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Lohr
Sherlock Holmes im Klinikum Main-Spessart: Was eine Krankenhaushygienikerin macht und warum sie seit Corona ernster genommen wird
Wo kommt eine Infektion her und wie schützen wir uns davor? Ärztin Sabine Weißschädel kümmert sich in Lohr um diese Fragen.
Die Krankenhaushygiene beobachtet, wie sich Infektionen ausbreiten und entwirft Konzepte, um das zu verhindern. Durch die Corona-Pandemie hat das Fachgebiet deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen.
Foto: Silvia Gralla | Die Krankenhaushygiene beobachtet, wie sich Infektionen ausbreiten und entwirft Konzepte, um das zu verhindern. Durch die Corona-Pandemie hat das Fachgebiet deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen.
Katrin Amling
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:13 Uhr

"Infektionspräventionskontrolle" ist ein sperriges Wort. Dabei ist das, was Sabine Weißschädel als Krankenhaushygienikerin am Klinikum Main-Spessart in Lohr macht, eigentlich sehr praktisch. "Wir spielen ein bisschen Sherlock Holmes und schauen, woher eine Infektion kommt und wie sie sich vernetzt", erklärt die Ärztin. Daraus entwickelt sie mit ihrem Team dann einen Plan für das Ausbruchsmanagement.

Als zu Beginn der Corona-Pandemie noch niemand richtig wusste, wie man mit diesem neuen Virus umgehen sollte, waren die Krankenhaushygieniker gefragt: Wo kommt die Schutzkleidung für die Mitarbeitenden her, wie behandeln wir infektiöse Patienten, wie bauen wir eine ganze Isolier-Station nur für Covid-Erkrankte auf? All diese Fragen mussten in den Krankenhäusern innerhalb kürzester Zeit beantwortet werden. In den Medien jedoch standen vor allem die Virologen und Epidemiologen im Fokus – das kritisiert Sabine Weißschädel. Auch von der Politik wurden die Hygieniker ihrer Meinung nach zu wenig befragt.

Sabine Weißschädel leitet die Stabsstelle Krankenhaushygiene am Klinikum Main-Spessart in Lohr.
Foto: Katrin Amling | Sabine Weißschädel leitet die Stabsstelle Krankenhaushygiene am Klinikum Main-Spessart in Lohr.

Derzeit sei es vor allem die Quarantäne-Regelung, die vielen Krankenhäusern Probleme bereitet. Denn durch die aktuellen Regeln fallen viele positiv getestete Angestellte aus, obwohl sie nicht schwer oder gar nicht krank sind. Außerdem kursieren gerade viele andere Atemwegserkrankungen. "Auch hier bleiben die Mitarbeiter oft aus Vorsicht zu Hause, was ja auch richtig so ist", so Weißschädel. Doch dadurch gebe es momentan viele Ausfälle in den Kliniken, die den Betrieb gefährden könnten. Auch hier lohne sich der Blick in andere Länder, um einordnen zu können, ob die Maßnahmen in Deutschland wirklich noch so streng sein müssten.

Multiresistente Keime sind in Krankenhäusern zunehmend ein Problem

Ein weiterer Aspekt der alltäglichen Arbeit von Sabine Weißschädel: "Der Patient soll das Krankenhaus nicht kränker verlassen, als er es betreten hat." Im Normalfall sollte sich der Patient also in der Klinik keine zusätzliche Krankheit einfangen, sondern von seiner ursprünglichen genesen. Eine große Rolle spielen dabei die multiresistenten Keime, deren Beobachtung eine der wichtigsten Aufgabe der Ärztin ist. "Der bekannteste ist der MRSA, es gibt jedoch noch viele weitere", erklärt sie.

"Die Rücksprache mit uns ist viel intensiver geworden, wir werden öfter um Rat gefragt, auch bei anderen Keimen."
Sabine Weißschädel, Krankenhaushygienikerin am Klinikum Main-Spessart

Die Massentierhaltung, in der den Tieren großflächig Antibiotika verabreicht werden, ist ein Grund dafür, dass Bakterien immer häufiger resistent gegen die Medikamente sind. Aber auch der zu großzügige Einsatz von Antibiotika beim Menschen wirkt sich negativ aus. "Wir überwachen deshalb den Einsatz von Medikamenten im Krankenhaus allgemein, aber insbesondere von Antibiotika", sagt die Ärztin.

