Sie sind weit über 100 Jahre alt, die Alten Mainbrücken in Lohr und Marktheidenfeld. Doch welche Zukunft haben die Baudenkmäler, die als Nadelöhre der Mainschifffahrt gelten? Müsste man einen Pfeiler entfernen, um Schiffen die Durchfahrt zu erleichtern? Diese Frage beschäftigt das Bundesverkehrsministerium seit fast zehn Jahren, ohne dass Antwort in Sicht ist.
Aufgrund der Hängepartie schiebt das Staatliche Bauamt Würzburg die überfällige Generalsanierung der Lohrer Brücke, die ähnlich wie die Marktheidenfelder gebaut ist, vor sich her. Begründung: Sollte das Bundesministerium eine Umgestaltung der Marktheidenfelder Brücke fordern, wäre eine ähnliche Forderung für die Lohrer Brücke nur konsequent. Man könne in Lohr also erst dann sanieren, wenn klar sei, wohin die Reise bei den Brücken geht.
2013 war die Position der Schifffahrtsverwaltung eindeutig
Bei der Marktheidenfelder Brücke war die Position der Schifffahrtsverwaltung 2013 eindeutig. Die damals präsentierte Absicht, dort einen Pfeiler zu entfernen, sorgte jedoch für Entrüstung. Tausende Unterschriften wurden gesammelt. Der Stadtrat votierte klar gegen einen derartigen Umbau der Brücke, die das Stadtwappen ziert.
Der heftige Widerstand muss das Thema im Ministerium zu einem derart heißen Eisen gemacht haben, dass es niemand mehr anpacken will. Jedenfalls weiß die Behörde bis heute nicht, was sie will. Die Pressestelle ließ Fragen zum aktuellen Stand, zu Optionen und zur favorisierten Lösung über Wochen und trotz mehrfacher Nachfrage im Kern unbeantwortet. Ein Pressesprecher erklärte lediglich, dass die Marktheidenfelder Brücke der "geometrische Engpass" der Mainschifffahrt sei. Deswegen prüfe das Ministerium, ob man "eine Vergrößerung des Lichtraumprofils" fordern müsse.
Man habe die nautischen Verhältnisse an der Brücke untersucht. In der Tat gelten diese im Vergleich zur Lohrer Brücke als deutlich komplizierter. In den vergangenen zehn Jahren gab es laut Ministerium nachweislich sechs Havarien an der Marktheidenfelder Mainbrücke, meist von Fahrgastschiffen, meist wegen Fahrfehlern.
Dass bis heute nicht klar ist, ob das Ministerium die Brücke umgebaut haben will, erklärt die Behörde pauschal mit der "Komplexität des Themas". Auch der Aspekt Denkmalschutz trage mit dazu bei, dass "die Entscheidungsfindung noch andauert". Die Nachfrage nach der Dauer bleibt unbeantwortet.
Auch die Abgeordneten aus Main-Spessart haben keine Infos
Auch die beiden Main-Spessarter Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann (CSU) und Bernd Rützel (SPD) sagen, dass sie keine Infos zum Zeitplan erhalten konnten. Hoffmann hat jedoch den Eindruck, dass das Ministerium das Entfernen eines Pfeilers der Marktheidenfelder Brücke favorisiere. Wegen der Emotionalität der vor Jahren geführten Debatte finde sich bloß niemand, der diese Entscheidung treffen und verkünden wolle. "Man stellt sich tot und wartet ab", umschreibt Hoffmann die Strategie. Eine Rolle spiele sicher auch, dass es keine Rechtsgrundlage gebe, mit der das Ministerium einen Umbau der Brücke erzwingen könne.
Wenn Kommunen und Politiker nicht vehement nachbohrten, passiere "gar nichts". Hoffmann selbst hat vor knapp zwei Jahren letztmals nachgebohrt – ohne eine klare Aussage zu erhalten. Für ihn ist jedoch klar: Wenn sich das Ministerium erst mal zur Marktheidenfelder Brücke festgelegt hat, wird es die gleiche Lösung auch in Lohr anstreben.
