"Wir können von Rotterdam bis Constanza fahren, nirgends haben wir Probleme, nur in Lohr und Marktheidenfeld", sagt der Lengfurter Binnenschiffer Klaus Ludorf. Er ist in seinem Leben unzählige Male auf der rund 3000 Kilometer langen Wasserstraße von den Niederlanden bis nach Rumänien am Schwarzen Meer gefahren. Er und sein Kollege Bernd Ludwig aus Marktheidenfeld sind seit über 50 Jahren auf dem Main unterwegs. In dieser Zeit hat sich viel verändert: Die Schiffe sind größer geworden und auch die Anzahl hat deutlich zugenommen. Was sich jedoch nicht verändert hat, sind die Alten Mainbrücken in Marktheidenfeld und Lohr, kritisieren sie.
Denn die beiden historischen Brücken stellen laut Ludorf ein Verkehrshindernis dar, immer wieder würden Passagier- und Frachtschiffe daran hängenbleiben. Bekannt werde das jedoch nur bei größeren Unfällen. Deshalb sollte eigentlich der mittlere Pfeiler der Marktheidenfelder Brücke entfernt werden, so lautete 2013 der Plan der Schifffahrtsverwaltung. Die Brücke in Lohr muss saniert werden, doch das staatliche Bauamt in Würzburg will zuerst die Entscheidung über den Marktheidenfelder Pfeiler abwarten – denn für Lohr wird eine ähnliche Entscheidung erwartet.
Doch der Widerstand aus der Bevölkerung und dem Marktheidenfelder Stadtrat war damals so groß, dass das Bundesverkehrsministerium, dem die Schifffahrtsverwaltung unterstellt ist, bis heute keine Entscheidung getroffen hat. Ludorf und Ludwig kritisieren: "Die Behörden haben einen Maulkorb bekommen und deshalb wird keine Entscheidung getroffen – seit fast zehn Jahren."
Verkehrsministerium verweist auf die "Komplexität des Themas"
Ähnlich formulierte das auch der Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann (CSU) in einem Gespräch mit dieser Redaktion Ende vergangenen Jahres: "Man stellt sich tot und wartet ab." Er und MdB Bernd Rützel (SPD) hätten auf ihre Nachfragen im Ministerium zum Zeitplan ebenfalls keine Antwort bekommen. Sie vermuten, dass sich aufgrund der großen Emotionalität in der damals im Marktheidenfelder Stadtrat geführten Debatte niemand finde, der die Entscheidung treffen und verkünden wolle.
Auf Nachfrage der Redaktion erklärte das Bundesverkehrsministerium Ende vergangenen Jahres, dass wegen der "Komplexität des Themas" bisher keine Entscheidung getroffen wurde und der Denkmalschutz erschwerend hinzukomme. Bis wann die Entscheidungsfindung dauere, wurde nicht beantwortet. Auf eine erneute Anfrage der Redaktion mit den konkreten Vorwürfen von Ludorf und Ludwig reagierte die Behörde nicht.
Klaus Ludorf findet, dass die Politik ihre Hausausgaben nicht gemacht hätte. "Es gibt einen Verkehrswegeplan und da steht drin, dass der Main ausgebaut wird", sagt der 74-Jährige. Der Main soll auf eine Tiefe von 3,10 Meter ausgebaut werden und damit für Schiffe mit einem Tiefgang von 2,70 Meter befahrbar werden. Außerdem wurde der Fahrrinnenquerschnitt auf eine Breite von 40 Metern ausgebaut, um Hochwasser zu vermeiden.
Auf dem Abschnitt zwischen Lengfurt und Bamberg ist jedoch wegen der Alten Mainbrücken in Lohr und Marktheidenfeld nur eine Abladetiefe von 2,30 Meter erlaubt. Laut Ludorf werde es zwar hingenommen, wenn man mit einer größeren Abladetiefe den Abschnitt passiere. "Doch wenn dann etwas passiert, dann haftet der Schiffer oder die Reederei und der Verlust des Versicherungsschutzes droht", so Ludorf.
Mangelndes Können der Fahrer ist nicht das Problem
Doch warum ist es eigentlich so kompliziert, unter den Brücken durchzufahren? Ludorf erklärt, dass das vor allem an der Strömung liege, die vom Ufer Richtung Flussmitte drücke und je nach Wasserstand unterschiedlich stark sei. Außerdem stehe die Brücke nicht exakt im 90-Grad-Winkel zum Fluss. Deshalb müsse man, "gegen jeden Verstand", zunächst Richtung Ufer fahren. Der 74-Jährige zeigt ein Video, in dem es so scheint, als würde das Schiff direkt auf einen Pfeiler zusteuern, dann aber unbeschadet die Brücke passieren.
Die Unfälle allein auf das mangelnde Können der Schiffer zu schieben, ist laut Ludwig zu kurz gedacht: "Oft heißt es, das sind ja nur die ausländischen Schiffer, die nicht fahren können. Aber das ist Quatsch." Bei schlechtem Wetter oder in der Nacht müsse sich der Kapitän allein auf das Radarbild verlassen und das sei winzig klein. Es sei alles andere als einfach, die Brücken zu durchfahren.
Er selbst und sein Kollege Ludorf seien zwar noch nie an den Pfeilern hängen geblieben. "Aber wir sind unser Leben lang dort gefahren, die Schiffe sind mit uns größer geworden", erklärt der 65-Jährige. Wer heute in dem Beruf beginne, müsse jedoch gleich die großen Schiffe fahren. "Am Personal liegt es nicht, es ist einfach ein Verkehrshindernis."
Betongürtel zum Schutz halten die Schiffer für nutzlos
Von dem Vorschlag, die Brückenpfeiler mit einem Betongürtel vor Schäden zu schützen, halten Ludorf und Ludwig nichts. Denn wenn man die Durchfahrt weiter verenge, ändere sich auch der Wasserwiderstand und die Durchfahrt werde noch komplizierter. Er verweist auch auf eine Studie der Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe, die 2016 in einer Computersimulation die Durchfahrt unter der Brücke untersucht hat. Diese bestätigte die Brücke als das Nadelöhr in der Main-Schifffahrt.
Ludwig versteht, dass den Marktheidenfelder Bürgerinnen und Bürgern die Brücke als Wahrzeichen wichtig ist. "Aber auf der anderen Seite wollen alle, dass alles billig und schnell geliefert wird und da will keiner verzichten", sagt er. Er ist sich sicher, dass man beides vereinen könnte: Verkehrssicherheit und eine optisch ansprechende Brücke. "In zwei oder drei Jahren interessiert das keinen Menschen mehr, wenn das ordentlich gemacht ist."
Wenn die Brücke renoviert wird und ein Pfeiler fehlt , wem fällt dies bitteschön auf !
Keinem , weil es den meisten Menschen einfach auf Dauer egal ist , wenn das Gesamtbild
passt . Man bedenke , wieviel Aufwand man wegen den Straßennamen zur Zeit in ganz
Deutschland betreibt , aber elementare Probleme nicht angegangen werden !