Das Bewusstsein für die Gefahr einer Pandemie ist geschärft

Die große Frage nach zweieinhalb Jahren Corona: Haben wir etwas aus der Pandemie gelernt? Und wären die Krankenhäuser in Zukunft besser vorbereitet? "Ja, wir sind der Gefahr auf jeden Fall gewahr", meint Sabine Weißschädel und allein das sei ein großer Vorteil. Insbesondere die Krankenhaushygiene hat durch die Pandemie den Stellenwert bekommen, den sie eigentlich verdient, findet sie. "Die Rücksprache mit uns ist viel intensiver geworden, wir werden öfter um Rat gefragt, auch bei anderen Keimen."

"Im Prinzip haben wir eineinhalb Jahre Gutachten geschrieben."
Sabine Weißschädel über die Planungen zum Neubau des Klinikums

Dennoch könnte ein anderes Virus mit einem anderen Übertragungsweg die Menschen erneut vor große Herausforderungen stellen. "Wir können uns jetzt gut schützen, weil wir die Übertragungswege kennen", sagt Weißschädel. Gerade die FFP2-Masken hätten sich als sehr wirksam erwiesen. Wenn es sich aber zum Beispiel um eine Schmierinfektion wie bei den Affenpocken handelt, dann sieht es schon wieder ganz anders aus.

In einem Land wie Deutschland könne man vielleicht noch ganz gut kontrollieren, wen man anfasse und sich so vor einer Infektion schützen. "Aber in dicht besiedelten Ländern wie zum Beispiel Indien kann man das nicht unbedingt", so Weißschädel. Viren seien sehr schlau und ließen sich immer wieder etwas Neues einfallen, um an einen Wirt zu gelangen.

Warum der Neubau des Klinikums so sehnlich erwartet wird

Grundsätzlich gilt: Je größer die Fläche, desto mehr Möglichkeiten gibt es, Infektionen zu vermeiden. Das spielt vor allem bei der sogenannte Technischen Hygiene eine Rolle. Dabei geht es um bauliche Vorgaben, die bei Krankenhäusern oder Arztpraxen berücksichtigt werden müssen – ein großes Thema beim Neubau des Zentralklinikums in Lohr, das auf dem Gelände am Sommerberg entstehen wird. Denn hier soll umgesetzt werden, was in der Corona-Pandemie manchmal nicht möglich war, weil in dem alten Gebäude des Klinikums schlicht der Platz fehlte.

Sabine Weißschädel bewertet die Pläne des Architekten für den Neubau des Zentralklinikums aus Sicht einer Krankenhaushygienikerin.
Foto: Katrin Amling | Sabine Weißschädel bewertet die Pläne des Architekten für den Neubau des Zentralklinikums aus Sicht einer Krankenhaushygienikerin.

Auch am Sommerberg ist das Areal natürlich begrenzt und man hätte gerne noch mehr Platz. Beispielsweise werde in Amsterdam gerade eine Klinik geplant, in der es nur Einzelzimmer gibt, erzählt Weißschädel. "Aber so viel Platz haben wir eben nicht. Wir müssen mit der Fläche auskommen, die uns der Landkreis zur Verfügung stellt."

Die Gutachten, die Weißschädel zu den Plänen der Architekten schreibt, nehmen viel Zeit in Anspruch. "Im Prinzip haben wir eineinhalb Jahre Gutachten geschrieben." Das sei ein ständiges Hin und Her mit allen Beteiligten: "Man schreibt 100 Seiten, dann kommt die Gegen-Stellungnahme der Regierung." Es sei auf jeden Fall sinnvoll, die Hygieniker möglichst früh einzubinden.

"Der Grundgedanke bei den Planungen war zwar der Kampf gegen die Multiresistenzen", erklärt Weißschädel - denn die ersten Konzepte wurden ja deutlich vor Ausbruch der Pandemie erstellt. Doch mit Corona im Hinterkopf wurde diese Grundplanung noch einmal etwas angepasst. So wird es eine Isolier-Station geben, die man im Ernstfall ganz für Corona oder eine andere Pandemie nutzen könnte und auf der es dann nur Einzelzimmer gibt. Im Normalbetrieb könnten die Räume als Zweibettzimmer genutzt werden. Weitere konkrete Verbesserungen sind breitere Gänge und eine besser durchdachte Wegeführung, zum Beispiel für Lagerräume oder die Wäsche-Aufbereitung.

Insgesamt sieht die Ärztin in dem Neubau großes Potenzial. Auch das Personal lechze bereits auf das neue Gebäude hin. Und die Mitarbeitenden nach der anstrengenden Corona-Zeit zu halten, das sei eines der wichtigsten Ziele. Denn gutes Personal ist der wichtigste Faktor im Kampf gegen eine Pandemie, ist Weißschädel überzeugt.

 
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  • eleisa3
    Die Mitarbeiter lechzen nach dem Neubau?? Der is ja gut. Immer schön den Vorgaben nachreden.
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