Im Gegensatz zu der Brücke in Marktheidenfeld befindet sich die Lohrer in einem miserablen Zustand. Großflächig sind hier Netze gespannt, die das Herabstürzen von Teilen verhindern sollen. Im jüngsten Prüfbericht stuft das Staatliche Bauamt das Bauwerk auf einer Skala von eins bis vier mit der Zustandsnote 3,8 ein – der schlechteste Wert aller 497 Brücken im Zuständigkeitsbereich der Würzburger Behörde.
Vergleich mit altem Auto, das noch fährt
Allerdings, so betont der zuständige Sachgebietsleiter Alexander Müller, resultiert die Note vor allem aus optischen Mängeln. Diese Schäden beeinträchtigten zwar die Dauerhaftigkeit der Lohrer Brücke, nicht jedoch die Stand- oder Verkehrssicherheit. Müller vergleicht den Zustand mit einem alten, verbeulten Auto, das jedoch fahre und dessen Motor und Bremsen noch funktionierten.
Klar sei aber, dass die Schäden tendenziell größer werden, so Müller. Deswegen hofft man im Bauamt auf eine baldige Entscheidung des Ministeriums. Müller selbst hat eine klare Meinung zu der Idee, Pfeiler zu entfernen: "Das macht eigentlich keinen Sinn." Ein solcher Eingriff verändere die gesamte Statik der Brücken. Von den denkmalgeschützten Bauwerken bliebe "nicht mehr viel übrig".
Doch was wäre die Alternative? Müller skizziert die Möglichkeit, die Brücken durch das Aufsetzen eines langen, 30 bis 50 Zentimeter hohen Stahlbetonträgers für den Fall eines Schiffsanpralls zu stabilisieren. Freilich verändere auch dies das Aussehen einer Brücke.
"Die Wasserschifffahrt muss endlich sagen, was sie braucht", sagt Müller. Erst dann könne man die Sanierungsplanung beginnen. Allein diese werde mindestens zwei Jahre dauern, da man neben dem technischen Aspekt auch den Denkmalschutz berücksichtigen sowie Umleitungen planen müsse. Sollte das Ministerium größere bauliche Veränderungen fordern, würde sich der Planungszeitraum laut Müller deutlich verlängern.
Staatliches Bauamt sieht keine Gefahr für Verkehrsteilnehmer
In den Rathäusern von Lohr und Marktheidenfeld muss man sich bei all diesen Überlegungen wie ein Zaungast vorkommen. Fast wie einen versteckten Hilferuf könnte man Schilder werten, die vor einigen Wochen plötzlich neben der Lohrer Mainbrücke zu sehen waren: "Brückenschäden" stand darauf. Aufgehängt hatte sie die Stadt, um auf Schäden am Fahrbahnbelag hinzuweisen, wie das Rathaus erklärte.
Doch nach wenigen Tagen waren die Schilder wieder weg, offenbar auf Ansage des Staatlichen Bauamts. Dieses, so die Stadt, sei der Ansicht, dass die Brücke in "einwandfreiem Zustand" sei und keine Gefahr für Verkehrsteilnehmer bestehe. In Lohr, wo das Entfernen eines Brückenpfeilers bislang noch gar kein Thema war, sieht man das wohl anders. Man würde, so das Rathaus, eine zeitnahe Sanierung der Brücke "begrüßen".
In Marktheidenfeld würde man es vor allem begrüßen, wenn alle Pfeiler der Alten Mainbrücke erhalten blieben. Dafür werde man sich weiter einsetzen, so Bürgermeister Thomas Stamm. Im Rathaus sei man sich sicher, den Großteil des Stadtrats und der Bevölkerung hinter sich zu haben.
Könnte diese Entschlossenheit dazu führen, dass das Verkehrsministerium eine Entscheidung weiter umschifft? Alexander Müller, der für die Brücken zuständige Sachgebietsleiter am Staatlichen Bauamt, hegt vage Hoffnungen, dass es anders kommt. Es werde, so seine Prognose, wohl "nicht noch einmal zehn Jahre" dauern, bis das Verkehrsministerium verrät, was es sich für die beiden Brücken wünscht.