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Gemünden
Wein aus dem Verkaufswagen: Ein Gemündener kommt jetzt mit dem "Schoppenwächele"
Peter Reichel hat einen alten Autoanhänger zu einem mobilen Weinausschank umgebaut. Bisher kam er in Gemünden und Wiesenfeld zum Einsatz, die nächsten Schoppen gibt's am Herbstmarkt.
Der Gemündener Peter Reichel und sein 'Schoppenwächele'
Foto: Björn Kohlhepp | Der Gemündener Peter Reichel und sein "Schoppenwächele"
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 09.02.2024 06:48 Uhr

Peter Reichel gehört zu den Umtriebigen in Gemünden. Der 64-Jährige ist im Stadtmarketing aktiv, gibt seit Jahren den Stadtnikolaus, außerdem den Stadtnachtwächter und den Stadtfischer. Von ihm stammen die Bank unter dem Mühltorturm, der Brückenhocker-Thron und die zu "Lucky Wheels"-Blumen upgecycelten alten Fahrradfelgen in der Stadt. Jetzt hat er wieder etwas Neues in petto: einen umgebauten Autoanhänger, aus dem heraus er Wein ausschenkt, sein "Schoppenwächele".

Das war bislang zweimal im Einsatz, zuerst bei der Modenschau in Gemünden im September, dann beim Fest am Wiesenfelder Dorfladen. Die Resonanz beim ersten Mal habe ihm noch am Sonntag danach Adrenalinstöße verpasst, sagt Reichel. In Wiesenfeld sei er an seine Grenzen gestoßen. "Die Wiesenfelder haben einen guten Durst." 40 bis 45 Liter Wein seien hier über den Tresen gewandert.

Und wie ist die Idee zum "Schoppenwächele" entstanden? Das Ganze habe damit angefangen, dass er mit seiner Frau während Corona am Marktplatz gesessen und sie sich gedacht hätten: "Irgendwas fehlt noch in Gemünden – ein Weinlokal." Gemünden, so Reichel, sei ja eigentlich das Tor zum fränkischen Weinland.

Er habe sich dann mit Walter Volpert zusammengesetzt, der mit Bekannten in der ehemaligen Metzgerei die ehrenamtliche Weinbar "Zum Schelch" aufmachen möchte. Auch aufgrund der nötigen Investitionen kam ein festes Weinlokal für Reichel dann aber doch nicht in Frage. Stattdessen kam ihm die Idee eines mobilen Weinausschanks, der auch viel mehr Einsatzmöglichkeiten habe. Ihm gehe es wie Volpert darum, in Gemünden etwas zu bewegen, sagt Reichel.

Im Internet fand Reichel, wonach er suchte: Bremsen fest, durchgerostet, durchgefault

Also machte er sich auf die Suche nach einem Verkaufswagen und fand irgendwann im Internet, wonach er suchte. "Das ist er", habe er sich gedacht, es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen. "Die Bremsen fest, total durchgerostet, durchgefault", beschreibt Reichel seinen Kauf im August 2021. In seiner Vorstellung hatte der einachsige Anhänger Potenzial.

Er diente früher einmal einem Elektriker zum Transport, später als Verkaufswagen eines Bäckers, zuletzt als Lagerfläche auf einem Campingplatz. Da hätte die Geschichte des Wagen zu Ende sein können, wenn Reichel ihn nicht entdeckt und gerettet hätte.

Im Frühling nahm er das Ding auseinander, so dass nur noch das Gerippe übrigblieb. Er schliff alles ab, lackierte, stockte den Wagen um 50 Zentimeter auf und erneuerte Wände und Dach. Tage und auch Nächte schlug sich der begeisterte Hobbyhandwerker damit um die Ohren, machte sogar die Elektrik innen selbst, allerdings "immer unter strenger Anleitung von Freunden". Den ganzen Sommer dauerte die Werkelei. Nur beim Schweißen und bei den Bremsen holte sich Reichel Hilfe. Das "Schoppenwächele" musste vom TÜV komplett neu abgenommen werden. Natürlich brauchte er auch eine Ausschankgenehmigung.

