefallen, erzählt Rützel. "Die Rente ist sicher" hatte der CDU-Arbeitsminister in den 80er und 90er Jahren regelmäßig in seinem rheinhessischen Singsang wiederholt. "Er hat recht behalten", sagt Rützel. Dabei habe der Rentenbeitrag damals zeitweise bei 20,3 Prozent gelegen. Aktuell betrage er 18,6 Prozent. "Ein Beleg dafür, dass unser Rentenpaket seriös finanziert ist."
Auch in Sachen Sozialpolitik ist Rützel viel in Unterfranken unterwegs. Im Jobcenter in Würzburg beispielsweise spricht er mit Stefan Beil, dem Geschäftsführer der Arbeitsagentur, Jobcenter-Geschäftsführerin Manuela Burger und Würzburgs Sozialreferentin Hülya Düber über die Lage am Arbeitsmarkt in der Region. Man kennt sich und man ist sich einig, viele Sorgen hier sind ein Jammern auf hohem Niveau: Der Landkreis Main-Spessart hatte im Januar und Februar 2024 mit 2,4 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote in ganz Deutschland.
Wenn Fachbegriffe wie "Job-Turbo für Geflüchtete", "Teilhabechancengesetz für Langzeitarbeitslose" oder "Jugendberufsagentur" fallen, diskutiert der Vorsitzende des Arbeitsausschusses im Bundestag wissend mit. Man sei in der Arbeitsmarktpolitik "wirklich gut" aufgestellt, sagt Rützel. Und meint wohl: dank der SPD.
Dass in Unterfranken jemand seinen Job aufgibt, weil er glaube, mit Bürgergeld besser dazustehen? Eine "Phantomdiskussion" nennt Rützel diese Debatte. Skandalös sei nicht die Höhe der Sozialleistungen, sondern die Tatsache, dass über einer Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland der erarbeitete Lohn nicht reicht - und sie deshalb "mit Bürgergeld aufstocken müssen".
Rützel: "Scholz ist kein Söder, er macht keine Show"
Dass Olaf Scholz seine Politik dem Volk besser kommunizieren müsse? Auf soviel Kritik lässt sich der Sozialdemokrat gerade noch ein. Ansonsten lobt er den Bundeskanzler in hohen Tönen: "Scholz ist kein Söder, er macht keine Show." Ruhig und besonnen habe der Kanzler das Land durch schwierige Zeiten von Corona bis zum Ukraine-Krieg geführt - inklusive Inflation und Energiepreiskrise.
Dass sich die Koalitionspartner häufig "wie die Kesselflicker" öffentlich gestritten hätten, das räumt Rützel ein - "das muss aufhören". Trotzdem sei man seit 2021 gut vorangekommen, Deutschland zu modernisieren. Etwa durch ein an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiertes Fachkräfteeinwanderungsgesetz und Staatsbürgerschaftsgesetz: "16 Jahre lang ging da fast nichts, das ist jetzt ein Verdienst der Ampel."

Auch bei der Ertüchtigung der Infrastruktur gebe es Fortschritte, meint der 55-Jährige. Bei der Bahn etwa investiere der Bund so viele Milliarden wie noch nie.
Um die Themen Bahnhöfe und Schienennetz kümmert sich Rützel schon aufgrund seiner beruflichen Herkunft mit viel Hartnäckigkeit. Wie in diesem Frühjahr beim Ortstermin in Karlstadt mit FDP-Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer und CSU-Bürgermeister Michael Hombach. Seit Jahren streitet man dort über Parteigrenzen hinweg für den barrierefreien Ausbau des Bahnhofs. "Da hilft nur unerschütterliches Dranbleiben", macht sich der Abgeordnete selbst Mut.
2030 könnte es in Karlstadt mit dem Umbau tatsächlich so weit sein. Mit etwas Galgenhumor kommentiert Bernd Rützel: "Schon."
