Dass das Thema Glasfaserausbau in einer vorherigen Ausschusssitzung laut Karlstadts Bürgermeister Hombach bereits "leidenschaftlich" diskutiert worden war, hinderte die versammelten Stadträtinnen und Stadträte am Donnerstagabend nicht daran, ebenso rege über den geplanten Verkauf der Leerrohr-Struktur an die Deutsche Telekom in den Stadtteilen Erlenbach, Rettersbach, Rohrbach und Wiesenfeld zu streiten.
Was es mit diesen Leerrohren, die die Stadt in den vergangenen zehn bis zwölf Jahren im Gemeindegebiet unter die Erde gebracht hatte, genau auf sich hat, versuchte Jan Binner dem Gremium näherzubringen. Der Teamleiter Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) der Stadt Karlstadt stellte als den vordersten Nutzen heraus, dass für die Leitungsverlegung nicht erneut Straßen aufgegraben werden müssten und sie vom Netzbetreiber dadurch auch sehr viel zügiger durchgeführt werden könnte.
Nicht ganz einfach sei bei der Vertragserstellung die Bepreisung der Infrastruktur gewesen, da diese über einen sehr langen Zeitraum gewachsen sei und etwa vor zehn Jahren ganz andere Preise für den Tiefbau galten als heute. Der letztlich verhandelte Kaufpreis lautet 50,44 Euro pro laufendem Meter, wobei es sich dabei um eine Mischkalkulation für das heterogene Netz aus Speedpipes, Leerrohren und Schutzrohren handele.
Stadt will beim Verkauf nicht drauflegen, aber auch nicht zwingend Gewinn erwirtschaften
Wie Binner betonte, hätten die Kollegen des Fachbereichs Tiefbautechnik bei der Preisfindung darauf geachtet, dass die Stadt mit dem Verkauf "keinen Cent drauflegen", aber auch keine 100.000 Euro Gewinn erwirtschaften würde. Vonseiten der Verwaltung wolle man nämlich nicht in erster Linie Gewinn schöpfen, sondern die geschaffene Struktur ihrem eigentlichen Zweck zukommen lassen. Bei dem verhandelten Vertrag mit der Telekom handele es sich um einen Standardvertrag, wie ihn der Netzbetreiber beinahe täglich abschließe – daran sei somit nichts zu bemängeln.
Anderer Meinung war Armin Beck (Grüne), der nicht einsah, warum die Stadt über den Selbstkostenpreis hinaus nicht noch einen Gewinn erwirtschaften könne, da die Kosten für die Telekom bei einer heutigen Baumaßnahme ohnehin weit höher lägen. "Das kann auch in die Hose gehen", machte Binner deutlich, dass es sich bei dem verhandelten Vertrag um keinen Selbstläufer handele und die Stadt im Zweifel auch auf ihrer Infrastruktur und den damit verbundenen Kosten sitzen bleiben könne.
Kritisch sahen Binner und Bürgermeister Michael Hombach (CSU) deswegen auch Becks Erkundigung nach einer Rückkaufoption, die dieser im Hinblick auf den dynamischen technischen Wandel gerne in den Vertrag nachverhandelt hätte. "Wir sehen da sehr geringe Chancen", so Hombach. Edgar Ehrenfels' (Freie Wählergemeinschaft) Nachfrage nach einer Gewährleistungspflicht für die 6339,80 Meter unterirdischer Leitung und Binners Antwort, dass die Struktur zugegebenermaßen nie auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet worden sei, riefen abermals Beck auf den Plan.
Lange Gewährleistungspflicht für 10 Jahre alte Leitungen stößt im Gremium auf Unverständnis
Als "spannend" bezeichnete er den Verkauf eines solchen "gebrauchten Guts" mit einer Gewährleistungsverpflichtung von fünf Jahren und fand dabei Zustimmung aus der Fraktion der Freien Wählergemeinschaft. Ein Jahr Gewährleistung und das Aushandeln einer Rückkaufoption lautete letztlich die Forderung des Juristen, über die das Gremium nun abstimmen sollte.
Ein Schritt, der den ursprünglichen Beschlussvorschlag zunächst verhindert hätte – und mit 10 zu 8 Stimmen denkbar knapp abgewiesen wurde. Die anschließende Abstimmung ermächtigte Bürgermeister Hombach mit 14 zu 6 etwas deutlicher, aber keinesfalls einstimmig, den angestrebten Kaufvertrag abzuschließen.
Abstimmung über weiteren Leerrohr-Verkauf wird vertagt
Im Hinblick auf die vorangegangene Diskussion bereitete es Hombach nach eigener Aussage dann auch "keine Bauchschmerzen", die Abstimmung über einen Verkauf weiterer 3539,87 Meter Leerrohr zu einem geforderten Preis von 168.277,10 Euro an die Circet Deutschland GmbH auf einen späteren Sitzungstermin zu vertagen. Die Firma hatte es bis zu diesem Sitzungstermin versäumt, die finalen Vertragsunterlagen vorzulegen.
Vermietung war wohl keine Option? Gab es nicht erst ein Angebot der Telekom, das man durch interne Kalkulation geprüft hat?
Das sieht man bei Bauvorhaben wie dem Rathausanbau, dessen Kosten sich in schwindelnde Höhen entwickelt haben und eben auch hier. Man hätte mit dem Verkauf der Leerrohre ruhig an die Schmerzgrenze der Telekom gehen können und damit Einnahmen erwirtschaften.