Ein Stehtisch soll die Stolperfalle Deichsel entschärfen

Innen gibt es jetzt ein Spülbecken, einen Kühlschrank und einen abgeschliffenen Schrank vom Sperrmüll. Die Außenwände sind mit Douglasie verkleidet und Stirn- und Rückseite inzwischen mit Gemünden-Motiven foliert. Auf der einen Seite ist das Huttenschloss mit Reichels "Lucky Wheels" davor zu sehen.

Hinten auf dem Schoppenwächele sind auch Reichels Lucky Wheels zu sehen.
Foto: Björn Kohlhepp | Hinten auf dem Schoppenwächele sind auch Reichels Lucky Wheels zu sehen.

Dass man manche Sachen erst mit der Zeit merkt, hat auch der Gemündener feststellen müssen. Weil immer wieder Leute über die Deichsel stolperten, baute er kurzerhand einen Stehtisch, der jetzt darüber gestellt wird. Und der tagelange Regen hatte bei dem bislang im Freien stehenden Wagen dafür gesorgt, dass sich die Klappe verzog und sie nicht mehr zuging. Inzwischen hat Reichel das Holz geölt und mögliche Wassereintrittsstellen abgedichtet, jetzt braucht es nur noch einen trockenen Platz zum Abstellen.

Ende November geht Reichel, der derzeit noch als Verkaufsleiter im Außendienst den Holzverkauf an Baumärkte betreut, in den Ruhestand. Danach will er sich verstärkt seinem Wägelchen und der "Feinkultur" widmen. Er stellt sich vor, dass er mal am Marktplatz, mal am Stadtstrand, mal am Ronkarzgarten steht. Auf keinen Fall möchte er Konkurrenz zur neuen Weinbar sein. Vielleicht, so Reichel, könnte er ja auch mal Cocktails ausschenken, sein Kühlschrank hat auch ein Gefrierfach für Eiswürfel. Er habe auch schon Anfragen bekommen für Betriebsfeiern. Vermieten will Reichel sein Schmuckstück noch nicht so recht, weil er fürchtet, dass etwas kaputtgehen könnte.

Nächster Halt des "Schoppenwächeles" wird diesen Sonntag der Marktplatz am Herbstmarkt in Gemünden sein. Reichels Töchter wollen ihn diesmal beim Verkauf unterstützen. An Schoppen soll es künftig in Gemünden nicht mangeln – erst recht, wenn gleichzeitig noch die Weinbar "Zum Schelch" aufmachen sollte. Am Marktsonntag sollen auch Reichels "Lucky Wheels" verkauft werden. Der Erlös komme dem Gnadenhof in Adelsberg zugute.

