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MARKTHEIDENFELD
Alte Mainbrücke: Emotionen gegen Fakten
Andreas Brachs
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:03 Uhr

Es kam wie erwartet: Die Fachleute der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wollen einen Brückenpfeiler abbauen; der Stadtrat kämpft, um ihn zu erhalten.

Fast eineinhalb Jahre lang hat die unabhängige Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe in Simulationen unzählige Durchfahrten unter der alten Mainbrücke in Marktheidenfeld nachgestellt und mit Schiffsführern getestet. Ihre mit Tausenden von Variablen gespickten Untersuchungen will sie noch bis Herbst fortsetzen. Doch das Zwischenergebnis, das Simulationsleiter Thorsten Dettmann am Donnerstag im Stadtrat vorstellte, ist weder überraschend noch zweifelhaft: Die Brückendurchfahrt ist die schwierigste Engstelle für die Schifffahrt auf ihrem Weg vom Schwarzen Meer zur Nordsee.

13 Fachleute boten die beteiligten Behörden für die Abendsitzung auf, um den Marktheidenfeldern zu demonstrieren, wie ernst sie ihre Sorgen nehmen. Die einstündige Präsentation von technischen Zusammenhängen und Simulationen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die alte Mainbrücke ist schon heute zu schmal und zu niedrig für eine sichere Durchfahrt langer Schubverbände, besonders aber der kastigen Fahrgastschiffe. Bei der kurvigen Durchfahrt kämpfen die Schiffsführer mit sich verändernden Einflüssen der Strömung, was sie zu ständigen Steuermanövern zwingt.

Die Kreuzfahrtschiffe sind sogar gezwungen, Aufbauten auf den Oberdecks umzulegen, Steuerstände abzusenken und Helfer an den Außenkanten des Schiffs zu postieren. Dettmann: „Mit einer normalen Fahrt hat das nichts mehr zu tun.“ Kapitäne hätten einen „Heidenrespekt“ vor dem Nadelöhr.

32 Unfälle haben sich zwischen 1980 und 2015 an der Brücke ereignet, davon drei allein 2015 – zum Glück mit geringen Schäden. Doch Dettmann gab zu bedenken, dass jeder Schiffsanstoß nicht nur das Bauwerk gefährde, sondern auch die Passagiere: „Dabei geht ein Ruck durchs ganze Schiff.“ Und Petra Schreier-Endres von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS), Würzburg, mahnte mit Blick auf Gefahrentransporte auf dem Main: „Wir wollen keinen GAU in Marktheidenfeld erleben.“ Dettmann brachte seine Untersuchung auf den Punkt: „Wenn ein Pfeiler raus wäre, wären alle Probleme erschlagen.“ Abgrabungen des Ufers seien dagegen keine Alternative.

Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder erkannte zwar die „Herausforderung für die Schifffahrt“ an, spielte aber die Unfälle herunter. Das seien „keine Havarien, sondern ein Andotzen“. Wenn im Rahmen der Sanierung ein Rammschutz um die Pfeiler, der die Durchfahrt weiter verengen würde, nicht möglich sei, müsse es eben eine andere Möglichkeit geben, die Pfeiler zu sichern.

„Wir fordern den Erhalt der denkmalgeschützten alten Mainbrücke.“
Helga Schmidt-Neder, Bürgermeisterin Marktheidenfelds

Oder: „Wenn man ein Hindernis hat, dann können eben manche Schiffe nicht fahren“, erläuterte Schmidt-Neder ihre Logik. „Wir fordern den Erhalt der denkmalgeschützten alten Mainbrücke.“

Emotionaler reagierte Manfred Stamm (CSU): Die Mainbrücke sei ein Denkmal und ein wichtiger Identifikationspunkt für die Bürger. „Wie würde die Bevölkerung reagieren, wenn man mitten durch Neuschwanstein eine Starkstromtrasse legen würde?“, fragte er in einem gewagten Vergleich. Ludwig Keller (Freie Wähler) appellierte, die Probleme der Schifffahrt im Zusammenhang zu sehen. Auch die alte Mainbrücke in Würzburg werfe Probleme auf; dort würde niemand auf die Idee kommen, Pfeiler zu entnehmen.

Hermann Menig (SPD) ergänzte: „Auch im Straßenverkehr wird mal eine Brücke gerammt, ohne dass deswegen jemand einen Pfeiler abreißen würde.“ Für enge Straßen gebe es Umleitungen, aber der Main sei nun mal nicht für alle Schiffe geeignet.

Johannes Schiller von der GDWS erinnerte daran, dass man eine Lösung für die nächsten 50 Jahre suche und bat den Rat, sich nicht zu verweigern. Für den möglichen Umbau der Brücke versprach er: „Wir machen etwas Schönes daraus.“ Doch Martin Harth (SPD) entgegnete: „Dann wird die einmalige Harmonie des Bauwerks zerstört.“

Michael Fuchs vom Staatlichen Bauamt Würzburg, dessen Behörde die Brückensanierung plant, gab dem Rat Hoffnung. Zum einen versprach er, dass das maßgebliche Bundesverkehrsministerium in seiner Entscheidung über die Brücke den Denkmalschutz gewichtig nehmen werde; zum anderen will er eine „bautechnische Lösung“ für den Rammschutz suchen, der möglicherweise ohne Verengung der Durchfahrt auskommt. Spätestens im Herbst werden die Behörden wohl ihre Empfehlungen an das Verkehrsministerium in Berlin weiterleiten. Dann wird Alexander Dobrindts Behörde ein Machtwort sprechen.

 
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