Sozialversichert, haben Abspruch auf Lohnfortzahlung, Krankenversicherung etc.). Meine Mutter ist wegen dieser Möglichkeit, im Alter von 86 Jahren nach Zypern gezogen, um nicht in in ein Heim zu müssen ( und ihr geliebtes Hündchen zu verlieren). Der Großvater meiner Frau konnte seinerzeit zu seiner Versorgung noch zwei polnische Frauen einstellen, die sich alle 6 Wochen ablösten und bei ihm wohnten. Heute wäre das wegen des Mindestlohns unbezahlbar oder illegal. Stattdessen müssen unsere Alten ins Heim und Arbeitswillige aus Niedriglohnländern in ebendiesen ihr Dasein fristen. Ist das wirklich besser?
Um so das Geld wieder in Umlauf kommt und tatsächlich etwas produziert.
Was kann man ihm vorwerfen? Wenn die SPD nicht mit einer bestimmten anderen Partei regieren müsste, dann wäre sicher eine Vermögensteuer und eine Reform der Erbschaftsteuer auf der Tagesordnung. Da aber in einer Demokratie im Allgemeinen und einer 3er-Kolition im Besonderen Kompromisse notwendig sind, kann niemand die 'reine Lehre' umsetzen. Da kann weder die Ampel noch Herr Rützel etwas dafür. An seinem Einsatz und an seinem Engagement zu zweifeln, halte ich für absurd.
Bisweilen sind unsere Ansprüche an Politiker reichlich überzogen. Vielleicht sollten wir da wieder realistischer werden. Zudem sollten wir auch anerkennen, dass Politiker (aller Parteien) Menschen sind, die sich für uns alle einsetzen. Kritik ist legitim, aber sie sollte sachlich sein.
Pensions kürzungen haben die noch nie vorgeschlagen !
Und: wenn mehr einzahlen, bekommen auch mehr was raus und es ergibt sich vmtl. bestenfalls ein Nullsummenspiel.
Das Problem ist, dass ALLE Bundesdeutschen Regierungen das System mit fremden Leistungen überfrachtet (hat), die der Staat anders hätte finanzieren müssen
"viel längere Wartezeit", bei uns braucht man mindestens 5 Jahre Beitrgaszeit um dann später als Rentner mit z.b. 65 Jahre Leistungen zu beziehen.
in Österreich sind es min. 15 Jahre.
um bei beiden Systemen eine gute Rente zu bekommen muß man aber 40 bis 45 Jahre arbeiten und einzahlen. aber ein österr. Rentner bekommt ca. 50 % mehr Rente.
"wenn mehr einzahlen, ........." unsere Beamtenpensionen und die gesetzlichen Renten gehören sich zusammengeführt, damit ALLE nach dem selben Altersicherungssystem nach der Erwerebstätigkeit "entlohnt" werden.
z.Zt. haben wir ein total ungerechtes Alterssicherungssystem.
Beamten Pensionen nach Gefälligkeitsbeförderungen!
Durchschnitzrenten liegen bei 1600 Euro, Durchschnittspensionen bei 2700Euro!!!
Wie viele Beamte sitzen in der Legislative?
Von 79 auf 71, sehr schlimm wenn man von dem was man nicht eingezahlt hat auch noch was abgezogen bekommt. Rentner bekommen von dem abgezogen was sie einbezahlt haben wenn sie früher in Rente gehen!
Sind Beamte mehr wert als nicht Beamte?
Beamtenpensionen richten sich nach der Höhe des letzten Gehalts!
Also ist jeder Beamte darauf versessen kurz vor der Pensionierung nochmal befördert zu werden, was sehr häufig geschieht!!
Ich finde es immer lustig wenn die Beamten zur Rechtfertigung ihrer exorbitanten Privilegien die Polizei, Zoll, Justizbeamten vorschieben, die wirklich einen harten Job erledigen. Danke diesen Beamten! Aber es gibt auch Beamte in den Behörden Ämtern Ministerien und Schulen die sich ganz schön Pelzen, und eine ruhige Kugel schieben!
Man bedenke auch das Beamte die Berufsgruppe mit höchsten Lebenserwartung sind!
Warum wehren sich den die Beamten gegen ein gerechtes Rentenmodell, weil sie nicht von ihren Pfründen lassen wollen. Deshalb wird es in Deutschland kein gerechteres Rentenmodell geben!