 
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  • W. M.
    @ol04: Von mir aus können Sie rauchen, trinken, wann und wo immer Sie wollen. Es hat Sie übrigens keiner gezwungen, meine Kommentierung zu lesen. Und dahergelaufen bin ich auch nicht, nur einmal für Ihr Selbstverständnis! Wissen Sie, ich habe meine Großmutter als Siebenjähriger verloren, nur weil Sie ein Alkoholisierter mit seinem PKW "umgemäht" und ihr die Unterschenkel abgesenst hat. Die rüstige 75-jährige Dame ist damals auf der Stelle verblutet. Soviel zu Alkohol und zur Moral. Das sind vielleicht Erlebnisse, die Sie nicht bekümmern. Mich bekümmert das schon! Trinkapostel gibt es übirgens schon genug. Vielleicht sind ja auch sie einer. Ich bleibe dann aber lieber Moralapostel, wenn Sie das so schon beschreiben! Das ehrt mich dann sogar! Und Lebenslust, ja, die kann man auch ohne Alkohol haben.
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  • S. W.
    @molinarius21: haben sie noch spaß am leben? oder wurden sie von ihrem ehepartner gezwungen zu veganer bratwurst mit ingwertee und milchreis aus mandelmilch zu sich zu nehmen? oder betreiben sie selber eine saftbar und wollen dafür werbung machen?
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  • W. M.
    @Dan(e)ben: Natürlich, Daneben, mir fehlt die volle Lust am Leben und meine Ehefrau zwingt mich zu veganer Bratwurst. LOL. Dan(e)ben, wenn Sie es immer noch nicht kapiiierrtt haben. Sie können trinken, rauchen, kiffen, wann und wo Sie wollen..... Darum geht es aber in Gemünden nicht. Und wer es sonst noch nicht kapiert hat: Auch die nächste Bude wird an der Situation Gemündens nichts verändern. Auch trägt das nicht wirklich zu einer Innenstadtbelebung bei. Gemünden braucht Arbeitsplätze, Behördenansiedlungen, neue Tourismusinnovationen und zwar innenstadtnah, das trägt zum Leben in der Innenstadt bei. Ihr Marktalkosonntag, der ist temporär. Davon und von der Weinbude, abgesehen vom Ausschank von Alkohol, wird auf Dauer kein einziges Innenstadtgeschäft überleben können. Fünfminütige SR-Sitzungen geben bereits jetzt über die "Vielfalt" Gemündens Aufschluss. Und zum Abschluss: Auch mir liegt etwas an dieser Stadt, jenseits von "Tanzinsel" und "Weinbuden". Willkommen im Leben!!
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  • F. H.
    Ich denke, da wird mit dem jetzt sinkenden Wohlstand demnächst einiges der Markt regeln. Schlecht wäre es nicht, wenn die landauf, landab zu „Trink- und Ess-Events“ degenerierten Advents- Weihnachts- und sonstigen Märkte wieder ihren eigentlichen Sinn erhalten würden.
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  • K. H.
    Ich sehe mich schon mit einem guten, gekühltem Schoppen an einem warmen Sommerabend mit Freunden am Main sitzen! 🍷Toller Gedanke 👍
    Auch die finale Verwendung der Räder zugunsten der Tierhilfe ist eine tolle Idee-obwohl ich sie im Stadtbild vermissen werde 😟.
    Aber sie stehen dann ja irgendwo in Vorgärten und bleiben damit erhalten!
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  • W. M.
    Herrn Reichels Engagement in Ehren, wirklich gut, was er bisher für Gemünden getan hat. Nur muss es denn unbedingt eine weiterer Weinverkauf sein? Braucht denn die Gesellschaft nur Alkohol!? Die Supermärkte sind "voll", die Spiritousen beanspruchen eine nicht unerhebliche Fläche . Wer s..... denn das alles? Muss es immer der Schoppen oder muss es denn immer Alkohol, gleich welcher Art, sein? Alkohol, gleich ob Bier, Schnaps oder Wein, mag ich eben nicht. Ich persönlich hätte die Gesellschaft gerne alkohol- und drogenfreier. Wieviel Gewalt gibt es wegen Alkohol, wieviele Familien und Existenzen wurden schon durch oder wegen Alkohol zerstört? Für die Jugend sollten wir vielleicht mit antialkoholischen Getränken, Stichwort: Saftbar, ein Vorbild sein. Ich weiß, bezüglich dieses Kommentars ist der Aufruhr wieder groß. Wir werden aber nur dann etwas verändern, wenn wir uns gegen den "Mainstream" äußern und gegen den Strom schwimmen. Dafür braucht man eben Durchhaltevermögen.
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  • A. M.
    @molinarius21:
    Es zwingt Sie doch keiner Alkohol zu trinken? Es nervt wirklich, dass heutzutage ständig irgend ein dahergelaufener Moralapostel meint es besser zu wissen, und Ratschläge erteilt. Es geht Sie schlichtweg nichts an! Es interessiert absolut niemanden, dass Sie die Gesellschaft gerne alkohol- und drogenfreier hätten. Kümmern Sie sich um ihren eigenen Körper!
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